Heutzutage werden mehr als 90 Prozent aller metallischen Materialien aus dem flüssigen Zustand, der Schmelze, hergestellt. Deswegen unternehmen Wissenschaftler große Anstrengungen, um Modelle zu entwickeln, die die Produktion von Gussteilen in Gießereien optimieren. So wollen sie Materialien mit verbesserten Eigenschaften erzeugen.
Dieses Forschungsprojekt untersucht insbesondere Nickel- und Aluminium-basierte Legierungen mit großer industrieller Bedeutung. Nickel-basierte Superlegierungen dienen beispielsweise als Basis für Turbinenschaufeln. Der Einsatz von Aluminium-basierten Legierungen ist hingegen besonders in der Luft- und Raumfahrt sowie der Automobilindustrie von Bedeutung.
Die elektromagnetische Levitation ermöglicht es, die Erstarrung eines frei schwebenden flüssigen Metalltropfens direkt zu untersuchen. Hierbei wird die flüssige Schmelze unter ihren Gleichgewichtsschmelzpunkt abgekühlt, bevor sie erstarrt. Diese Unterkühlung eröffnet einen großen Bereich metastabiler Mikrostrukturen und strukturell unterschiedlicher Phasen mit besonderen physikalischen Eigenschaften.
Auf der Erde werden Erstarrungsvorgänge jedoch durch schwerkraftbedingte Flüssigkeits¬strömungen beeinflusst, die durch Temperatur- und Dichteunterschiede in der Schmelze angetrieben werden. In der kurzen Zeit der Schwerelosigkeit während des Parabelfluges werden hingegen diese Strömungen weitgehend unterdrückt, so dass das Wachstum des Festkörpers in der Schmelze nur durch die Diffusion von Atomen gesteuert wird.
Der Vergleich zwischen terrestrischen und in Schwerelosigkeit gewonnenen Daten hilft, die Frage nach dem Mechanismus der Kristallisation zu klären, ermöglicht die Verbesserung von theoretischen Modellen und führt darüber hinaus zur Optimierung von computergestützten Simulationen von Gieß- und Erstarrungsprozessen metallischer Werkstoffe.
Zu diesem Zweck wird die Geschwindigkeit der Erstarrung einer unterkühlten flüssigen Nickel-Aluminium Probe mit Hilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera gemessen und die dabei auftretende Form der Erstarrungsfront untersucht. Im Anschluss daran wird die in der Schwerelosigkeit erstarrte Probe im Labor auf die Entwicklung ihrer Mikrostruktur hin analysiert und mit gleichen Proben, die auf der Erde erstarrt sind, verglichen.
Die daraus gewonnenen Erkenntnisse geben Aufschluss über den Einfluss der Konvektion auf die Probe und die damit "designten" Eigenschaften. Die Erweiterung bereits bestehender Modelle der Kristallisation unter Einbeziehung von Flüssigkeitsströmungen in der Schmelze ist ein wichtiges Thema derzeitiger wissenschaftlicher Forschung innerhalb des ESA-MAP Projekts "Nequisol". Die Ergebnisse dieses Parabelflugexperiments nehmen direkt Einfluss auf die Verbesserung dieser Modelle.