Wissenschaftler der Universität Göttingen untersuchen die thermische Ausdehnung von Schmelzen der Halbleiter Silizium und Germanium sowie der Legierungen dieser Elemente. Die Untersuchungen werden mit Hilfe von Boden- und Parabelflugexperimenten durchgeführt. Die Forschungsergebnisse sind wichtig für das Verständnis der Vorgänge in der Schmelze und deren computergestützte Simulation.
Die Halbleiterindustrie verwendet Kristalle dieser Schmelzen für die Herstellung integrierter Schaltkreise, die als Chips in fast jedem elektronischen Gerät zu finden sind. Kooperationspartner bei diesem Projekt sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln und das California Institute of Technology in Pasadena (USA).
Die Halbleiter Silizium und Germanium schmelzen erst bei Temperaturen um oder weit über 1.000 Grad Celsius und weisen eine hohe Reaktionsfreudigkeit auf. Daher können diese Schmelzen nicht in den üblichen Tiegeln untersucht werden, da sie mit jedem Tiegelmaterial eine chemische Verbindung eingehen würden.
Abhilfe schaffen hier berührungsfreie Positionierverfahren, wie die elektrostatische oder die elektromagnetische Levitation. Bei der elektrostatischen Levitation wird die Materialprobe elektrisch aufgeladen und in einem großen elektrischen Feld durch elektrostatische Kräfte zum Schweben gebracht.
Die elektromagnetische Levitation hingegen wird bei dem Experiment in den Schwerelosigkeitsphasen der Parabelflüge angewendet. Die Probe wird dazu in eine elektrische Spule eingebracht. Diese sorgt in einem hochfrequenten elektromagnetischen Feld dafür, dass in der Probe Wirbelströme entstehen. Diese verusachen eine Wechselwirkung mit dem ursprünglichen Feld und lassen die Probe dadurch schweben.
Während die Probe prozessiert wird, dokumentiert eine hochauflösende Kamera die Form der Probe Anschließend werden die Bilder mit Hilfe digitaler Bildverarbeitung analysiert und die thermische Ausdehnung der Probe bestimmt. Wird diese Methode noch unter Schwerelosigkeit in der TEMPUS-Anlage auf Parabelflügen durchgeführt, nimmt die Probe eine exakte Kugelform an, womit die gewonnenen Daten noch genauer werden.
In früheren Parabelflügen seit 2006 wurden Experimente an reinen Halbleiterschmelzen durchgeführt. Die Proben müssen mit Hilfe eines Lasers vorgeheizt werden, bevor die Ladungsträgerdichte ausreicht und das Positionieren, beziehungsweise das Heizen von den Spulen übernommen werden kann. Bei den Experimenten konnten Messungen der thermischen Ausdehnung und Oberflächenspannung durchgeführt werden.
Im Rahmen des 12. DLR Parabelfluges werden Proben aus dotierten Halbleitern untersucht, also aus Halbleitern, deren Leitfähigkeit gezielt verändert wurde. Mit ihnen wollen die Wissenschaflter die thermische Ausdehnung unter Schwerelosigkeit untersuchen. Die Messungen werden anschließend mit Ergebnissen aus Bodenexperimenten verglichen und dienen der Vorbereitung von Experimenten auf der ISS.