Pflanzen sind fest an ihren Standort gebunden und können nicht ausweichen, wenn sich die Umweltbedingungen (wie Trockenheit, Hitze, Kälte oder Fraßfeinde) ändern. Um überleben zu können, müssen sie daher mögliche Gefahren schnell erkennen und Abwehrmechanismen starten. Beispiele für solche Mechanismen sind beispielsweise die Verstärkung der pflanzlichen Zellwände oder die Produktion von giftigen Stoffen.
Wichtige Botenstoffe im hoch komplexen Signalnetzwerk der im Experiment verwendeten Pflanzen sind unter anderen Kalziumionen. Ein von der Pflanze wahrgenommener Reiz wird - ähnlich Morsezeichen - mit einer speziellen Abfolge zu- und abnehmender Kalziumionen-Konzentrationen im Zellinneren kodiert. Diese spezifischen Konzentrationsänderungen können von bestimmten Proteinen erkannt und in eine entsprechende Antwort übersetzt werden.
Dieser Mechanismus kann sogar in einzelnen Zellen, die keinem speziellen Organ wie Wurzel oder Blatt angehören und in Schalen mit Nährlösung herangezogen werden können, beobachtet werden. Solche Zellkulturen besitzen für die Wissenschaftler gegenüber vollständigen Pflanzen eine Reihe von Vorteilen. So sind die Zellverbände durch die Zugabe bestimmter Chemikalien sehr lange kultivierbar und besitzen identische Eigenschaften (Klone).
Im Parabelflugexperiment wollen die Tübinger Wissenschaftler die Reaktion von Pflanzenzellkulturen auf Schwerkraftänderungen über die Änderung der Kalziumionenkonzentration im Zellinneren untersuchen. Dazu enthalten die Zellen einen Indikator, der Änderungen in Kalzium-Konzentration direkt messbar macht. Zusätzlich wird ein Teil der Zellen derart chemisch behandelt, dass die Forscher später im Labor die Proteine identifizieren können, die durch die Kalziumionen in ihrer Aktivität beeinflusst werden. Als Untersuchungsobjekt dient den Wissenschaftlern die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) als pflanzlicher Modellorganismus.
Im Zentrum der Untersuchungen steht vor allem die Frage, wie Landpflanzen, die an unsere normale Schwerkraft (1 g) angepasst sind, auf eine verringerte (Mond 0,16 g, Mars 0,37 g) oder ganz wegfallende Schwerkraft (0 g) reagieren, und ob sie in der Lage sind, sich daran entsprechend anzupassen. Dies wären wichtige Erkenntnisse für Langzeitmissionen und eine mögliche Besiedelung von Mond und Mars.