Schüler forschen mit Thomas Reiter
Kräftig schüttelt der elfjährige Klaus Kremer ein kleines Fläschchen. Der Inhalt, rot gefärbtes Wasser und farbloses Öl, wird gründlich durcheinander gewirbelt. Dann legt er seinen Kopf schief und beobachtet konzentriert und fasziniert, wie die kleinen roten Bläschen langsam nach unten schweben. Klaus Kremer und seine Mitschüler der Europaschule in Bornheim führen am 24. August 2006 beim DLR in Köln ein Experiment durch, das in den kommenden Wochen an 14.000 weiterführenden Schulen – vor allem in den fünften und sechsten Klassen - in ganz Deutschland durchgeführt werden kann. Bis zu 100.000 Mädchen und Jungen hoffen die ESA und das DLR mit ihrem Projekt zu erreichen. Experimentiert wird nicht nur auf der Erde: Der deutsche ESA-Astronaut Thomas Reiter führt genau denselben Versuch auf der Internationalen Raumstation ISS durch – ohne den Einfluss der Schwerkraft. Den Starschuss zum Projekt "Oil-Emulsion-Experiment" (OEE) gaben am Donnerstag (24.08.2005) das DLR und das Zweite Deutsche Fernsehen, das das Experiment als Medienpartner begleitet.
Spannung pur bis zur Auflösung am 23. September
Aufgabe der Kinder ist, zu beobachten, wie sich das farblose Öl und das mit roter Tinte gefärbte Wasser nach kräftigem Schütteln auf der Erde verhalten. Dann sollen sie Hypothesen aufstellen, wie die Flüssigkeiten bei demselben Versuch im All reagieren. Das Spannende: Die Lösung ist streng geheim und lässt sich nicht eben mal im Internet nachschauen. Nicht einmal die Lehrer wissen, was geschah, als Thomas Reiter an Bord der ISS den zehn mal zehn Zentimeter großen Plexiglasquader schüttelte. Zwei Wochen lang hat er das Experiment an Bord der ISS täglich beobachtet und gefilmt. Damit alle Kinder die Lösung des Rätsels gleichzeitig erfahren, verrät sie der ZDF-Moderator Andreas Korn am 23. September 2006 in der Sendung "pur+". Zu sehen sind in dieser Sendung auch die Original-Videoaufnahmen von Thomas Reiter.
Für immer den Horizont erweitern
Dr. Hartmut Ripken, Leiter der Schul- und Jugendprojekte und Nutzungskoordinator für die ISS im DLR, freut sich über das starke Interesse der potentiellen Nachwuchsforscher. Vor allem Neugierde und Freude an den Naturwissenschaften will er mit School in Space bei den Mädchen und Jungen wecken. "Kinder sollen bei diesem Versuch in Berührung mit wissenschaftlichem Denken und Arbeiten kommen. Sie sollen physikalische Beobachtungen machen, Hypothesen aufstellen, verifizieren oder falsifizieren. Und am Ende merken: Physik kann etwas wahnsinnig Spannendes sein. Wir wollen bei den jungen Schülern den Horizont erweitern. Und zwar für immer."
Yvonne Nini, Leiterin des Projekts School in Space im DLR, hofft, dass möglichst viele Schulen bei dem Experiment mitmachen: "Schon im Juni 2006 haben alle weiterführenden Schulen Informationen zum Experiment sowie einen eigenen Code für die Lehrer erhalten." Ab dem 24. August können die "Mitmach-Sets" zum Preis von 24.95 Euro im Internet (www.school-in-space.de) bestellt werden. Dort finden die Lehrer auch umfangreiches Unterrichtsmaterial. "Das Experiment lässt sich aber auch ohne das Experimentierset durchführen, alles was man dafür braucht, ist eine Babyflasche, Sonnenblumenöl und rote Tinte", betont Yvonne Nini.
"Ich bin mal gespannt"
Nachdem die Schüler der Europaschule in Bornheim die Wasser-Öl-Emulsion eine Weile beobachtet haben, stellen sie beim DLR selbstbewusst ihre Hypothesen vor. "Wasser und Öl vertragen sich nicht", sagt Maximilian Müller. Das weiß er aus den Vorversuchen, die er im Science-Unterricht bereits gemacht hat. So wenig wie möglich wollen die beiden Flüssigkeiten in Berührung miteinander kommen. "Ich glaube, auf der ISS bildet das Wasser in der Mitte eine Kugel", folgert Maximilian. Auch Klaus Kremer schließt sich dieser Hypothese an und ist recht zuversichtlich: "Ich glaube, dass ich richtig gedacht habe. Ich bin mal gespannt."
Spannend, so verspricht Dr. Hartmut Ripken, ist das Öl-Emusion-Experiment aber nicht nur für die Schüler: "Das ist ein durchaus komplexes Experiment. Und seine Lösung hat sogar unsere Experten etwas ins Schwitzen gebracht." Auch Thomas Reiter scheint von dem kleinen Versuchsquader fasziniert zu sein. Eigentlich hätte er ihn schon längst entsorgen können. "Thomas Reiter hat den Plexiglasquader als kleines Spielzeug behalten und will ihn in den kommenden vier Monaten noch weiter beobachten, zum Beispiel, welchen Einfluss die Gezeitenkräfte auf das Flüssigkeitsgemisch haben", erzählt Dr. Hartmut Ripken.
Als Reporter Maximilian nach dem Experiment fragen, ob er sich überhaupt für Forschung im All interessiere, antwortet er prompt: "Jetzt schon." Und er weiß auch, dass er dafür nicht gleich Astronaut werden muss: "Ich will auf jeden Fall erst mal bei einem Parabelflug mitmachen. Und wenn mir das gefällt, dann mal weiter sehen."