Freitag, 1. Februar 2008
Heute ist der Beginn des Countdowns für 4.30 Uhr angesetzt. Die Wettervorhersagen machen nicht viel Hoffnung, aber die Crew will es wenigstens versuchen. Nach dem üblichen Wettercheck ist jedoch schnell klar: TEXUS kann auch diesmal nicht starten. Die Tieffront über Lappland ist noch immer nicht abgezogen. Die Windverhältnisse sind ungünstig, und zu allem Überfluss hat es auch noch angefangen zu schneien.
Bei dem starken Schneetreiben kann der Helikopter, der die Nutzlast bergen soll, nicht aufsteigen. Die Hubschrauber müssen aber bereits beim Raketenstart im Landegebiet bereit stehen, um insbesondere die biologischen Proben schnellstmöglichen zurück zum Labor zu transportieren. Schade, aber die Missionsteams nehmen es mit Gelassenheit. Für sie sind Startverschiebungen nichts Ungewöhnliches.
Business as usual in der Integrationshalle
Die Wissenschaftler widmen sich schon bald wieder ihren Experimenten. Das Bonner Biologen-Team präpariert weiter seine Keimlinge, und die Materialforscher überprüfen die Anlage EML-2 für elektromagnetische Levitation. In der Apparatur werden metallische Legierungen in einer stromdurchflossenen Spule zum Schweben gebracht, erhitzt und aufgeschmolzen. Anschließend erstarrt die Schmelze wieder.
Da die Proben, fixiert durch das elektromagnetische Feld, frei in der Spule schweben, wird bei dem Experiment kein Behälter (Tiegel) benötigt. Die teilweise chemisch äußerst reaktiven Metallschmelzen kommen daher nicht in Berührung mit dem Tiegelmaterial. Dadurch werden sie nicht verunreinigt, und es gelingt sogar, die Metalle unterhalb ihres Erstarrungspunktes flüssig zu halten. Letzteres bezeichnet man als Unterkühlung.
Wird das Experiment unter normaler Erdschwerkraft durchgeführt, muss die Schmelze entgegen der Schwerkraft zum Schweben gebracht werden. Hierfür ist ein starkes Magnetfeld erforderlich. Unter Schwerelosigkeit hingegen genügt es, die Legierung mittels eines schwächeren Magnetfelds zu positionieren. Da hierbei weniger Kräfte auf die Probe einwirken, ist diese ungestörter und die Genauigkeit der Untersuchungen sehr viel höher.
Auf TEXUS 44 wollen die Wissenschaftler Versuche mit Kupfer-Kobalt- und Nickel-Aluminium-Legierungen durchführen. Die Experimente wurden bereits auf dem 10. DLR-Parabelflug im September 2007 erprobt. Die Forscher interessieren sich für die temperaturabhängigen Eigenschaften der Schmelze, wie etwa die thermische Ausdehnung oder die Wärmekapazität. Auch die Oberflächenspannung und die Zähflüssigkeit der Metallproben werden untersucht.
Neben den Schmelzvorgängen werden die Erstarrungsprozesse erforscht. Durch die Unterkühlung der Schmelzen können verschiedene Erstarrungsgeschwindigkeiten erzielt werden, die wiederum unterschiedliche Mikrostrukturen (Gefüge) hervorrufen. Das Gefüge bestimmt die Eigenschaften des Metalls, wie etwa die Korrosionsbeständigkeit oder Zähigkeit. Die ermittelten Daten werden für die Modellierung des Gieß- und Erstarrungsverhaltens in der industriellen Produktion benötigt.
Am frühen Abend sind alle Vorbereitungen getroffen und die Teams verlassen nach und nach die Integrationshalle und die Labore. Für morgen ist ein neuer Countdown angesetzt und daher heißt es nun wieder Daumen drücken.