Mit jedem Herzschlag werden beim Menschen etwa 100 ml Blut in die großen Gefäße befördert. Innerhalb von einer Zehntelsekunde (0.1 s) erreicht das Blut in der Aorta eine Geschwindigkeit von etwa einem Meter pro Sekunde. Ähnlich wie bei einem Schuss aus einem Gewehr entsteht dabei ein Rückstoß, durch den der menschliche Körper in die entgegengesetzte Richtung beschleunigt wird. Diese Beschleunigungen sind sehr gering und liegen im Bereich von wenigen Tausendsteln der Schwerkraft Sie werden außerdem unter den Bedingungen der Schwerkraft auf der Erde gedämpft. Während der Parabelflüge ist der Mensch für circa 20 s schwerelos. Das sind ideale Bedingungen, um die durch den Herzschlag verursachten Beschleunigungen ungestört in allen drei Ebenen des Raumes zu messen. Aus dem Physikunterricht wissen wir, dass Kraft gleich Masse mal Beschleunigung ist (F=m*a). Wenn man die Beschleunigungen bei jedem Herzschlag in alle Richtungen exakt und ungestört messen kann und die Masse des Körpers kennt, kann man die Kraft eines Herzschlags ausrechnen. Diese Methode nennt man Ballistokardiographie.
Ziel unseres Experimentes ist es, das pro Herzschlag geförderte Blutvolumen während der Schwerelosigkeit mit einer Standardmethode zu messen und diese Werte mit der dafür vom Herzen aufgewendeten Kraft zu vergleichen, die wir aus den Beschleunigungsmessungen erhalten. Wir erhoffen uns von diesen Untersuchungen neue Erkenntnisse über das Zusammenwirken der mechanischen Kraft des Herzens und dem daraus resultierenden Blutvolumen, das pro Schlag gefördert wird. Wir gehen davon aus, dass es physiologisch günstiger sein sollte, die gleiche Menge Blut mit weniger Kraftaufwand zu befördern und das das Herz in der Schwerelosigkeit mit weniger Kraftaufwand arbeitet.
Die Untersuchungen während der Parabelflüge dienen außerdem der Testung eines neuen Gerätes, das wir speziell für den Einsatz auf der Internationalen Raumstation (ISS) entwickelt haben und das wir ab 2014 für Experimente an Bord der ISS einsetzen wollen. Diese Experimente sollen prüfen, ob es während eines mehrmonatigen Aufenthaltes in der Schwerelosigkeit zu Veränderungen in der mechanischen Funktion des Herzens kommt, ob es individuelle Unterschiede zwischen den Kosmonauten gibt und wie man diese mit der einfachen Methode der Ballistokardiographie erfassen kann. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen können auch dazu dienen, neue medizinische Anwendungen für die Ballistokardiographie auf der Erde zu definieren.