Fest, flüssig, gasförmig - diese Aggregatzustände kennt jeder Schüler. Es gibt jedoch noch einen vierten: das Plasma. Dieses ionisierte Gas gilt allgemein als der chaotischste Materiezustand. Plasma ist der Stoff, aus dem Blitze, Nordlichter oder das leuchtende Medium in Energiesparlampen und Plasmabildschirmen bestehen.
Oft findet man kleine Staubpartikel im Plasma - man spricht dann von staubigen oder komplexen Plasmen. In diesen können sich die Partikel zu regelmäßigen Mustern zusammenfügen, den Plasmakristallen. Sie stellen seit einigen Jahren ein interessantes Forschungsgebiet dar. Indem die Wissenschaftler die Bewegung der Staubpartikel mit einem Videomikroskop beobachten, können sie Prozesse, wie etwa Wellenvorgänge oder das Schmelzen eines festen Körpers verfolgen. Plasmen, die Partikel von Submikrometer Größe enthalten, sind auch von großer Bedeutung für das Verständnis der Planetenentstehung, aber auch ganz praktisch für die Erzeugung von Nanopulvern, die Fertigung von Computerchips oder die Herstellung neuartiger Materialoberflächen.
In Kristallen, die aus neutralen Atomen bestehen, sind die Teilchen dicht gepackt und halten durch anziehende Wechselwirkungen zusammen. Im Gegensatz dazu bestehen Plasmakristalle aus elektrisch gleichartig geladenen Staubpartikeln, die sich untereinander abstoßen und nur durch eine äußere elektrische Falle zusammengehalten werden. Dadurch nehmen die Staubpartikel untereinander die größtmöglichen Abstände ein und der Kristall wird so transparent, dass man die Bewegung aller Partikel sieht. Dies ist in echten Festkörpern unmöglich.
Die Untersuchung von Plasmakristallen war bisher auf nahezu zweidimensionale Gebilde beschränkt, weil die Wolke aus Staubpartikeln unter dem Einfluss der Schwerkraft flach zusammengedrückt wurde. In Schwerelosigkeit hingegen können die Wissenschaftler dreidimensional ausgedehnte Partikelwolken erzeugen. Doch auch hier treten immer noch störende Effekte, wie die Bildung eines Hohlraums im Zentrum der Staubwolke und einsetzende Wellenphänomene auf, die eine nahezu perfekte kristalline Struktur verhindern.
Das Plasmaexperiment für den 14. DLR-Parabelflug ist eine Kooperation der Universitäten Kiel und Greifswald. Die Wissenschaftler führen verschiedene optische und elektrische Messungen innerhalb der Staubwolken durch. Diese Messungen sollen Aufschluss über die Dichte und Temperatur sowie die elektrischen Felder im Plasma und die daraus resultierende Anordnung der Mikropartikel liefern.
Auf dieser Parabelflugkampagne untersuchen die Wissenschaftler Wellen- und Strömungsphänomene in den Staubwolken. Außerdem erzeugen sie schnelle Staubpartikel und studieren deren Wechselwirkung mit einer ruhenden Wolke. Ein weiteres Ziel ist es, den Einfluss der Staubwolke auf die Leuchtkraft des Plasmas zu erforschen. Mit mehreren Hochgeschwindigkeitskameras beobachten die Experimentatoren dabei die Partikel. Insbesondere ein spezielles stereoskopisches Kamerasystem erlaubt es, die Bewegung der Teilchen drei-dimensional zu studieren.