Unter normalen Bedingungen auf der Erde sind Luft und Blut in der gesunden menschlichen Lunge durch den Schwerkrafteinfluss ganz unterschiedlich verteilt. Am Beginn eines Atemzuges befindet sich im unteren Teil der Lunge deutlich weniger Luft und mehr Blut als im oberen Teil des Organs. Beim Einatmen kann daher mehr frische Luft in die zuvor mit weniger Luft befüllten unteren Bereiche transportiert werden, die auch besser durchblutet sind.
Die Natur hat also ein sinnvolles Verteilungsmuster für die Belüftung der Lunge entwickelt. Dies scheint jedoch nicht bei allen Menschen unter allen Bedingungen der Fall zu sein. Die Gründe hierfür sind noch weitgehend unbekannt. Der kurzzeitige Wechsel zwischen normaler Schwerkraft, doppelter Schwerkraft und Schwerelosigkeit bei Parabelflügen bietet eine ideale Möglichkeit, diese Phänomene zu untersuchen.
Um die Verteilung von Luft in der Lunge in einer Schnittebene verfolgen zu können, ohne den Versuchspersonen zu schaden, werden Schnittbilder der Verteilung des spezifischen elektrischen Widerstandes im Körper erzeugt. Die eingesetzte Methode wird Elektrische Impedanz-Tomographie genannt und abgekürzt als "EIT" bezeichnet. Mit der EIT haben die Wissenschaftler schon 1999 zeigen können, dass sich die lokale Belüftung bei Schwerelosigkeit innerhalb von Sekunden angleicht.
Durch eine verbesserte Methodik konnten sie bei Parabelflügen 2007 und 2008 auch bestimmen, wie stark die Lunge lokal am Beginn des Atemzuges mit Luft gefüllt ist. Im aktuellen Experiment erprobt das Team ein neu entwickeltes EIT-System, das gleichzeitig in mehreren Ebenen arbeitet und somit die Verteilung der Luft und die Belüftung in der gesamten Lunge und nicht nur in einer Schnittebene erfassen kann.
Der Einfluss der Schwerkraft spielt in der kranken Lunge eine wichtige Rolle, so dass die während der Parabelflüge untersuchten Phänomene auch von großer Bedeutung für die Steuerung der Beatmungstherapie von intensivmedizinisch betreuten Patienten sein können. Es ist wichtig, die Verteilung der Luft bei künstlicher Beatmung zu kennen und gegebenenfalls beeinflussen zu können. Denn einerseits muss die Lunge ausreichend belüftet und andererseits eine Schädigung durch lokale Überblähungen sicher vermieden werden. Die von den Experimentatoren weiter entwickelte Messmethode EIT wird inzwischen in ausgewählten Kliniken als Überwachungsmethode bei beatmeten Patienten in der klinischen Praxis eingesetzt.