Zehn Jahre ISS-Nutzung: Wissenschaftler ziehen positive Zwischenbilanz
Führende Weltraum-Wissenschaftler trafen heute zu einer Fachkonferenz in Bonn zusammen. Anlass war das zehnjährige Jubiläum des weltweit ersten physikalischen und des ersten strahlenbiologischen Experimentes auf der Internationalen Raumstation ISS. Beide Untersuchungen wurden mit maßgeblicher deutscher Beteiligung realisiert. Zu der Veranstaltung im ehemaligen Bundestagsgebäude hatte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eingeladen. Wissenschaftler deutscher Universitäten und anderer Forschungseinrichtungen stellten Ergebnisse abgeschlossener und aktueller ISS-Experimente vor. Darüber hinaus gaben sie einen Ausblick auf zukünftige Projekte auf der Raumstation.
Investition in die Zukunft unserer Wissensgesellschaft
"Ich bin sehr zufrieden, dass es vergangene Woche im Rat der Europäischen Weltraumorganisation ESA gelungen ist, die weitere Nutzung der für Wissenschaft und Wirtschaft wichtigen ISS sicherzustellen. Damit leisten wir nicht zuletzt einen Beitrag zur friedlichen, gemeinsamen Nutzung der vielfältigen Möglichkeiten im Weltraum", sagte Prof. Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des DLR. Dr. Rolf Densing, Programmdirektor des DLR Raumfahrtmanagements, ergänzte: "Die von Deutschland maßgeblich mitgestaltete Forschung auf der ISS hat in den vergangenen zehn Jahren bedeutende wissenschaftliche Ergebnisse erzielt, die auch dazu beitragen können, das Leben der Menschen auf der Erde zu verbessern. Forschung unter Weltraumbedingungen ist eine wichtige Investition in die Zukunft unserer Wissensgesellschaft."
Insgesamt 56 wissenschaftliche und technologische Experimente aus Deutschland wurden oder werden bislang auf der ISS durchgeführt, davon sind 38 abgeschlossen. Durch die Forschung im Weltraum konnten Fortschritte zum Beispiel in folgenden Bereichen erzielt werden:
• neue Ansätze zur Therapie von Volkskrankheiten (im Hinblick auf Bluthochdruck, Bewegungskrankheiten, Gleichgewichtsstörungen),• neuartige nicht-invasive medizinische Geräte (Körperkerntemperatur-Sensor, Messung des Augeninnendrucks)• Plasmakristallforschung: Erforschung eines neuen Materie-Zustandes, unter anderem nutzbar als anschauliches dreidimensionales Modell für Übergänge zwischen fest, flüssig und gasförmig; diverse Spin-Offs mit medizinischem Anwendungspotenzial, zum Beispiel im Bereich der Wund-Desinfektion.
Unter den zahlreichen Wissenschaftlern, die der Einladung des DLR gefolgt waren, befanden sich zwei Pioniere der ISS-Forschung: Prof. Gregor Morfill vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching, dessen deutsch-russisches Plasmakristall-Experiment (PKE) als erste wissenschaftliche Untersuchung auf der Raumstation überhaupt im März 2001 startete. Wenig später begann Dr. Günther Reitz vom Kölner DLR Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Kooperation mit NASA seine strahlenbiologischen Untersuchungen (DOSMAP).
Ebenfalls in Bonn anwesend: Hans Schlegel, Mitglied des europäischen Astronautencorps mit der Erfahrung zweier Space Shuttle-Flüge, der Deutschen Spacelab-Mission D-2 (1993) und der europäischen COLUMBUS-Mission (2008). Hier war er maßgeblich an der Installation dieses Weltraumlabors an der Raumstation sowie der Inbetriebnahme der Experimentanlagen beteiligt; dabei absolvierte er als zweiter deutscher ESA-Astronaut einen Außeneinsatz im All.