Die Mikrofluidik als Teil der Entwicklung von Mikrosystemen beschäftigt sich mit der Handhabung von Flüssigkeiten (und Gasen) auf kleinstem Raum und mit der Fragestellung, wie Fluide bewegt, gemischt, getrennt oder anderweitig prozessiert werden können. Mikropumpen fördern oder dosieren Flüssigkeiten. Mikromischer ermöglichen ein gezieltes Vermengen von Fluidvolumina. Die entstehenden Strukturen sind oft schon aus der Makrofluidik bekannt und können unter der Beachtung spezifischer Parameter für kleine Dimensionen skaliert werden. Hinzu kommen jedoch auch physikalische Prinzipien, welche erst in kleinen Dimensionen angewendet werden können. Besonders bei der Verwendung von elektrischen oder magnetischen Feldern können durch die kleinen Dimensionen sehr hohe elektrische bzw. magnetische Feldstärken erreicht werden. Die Effekte, z.B. elektrohydrodynamische, elektrohydromagnetische oder elektrochemische, sind um ein Vielfaches wirkungsvoller als in der Makrowelt und können zur Strömungskontrolle eingesetzt werden. Die Strömungskontrolle erfasst hier die gezielte Steuerung der Ausbildung von Strömungsformen.
Am Lehrstuhl Aerodynamik und Strömungslehre der BTU Cottbus wird im Rahmen des Experimentes „Convection in a Cylinder“ (CIC) der Einfluss eines elektrohydrodynamischen Kraftfeldes auf den Wärme- und Stofftransport in einem konzentrischen Rohrabschnitt oder Zylinderspalt untersucht. Der Zylinderspalt wird durch zwei konzentrisch angeordnete, vertikal ausgerichtete Zylinder aufgespannt. Der Spalt ist mit einem dielektrischen Öl gefüllt, dessen Viskosität nur wenige Vielfache über der von Wasser liegt. Das System wird im Inneren beheizt und von außen gekühlt, so dass der Temperaturunterschied senkrecht zum gravitationsbedingten Auftriebsfeld aufgeprägt wird. Dies führt zunächst zum Ausbilden einer Konvektionszelle, die den gesamten Untersuchungsraum erfasst. Dabei steigt erwärmte, leichtere Flüssigkeit am beheizten Innenzylinder auf und sinkt entsprechend am gekühlten Außenzylinder ab. An der Boden- und der Deckelplatte des Zylinders verläuft die Strömung horizontal. Wird der Temperaturunterschied erhöht, führt diese Verstärkung des thermischen Antriebs zu konvektiven Instabilitäten, das heisst die oben beschriebene Grundströmung bleibt nicht stabil, sondern nimmt neue Strömungsformen an. Theoretische Arbeiten zeigen, dass weitere Konvektionszellen aus der Mitte der Zylinderhöhe heraus entstehen. Dies ist bisher nicht experimentell untersucht worden.
Die Wissenschaftler untersuchen die Wirkung, wenn dieses System durch ein extern aufgeprägtes, elektrohydrodynamisch wirkendes Kraftfeld in Form einer Wechselspannung beeinflusst wird. So führt die Temperaturabhängigkeit der Permittivität (dielektrische Leitfähigkeit) zu einem elektrohydrodynamischen Auftrieb. Dieser dielektrophoretische Effekt erhöht sich einerseits mit der Amplitude der Hochspannung und andererseits mit abnehmenden Zylinderradien. Ein weiterer wichtiger Effekt ist die Erhöhung des Wärmetransports schon bei sehr niedrigeren Temperaturgradienten. Unter den Bedingungen auf der Erde stört dieses künstliche Kraftfeld lediglich die Stabilität der Strömung, die sich aufgrund von Temperaturunterschieden ausbildet. Unter Mikro-Gravitation entfällt das natürliche Kraftfeld der Erde. Das durch die Hochspannung aufgebaute Zentral-Kraftfeld ist dann allein ausschlaggebend für das Entstehen der Konvektionsbewegung. In dem stark miniaturisierten Experiment wird einerseits die Strömung sichtbar gemacht. Andererseits wird der Wärmetransport gemessen. Das Parabelflugexperiment liefert damit einen Beitrag, um die Effektivität des künstlichen Kraftfeldes zu untersuchen und technische Anwendungen voranzutreiben.