Zooplankton ist in den Nahrungsnetzen der Flüsse, Seen und Meere ein wichtiges Bindeglied zwischen sauerstoffproduzierenden Mikroalgen und höheren Gliedern der Nahrungskette wie zum Beispiel Fischen. Den größten Anteil an Zooplankton bilden dabei winzig kleine Krebse und Insektenlarven. Die Tiere bilden eine riesige Menge an Biomasse und sind daher von großer ökologischer Bedeutung. Dies brachte die Wissenschaftler der LMU München auf die Idee, sie für bioregenerative Lebenserhaltungssysteme auf Raumstationen einzusetzen.
Allerdings ist bisher nur wenig über die Wirkung der Schwerkraft beziehungsweise der Schwerelosigkeit auf das Verhalten und die Physiologie dieser Tiere bekannt. Daher ist es wichtig, diese Auswirkungen zunächst zu überprüfen, bevor man die möglichen Kandidaten in Lebenserhaltungssystemen im Weltraum einsetzt. Außerdem erhoffen sich die Forscher Erkenntnisse über die Entwicklung der verschiedenen schwerkraftwahrnehmenden biologischen Systeme, die sich im Lauf der Evolution entwickelt haben.
Die Münchner Wissenschaftler untersuchen deshalb bei verschiedenen Wasserorganismen das Schwimmverhalten und die Orientierung anhand von Schwerkraft und Licht während eines Parabelfluges. Da viele Tiere, ebenso wie wir Menschen, im Infrarotbereich nicht sehen können, soll durch verschiedene Beleuchtungsprofile mit infrarotem und sichtbarem Licht mehr über die Signalweiterleitung von licht- und schwerkraftabhängigen Prozessen in Erfahrung gebracht werden.
Daphnien, kleine Wasserflöhe, wurden bereits bei einer früheren Parabelflugkampagne untersucht. Dabei konnten die Forscher ein bisher unbekanntes Organsystem identifizieren, das mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Schwerkraftwahrnehmung dieser Tiere verantwortlich ist. Diese Hypothese soll mit einer weiteren Daphnienart überprüft werden. Außerdem sind weitere vielversprechende Kandidaten für ein zukünftiges Lebenserhaltungssystem mit an Bord, über deren Mechanismen der Schwerkraftwahrnehmung bisher noch nichts bekannt ist. Dazu gehören Ostracoden, sehr robuste kleine Muschelkrebse, sowie der "Urzeitkrebs" Triops und Larven der Büschel- und der Zuckmücke. Die Wissenschaftler interessiert neben der Orientierungsfähigkeit in Schwerelosigkeit auch die Interaktion der Tiere, beispielsweise das Jagdverhalten in Schwerelosigkeit.
Die Tiere werden nach jedem Flug für elektronenmikroskopische Untersuchungen konserviert. So will das Team mehr über die schwerkraftwahrnehmenden morphologischen Strukturen herausfinden. Zudem möchte es überprüfen, ob sich das bei Wasserflöhen erfolgreiche Prinzip der Schwerkraftwahrnehmung auch auf andere Planktonorganismen übertragen lässt. Mögliche Anpassungsstrategien an die Schwerkraftveränderungen können durch den Vergleich von frühen mit späten Parabeln eines Flugtages untersucht werden.
Die Experimente sind wichtig für die Entwicklung von komplexen modularen Lebenserhaltungssystemen auf Raumstationen. Hier sollen die Tiere als Nahrungsgrundlage für höhere Organismen dienen.