Die Technik des elektromagnetischen Levitierens bietet die Möglichkeit Metalle und elektrisch leitende Legierungen behälterfrei zu untersuchen und somit Reaktionen zwischen der Probe und dem Tiegel auszuschließen. Dazu wird die Probe in einer Spule durch ein elektromagnetisches (sich zeitlich veränderndes) Wechselfeld positioniert (levitiert) und durch die induzierten Wirbelströme erhitzt und aufgeschmolzen (Prinzip eines Induktionskochfeldes).
Im Erdlabor werden starke elektromagnetische Wechselfelder benötigt, um nach der Lenz’schen Regel eine Lorentz Kraft zu erzeugen, die die Erdanziehungskraft kompensiert. Dies wiederum bewirkt neben der gravitationsbedingten natürlichen Konvektion und der Marangoni-Konvektion (Konvektion aufgrund Temperaturunterschieden auf der Probenoberfläche) zusätzliche Flüssigkeitsströmungen sowie eine Deformation der flüssigen Probe. Um die Probe abzukühlen und zur Erstarrung zu bringen (eventuell bis unter den Schmelzpunkt), muss sie einem Gasstrom ausgesetzt werden, was zusätzliche Störungen hervorrufen kann.
Durch vergleichende Experimente in Schwerelosigkeit und auf der Erde werden schwerkraftgetriebene Phänomene wie Konvektion, Sedimentation und Auftrieb der experimentellen Bestimmung zugänglich, was eine Voraussetzung für die Entwicklung physikalischer Modelle zur quantitativen Beschreibung von Erstarrungsvorgängen darstellt. Die Modellierung von technischen Prozessen für ein Materialdesign aus der Schmelze erfordert die Messung der notwendigen thermophysikalischen Parameter (Dichte, Viskosität, elektrische Leitfähigkeit und thermische Ausdehnung) und die Kenntnis der grundlegenden Mechanismen von Keimbildung und Wachstum.
Die von EADS ASTRIUM und DLR im Auftrag des DLR Raumfahrtmanagements entwickelte Parabelfluganlage TEMPUS bietet neben dem elektromagnetischen Levitator, der im Jahre 2014 auf der internationalen Raumstation (ISS) in Betrieb genommen wird, die Möglichkeit sorgfältig ausgewählte Schlüsselexperimente unter Schwerelosigkeit durchzuführen. TEMPUS wurde und wird regelmäßig auf Parabelflügen eingesetzt um europäischen Wissenschaftlern das Experimentieren unter Weltraumbedingungen zu ermöglichen.
An den vier Flugtagen der 23.-Parabelflugkampagne des DLR werden ca. 20 unterschiedliche Legierungen prozessiert. Untersucht werden sowohl Proben von Experimenten, die künftig auf der ISS bearbeitet werden, als auch technisch interessante Legierungen. Die berührungsfreie Messung der Temperatur mittels Infrarot-Pyrometrie sowie ein Hochgeschwindigkeitskamerasystem (bis zu 50.000 Bilder pro Sekunde) zur Messung der Dichte, Viskosität und zur Beobachtung von Wachstumsdynamik erstarrender Phasen stehen den Wissenschaftlern für ihre Experimente während des Parabelfluges zur Verfügung. Eine Messelektronik zur Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit kann optional zugeschaltet werden. Diese noch in der Entwicklung befindliche Messelektronik wird zukünftig ebenfalls für den elektromagnetischen Levitator für die ISS angefertigt.
Einen wissenschaftlichen Schwerpunkt dieser Parabelflugkampagne im September bilden neben einigen industriellen Legierungen auch metallische Gläser. Diese moderne Materialklasse ist im Allgemeinen härter, korrosionsbeständiger und fester als gewöhnliche Metalle und aufgrund des begrenzten Wissens Gegenstand intensiver Forschung in der Materialwissenschaft und Festkörperphysik. Eine weitere Materialklasse bilden eisenhaltige Legierungen, die zum Beispiel stellvertretend für Stahllegierungen systematisch untersucht werden, oder auch magnetische Legierungen, deren Eigenschaften man durch Prozessparameter und Prozessoptimierung gezielt einstellen und verstehen möchte.