Daphnien - oder Wasserflöhe - dienen bereits seit Langem als wichtiger Modellorganismus in der Ökologie, der Evolutionsbiologie und in den Umweltwissenschaften. Erst kürzlich wurde ihr Genom (die Gesamtheit aller Gene) entziffert. Dies öffnet nicht nur die Tür für Genanalysen in den Umweltwissenschaften, sondern bietet auch die Möglichkeit, Daphnia als weiteren Modellorganismus im gesamten Gebiet der Lebenswissenschaften zu etablieren.
Durch ihre bedeutende Rolle in den Nahrungsketten in Gewässern könnten die Wasserflöhe zudem zukünftig eine große Rolle in Lebenserhaltungssystemen auf Raumstationen spielen. Allerdings ist bisher nur wenig über die Wirkung der Schwerkraft auf das Verhalten und die Physiologie dieser Tiere bekannt. Anders als ihre Krebsverwandten verfügen die Daphnien nicht über ein Sinnesorgan für die Wahrnehmung der Schwerkraft mittels kleinen Schweresteinchen (Statolithen). Stattdessen besitzen sie ein bislang nicht näher untersuchtes Organ, das mit kleinen Fortsätzen an der Körperunterseite, sogenannten Setae, in Verbindung steht.
Entfernt man diese Fortsätze, beginnen die Tiere unkoordiniert im Kreis zu schwimmen, ganz ähnlich wie die Wissenschaftler es schon in Schwerelosigkeit beobachten konnten. Deshalb gehen sie davon aus, dass dieses Organ für die Schwerkraftwahrnehmung verantwortlich ist. Nun untersuchen sie unter verschiedenen Schwerkraftbedingungen systematisch das Schwimmverhalten von Wasserflöhen mit intakten, sowie mit amputierten Setae. Darüber hinaus interessiert die Forscher auch der Zusammenhang mit der Lichtorientierung.
Dafür kann man sich die Tatsache zu Nutze machen, dass Daphnien im Infrarotbereich nicht sehen können. So soll durch verschiedene Beleuchtungsprofile mit infrarotem und sichtbarem Licht mehr über die Signalweiterleitung von licht- und schwerkraftabhängigen Prozessen gelernt werden. In Schwerelosigkeit zeigt stets etwa die Hälfte der Tiere das kreisende Schwimmverhalten. Mit dem Experiment soll nachgewiesen werden, ob dieses Verhältnis zufällig verteilt ist, oder ob immer dieselben Individuen durch den Wegfall der Schwerkraft "aus der Bahn geworfen" werden.
Trifft letzteres zu, lassen sich ziemlich sicher körperliche Unterschiede zwischen den Tieren feststellen, durch die wiederum Rückschlüsse auf die Funktion des potentiellen Schweresinnesorgans gezogen werden können. Deshalb werden die einzelnen Tiere nach jedem Flug für elektronenmikroskopische Untersuchungen konserviert und die Ergebnisse mit dem jeweiligen Schwimmverhalten verglichen.
Mögliche Anpassungsstrategien an die Schwerkraftveränderungen können durch den Vergleich von frühen mit späten Parabeln eines Flugtages erkannt werden. Mithilfe der Erkenntnisse kommen die Forscher der Frage, ob sich Daphnien für den Einsatz im Weltraum eignen, und ob sie zukünftig als Nahrung für höhere aquatische Organismen auf Raumstationen eine Rolle spielen sollen, wieder ein Stück näher.