Pflanzen sind fest an ihren natürlichen Standort gebunden und müssen sich deshalb an die dort herrschende Umweltbedingungen (Wasserverfügbarkeit, Lichtverhältnisse, Nährstoffangebot, Schwerkraft etc.) anpassen und möglichst widerstandsfähig gegenüber krankmachenden Keimen entwickeln, um ihr Überleben zu sichern. Im Vergleich zu den anderen Einflüssen ist Schwerkraft ein allgegenwärtiger Faktor, der die Entwicklung und das Wachstum von Pflanzen kontrolliert. Durch Wegnahme oder Erhöhung der Schwerkraft ist es möglich herauszufinden, wie Schwerkraftreize in pflanzliche Reaktionen umgesetzt werden. Ziel der Tübinger Wissenschaftler ist es, diese Reaktionen auf zellulärer und molekularer Ebene zu erforschen. Durch die „partial g“ Parabelflüge ergibt sich die Möglichkeit, ein Spektrum von Beschleunigungen (1,8g, 0,38g, 0,16g, microg) zu untersuchen und damit mögliche Schwellenwerte für Reaktionen auf verschiedene Beschleunigungen zu identifizieren. Im konkreten Beispiel werden Zellkulturen des pflanzlichen Modellorganismus Arabidopsis thaliana verwendet. Es handelt sich bei Arabidopsis um ein unscheinbares „Unkraut“ mit dem deutschen Namen „Acker-Schmalwand“. Zellkulturen sind undifferenziert und besitzen alle Grundeigenschaften einer pflanzlichen Zelle. Sie haben sich für Parabelflugexperimente als vorteilhaft erwiesen, da sie leicht herzustellen, leicht genetisch zu verändern und handzuhaben sind. Durch Zugabe bestimmter Chemikalien können daraus zudem wieder ganze Pflanzen herangezogen werden. In diesem Experiment werden Zelllinien eingesetzt, die Variationen im zellulären Ca-Gehalt (Calcium-Gehalt) über einen fluoreszierenden Indikator in Echtzeit messbar machen. Ca ist ein wichtiger Botenstoff, der Änderungen von Umweltbedingungen durch Änderungen in der zellulären Konzentration kodiert und damit die Grundlage für spezifische molekulare Antworten (Modulation der Expression von Genen oder der Eigenschaften von Eiweißmolekülen) schafft. Durch den Vergleich der Ca-Reaktion unter verschiedenen Beschleunigungen , kann herausgefunden werden, ob die unter Mars-Bedingungen herrschende Schwerkraft (0,38g) bereits ausreicht, um Anpassungsreaktionen dieses Modellsystems auszulösen, oder ob dies erst unter Mond-Beschleunigung (0,16g) der Fall ist. Neben der Aufklärung der Reaktionen von Pflanzen auf verschiedene Beschleunigungen ist diese Kenntnis auch wichtig, um vielleicht später einemal Pflanzen auf diesen beiden Himmelskörpern kultivieren zu können.