Für die Menschen auf der Erde ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie ihre Bewegungen und die Körperhaltung jederzeit vollständig kontrollieren können. Da im stets vorhandenen Gravitationsfeld der Erde ständig Schwerkraft auf den menschlichen Körper wirkt, stellt bereits der aufrechte Stand hohe Anforderungen an die Kontrolle der Körperposition dar und wird durch das Zusammenspiel vieler komplexer Körpersysteme gewährleistet. Diese Systeme bestehen aus der Wahrnehmung der Umwelt über sensorische Informationen (zum Beispiel über die Gelenkrezeptoren, die Muskelspindel oder das Gleichgewichtsorgan), die Integration sowie die Umsetzung der Informationen über Komponenten des Muskel- und Knochensystems. Diese werden als Posturale Reaktionen bezeichnet. Das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten wird vom zentralen Nervensystem koordiniert, im Abgleich mit der Umwelt organisiert und mit Erfahrungswerten abgeglichen.
Reduzierte Schwerkraft beeinflusst die Bewegungs- und Gleichgewichtskontrolle des Menschen negativ, da die relevanten sensorischen Informationssysteme gestört sind. Am stärksten ist diese Beeinträchtigung, wenn nach der Schwerelosigkeit die Schwerkraft wieder auf den Menschen wirkt. Die Astronauten sind besonders beim Gehen und Stehen beeinträchtig, was teilweise nicht mehr ohne Hilfe möglich ist. Für Astronauten ist daher ein spezielles Gleichgewichtstraining notwendig, das die realen Anforderungen an das posturale System optimal nachbildet.
Bei dem Experiment während des 25. DLR-Parabelfluges werden die neuronalen Anpassungen unter Schwerelosigkeit an verschiedene Gleichgewichtsaufgaben untersucht. Hierzu wird eine manuell auslenkbare Plattform benutzt, welche den realen Bedingungen äußerer Störreize sehr nahe kommt. Mit diesem Gerät kann man plötzliche Störungen auf die Standfläche ausüben, um die Versuchsperson aus dem Gleichgewicht zu bringen und so Posturale Reaktionen hervorzurufen. Diese werden dabei über die Muskelaktivitäten sowie über bestimmte Reflexbahnen (durch elektrophysiologische Messmethoden; H-Reflex) erfasst.
Mit den Erkenntnissen dieses Experiments kann beurteilt werden, ob ein Gleichgewichtstraining als Maßnahme gegen den Abbau der posturalen Kontrolle unter Schwerelosigkeit geeignet ist. Wenn diese Trainingsmethode effektiv ist, könnte man sie vor der Rückkehr aus dem Weltall einsetzen. Das würde Astronauten helfen, nach der Landung ihre Körperhaltung und Bewegungen schneller wieder vollständig beherrschen zu können. Ein derartiges Gleichgewichtstraining ist auch für die Bewegungsrehabilitation nach Verletzungen oder im Alter relevant, wenn Personen sich länger schonen mussten.