Das Bild zeigt das Wattgebiet in der Umgebung der Insel Sylt. Es wurde aus zwei Satellitenbildern des deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X, die zu verschiedenen Zeitpunkten im April beziehungsweise Mai 2008 aufgenommen wurden, zusammengesetzt. Die Einzelbilder sind jeweils in rot und grün eingefärbt. Die Differenz der zurück gestreuten Radarsignale ist besonders hoch auf den Wasserflächen, da sich in diesem Bereich am meisten zwischen der ersten Aufnahme im April und der zweiten im Mai verändert hat. Um diese hervorzuheben, wurde der blaue Farbkanal gewählt. Das resultierende Bild kann nun zur flächenhaften Beschreibung der Struktur und Beschaffenheit des Watts, der Sedimente (Ablagerungsgesteine) und Lebensräume im Wattenmeer dienen. Deutlich treten Strukturen wie Wasserläufe, so genannte Priele (zu erkennen im blauen Bereich), und Muschelbänke (helle Bereiche in Küstennähe) hervor.
Glatte Wattoberflächen, hier das Schlickwatt, reflektieren den einfallenden Radarstrahl vom Satelliten weg und erscheinen daher dunkel. Raue Oberflächen, zum Beispiel mit Muscheln bewachsene Flächen, erscheinen hell im Bild. Solche Aufnahmen sind beispielweise für die Muschelfischer von besonderem Interesse, da die Auster einwandert und die für die Miesmuschelernte geeigneten Wattflächen nicht immer zur Freude der Muschelfischer besiedelt. So können die Satellitenbilder der Kartierung der aktuellen Ausdehnung der Muschelbänke dienen. Ebenso werden feine Priele gut detektiert, deren Lage nur schwer vorhersagbar in ständiger Veränderung begriffen ist.
Ungewisse Zukunft für das Wattenmeer
Neben der Biomasse sind die Verteilung und die Flächengrößen der Lebensräume im Watt wesentliche Indikatoren für den Zustand des Wattenmeers, aber auch für Veränderungen im Ökosystem. Die schiere Größe des Wattenmeers (zirka 7000 Quadratkilometer) macht es dabei erforderlich, Methoden der Fernerkundung einzusetzen. Vor dem Hintergrund des Meeresspiegelanstiegs und der erwarteten klimatischen Veränderungen ist die Zukunft des Wattenmeers ungewiss. Bei moderatem Meeresspiegelanstieg und genügender Sedimentanfuhr wird ein Mitwachsen des Watts und der Salzwiesen erwartet. Bei stärkerem Anstieg, aber durchaus noch im Prognosebereich des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), ist es wahrscheinlich, dass Erosionen langfristig zu einem Rückgang der Wattflächen führen werden und das Wattenmeer mehr und mehr zur Lagune wird, mit allen Konsequenzen für Lebensräume, Funktionen und Arten.
Diese Entwicklungen werden sich in großem Maßstab abspielen, mit den Gezeitenbecken als kleinster Einheit. Um hier frühzeitig Entwicklungstendenzen zu erkennen, ist eine regelmäßige großflächige und fein aufgelöste Erfassung der Veränderung der Oberfläche, der Wasserstandslinien sowie der Sedimente und Habitate erforderlich. Die Neuentwicklungen im Bereich der Satellitentechnik und insbesondere die neuen hochauflösenden Radartechniken leisten dabei wesentliche Beiträge zur regelmäßigen und großflächigen Kartierung.
Die besondere Eignung von TerraSAR-X-Daten für die Wattkartierung ergibt sich zum einen aus der allgemeinen Tatsache, dass Radarsensoren (Wellenlängen im Zentimeterbereich) sehr empfindlich auf Oberflächenrauigkeit und Struktur reagieren, und zum anderen speziell aus der hohen räumlichen Auflösung von TerraSAR-X (bis zu 1 Meter pro Pixel), die auch kleinräumige Kartierung erlaubt. Dazu kommt die zeitlich gute und tageszeitunabhängige Wiederholrate von TerraSAR-X-Radaraufnahmen.
Die Mission TerraSAR-X
TerraSAR-X ist der erste deutsche Satellit, der im Rahmen einer so genannten Public Private Partnership (PPP) zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der EADS Astrium GmbH realisiert wurde. Der Satellit umkreist die Erde auf einem polaren Orbit. Dabei nimmt er mit seiner aktiven Antenne neue und hochwertige X-Band-Radardaten der gesamten Erde auf. TerraSAR-X arbeitet unabhängig von Wetterbedingungen, Wolkenbedeckung und Tageslicht und ist in der Lage, Radardaten mit einer Auflösung von bis zu einem Meter zu liefern.
Das DLR ist verantwortlich für die wissenschaftliche Nutzung der TerraSAR-X-Daten. Das DLR ist weiterhin verantwortlich für die Planung und Durchführung der Mission sowie für die Steuerung des Satelliten. Astrium hat den Satelliten gebaut und ist an den Kosten für die Entwicklung und Nutzung beteiligt. Die Infoterra GmbH, ein eigens zu diesem Zwecke gegründetes Tochterunternehmen von Astrium, ist verantwortlich für die kommerzielle Vermarktung der TerraSAR-X-Daten.