Mit SEA GATE steht im Seehafen Rostock seit Mai 2008 die erste Testumgebung für das zukünftige Satellitennavigationssystem Galileo Nutzern zur Verfügung. Sie ermöglicht die Erprobung maritimer Galileo-Anwendungen, lange bevor die eigentlichen Satellitensignale zur Verfügung stehen. Unternehmen können auf diese Weise frühzeitig neue Produkte und Dienstleustungen entwickeln. Das Projekt SEA GATE wird von EADS-RST Rostock System Technik GmbH im Auftrag des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie durchgeführt.
Der Seehafen Rostock bietet eine ideale Umgebung für das Testgelände, da der Tidenhub der Ostsee sehr gering und somit für die Positionierung eine Beschränkung auf zwei Dimensionen ausreichend ist. Im Rahmen von SEA GATE wurde der Hafen mit insgesamt sechs so genannten Pseudolites (PSL) ausgestattet, bestehend aus jeweils einem Galileo-Signalgenerator und Antenne. Diese Sender sind zum Beispiel auf hohen Gebäuden oder Funktürmen montiert. Sie decken sowohl den Bereich der Hafeneinfahrt als auch die Anlege- und Umschlagplätze mit Galileo-konformen Signalen ab. Das Testgebiet ist gut überschaubar. Dies gewährleistet, dass an den meisten Punkten innerhalb des Testgebiets stets eine große Anzahl an Pseudolites direkt sichtbar ist.
Nach Abschluss des Systemaufbaus Ende Januar 2008 wurde eine dreieinhalbmonatige Testphase erfolgreich durchgeführt, in der das mit Galileo-Empfängern ausgerüstete Fährschiff "Mecklenburg Vorpommern" eine Reihe von Testfahrten absolvierte. Mit einer Länge von knapp 200 Metern zählt es zu den größeren Fährschiffen auf der Ostsee und fasst bis zu 600 Passagiere. Nach dem Passieren der schmalen Rostocker Hafeneinfahrt und des dahinter liegenden Seekanals muss dieser Riese nahezu eine 180-Grad-Kehre vollziehen, bevor er rückwärts an den Anleger manövriert werden kann.
Die Präzision des bislang hierbei eingesetzten GPS-Positionierungssystems war mit einer Abweichung von bis zu vier Metern bislang jedoch nicht ausreichend. Durch Hinzunahme der Galileo-Signale wurde eine deutliche Verbesserung der Genauigkeit bis in den Dezimeterbereich erzielt. Gerade bei schlechten Sichtbedingungen, wie etwa bei Nebel, kann die SEA-GATE-Umgebung eine wichtige Unterstützung des Kapitäns während des Anlegemanövers bieten. Hierdurch können Zeit und damit verbunden auch Kosten eingespart werden, ohne Abstriche bei der Sicherheit hinnehmen zu müssen.
Die innerhalb der SEA-GATE-Testumgebung abgestrahlten Galileo-Signale können für weitere Logistik- und Umschlagvorgänge im Hafen genutzt werden, etwa für den Containerverkehr. SEA GATE wird durch eine "Monitor and Control Station" überwacht. Von hier aus lassen sich auf Anforderung registrierter Nutzer verschiedene Frequenz-Konfigurationen realisieren.
Daten des Nutzersegments können in der Kontrollstation aufgezeichnet, analysiert und archiviert werden. SEA GATE steht ab sofort auch nicht registrierten Nutzern kostenlos zur Verfügung und ergänzt die Galileo- Entwicklungsumgebung GATE, die in Berchtesgaden für landgestützte Anwendungen errichtet wird. Der Testbetrieb erfolgt zunächst bis Mai 2010. Im Anschluss daran wird SEA GATE dem endgültigen und noch zu bestimmenden Betreiber für den Routinebetrieb übergeben.