Plasmen sind elektrisch geladene Gase, die beispielsweise in Leuchtstoffröhren verwendet werden. Komplexe Plasmen enthalten zusätzlich Mikropartikel (Staubteilchen). Die kleinen Teilchen laden sich im Plasma negativ auf und bilden aufgrund ihrer elektrostatischen Wechselwirkung Flüssigkeits- und Kristall-ähnliche Strukturen aus.
Dabei sind die Abstände der Partikel so groß, dass sie mit dem bloßen Auge beobachtet oder mit einer Videokamera aufgezeichnet werden können. Komplexe Plasmen sind daher einzigartige Modellsysteme, bei denen das Verhalten einzelner "Atome" bei physikalischen Vorgängen, wie etwa dem Schmelzen, Erstarren oder Durchlaufen einer Welle, direkt untersucht werden kann.
Von der Erforschung komplexer Plasmen erhofft man sich umfangreiche Einblicke nicht nur in die grundlegenden Fragen der Physik von Plasmen, Festkörpern und Flüssigkeiten, sondern auch in das Potential für technologische Anwendungen mikrometer- und nanometer-großer Partikel in der Industrie. Bei Laborversuchen auf der Erde drückt jedoch die Schwerkraft die Staubteilchen nach unten, so dass die Plasmakristalle vertikal gestaucht, also regelrecht flachgedrückt werden. Um die Kristallstruktur in ungestörtem Zustand untersuchen zu können, sind daher Experimenten in Schwerelosigkeit unerlässlich.
Bereits seit 2001 forschen das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching und das russische Institut für Hochenergiedichten in Moskau kontinuierlich gemeinsam auf der Internationalen Raumstation ISS in den Experimentanlagen "PKE-Nefedov" (2001 bis 2005) und "PK-3 Plus" (seit Anfang 2006), deren Bau vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert wurde.
Während sich die Experimentanlage "PK-4", die 2012 zur ISS gebracht werden soll, noch im Bau befindet, entwickeln die Forscher bereits die übernächste Generation von Plasmakammern für die ISS. Auf dem Parabelflug testen Wissenschaftler zwei neue Plasmakammern erstmals in Schwerelosigkeit: Die "Zyflex"-Kammer, deren Name sich von den Worten "zylindrisch" und "flexibel" ableitet, hat einen leicht modifizierbaren, inneren Aufbau und erlaubt damit die Nachbildung einer Reihe verschiedener Experimentaufbauten.
Die "Dodecahedron"-Kammer besteht aus zwölf Flächen, die in der geometrischen Form eines Dodekaeders angeordnet sind. Die Wissenschaftler erwarten aufgrund der innovativen räumlichen Anordnung, dass in seinem Inneren neuartige Effekte entstehen. Mit beiden Kammern soll das mögliche Spektrum von Experimenten im Vergleich zu den Vorgängeranlagen erneut um ein Vielfaches erweitert werden.