Projektbeschreibung
Innerhalb des Bird-Projektes wurde ein Kleinsatellit entwickelt, welcher mit Infrarot-Sensorik zur Bodenaufklärung von Hochtemparaturereignissen bestückt ist. Die DLR Simulations- und Softwaretechnik unterstützte in diesem Projekt das Institut für Weltraumsensorik und Planetenerkundung bei der softwaretechnischen Entwicklung des Satellitenlageregelungssystems. Die softwaretechnische Entwicklung beinhaltet die Entwicklung und Modellierung der Softwarearchitektur mit UML, die objektorientierte Umsetzung der Architektur und den Regelungsalgorithmen und die Unterstützung beim Test der Lageregelung.
Das Lageregelungssystem umfaßt drei Softwareschichten. Die Schicht Command and Housekeeping Interface stellt die Verbindung zu anderen Software-Applikationen auf dem zentralen Steuerrechner des Bird-Satelliten her. Dies sind im einzelnen der Common Application Layer, das Payload Interface und das Onboard Navigations System. Der Common Application Layer verwaltet alle Applikationen auf dem Steuerrechner des Bird-Satelliten und stellt Interfaces für die Kommandierung von Applikationen und dem Datenversand über die Telemetriestrecke den Applikationen bereit. Das Onboard Navigations System führt eine GPS-gestützte Berechnung des Satelliten-Orbits durch und liefert dem Lageregelungssystem die Positionsdaten des Satelliten. Das Payload Interface stellt die Schnittstellen zwischen dem zentralen Steuerrechner und dem Rechnersystem der Nutzlast des Bird-Satelliten bereit. Das Lageregelungssystem stellt der Nutzlast über das Payload Interface Daten über die Satellitenposition und -lage bereit. Desweiteren stellt diese Schicht eine Überwachung der beiden untergeordneten Schichten des Lageregelungssystem bereit und leitet bei erkannten Fehlfunktionen autonom geeignete Maßnahmen ein, um den weiteren Betrieb des Satelliten sicher zu stellen.
Die Schicht Estimation Prediction Control beinhaltet den Kern der Lageregelung mit den Regelungsalgorithmen. Die Regelung läuft in vier Stufen ab, welche alle 500 ms einmal durchlaufen werden. In der ersten Stufe wird mit Hilfe einer Zustandssteuerung aus dem momentanen Zustandsdaten und dem kommandiertem Lageregelungs-Ziel die Module der nächsten drei Phasen Estimation, Prediction und Control rekonfiguriert, sofern eine Rekonfiguration nicht durch Kommandos von der Kontrollstation für einzelne Module verboten wurde. In der Phase Estimation wird der momentane Lagezustand aus den Sensordaten und der abgeschätzten Lage bestimmt. Dies umfasst eine Plausibilitätskontrolle und die Auswahl von vertrauenswürdigen Sensordaten mit einer nachgeschalteten Filterung der Sensordaten. In der Phase Prediction wird aus dem in der Phase Estimation bestimmten Lage die Lage berechnet, welche der Satellit durch seine Eigendynamik nach 500 ms einnehmen würde wenn keine Steueraktivität erfolgen würde. In der letzten Phase Control innerhalb eines Regelungszyklusses wird gemäß des Regelungsziels das Drehmoment für die beiden Aktuatorsysteme unter Einhaltung der Randbedingungen berechnet und an die Aktuatorsysteme weitergereicht, um das Regelungsziel zu erreichen.
Die unterste Schicht des Lageregelungssystem ist die Schicht Low Level Actuator and Sensor Processing. Diese Schicht stellt die Schnittstellen zu den Sensoren und Aktuatoren, welche für die Lageregelung benötigt werden, bereit. Das Lageregelungssystem besitzt vier Sensorarten. Dies sind ein Magnetfeldsensor, zwei Sonnensensorsysteme mit jeweils zwei Sensorköpfen als nichtintelligente Sensoren welche über eine A/D-Schnittstelle an den zentralen Steuerrechner angeschlossen sind. Desweiteren ein Lasergyroskop und zwei Sternensensoren als intelligente Sensoren. Das Lasergyroskop ist über ein Bussystem mit dem zentralen Steuerrechner gekoppelt und sendet im Betrieb alle 5 ms ein Datenpaket mit Informationen zur Rotation des Satelliten, welche durch das Lageregelungssystem zu 500 ms Zyklen verdichtet werden. Die Sternensensoren sind über zwei Bussysteme mit dem zentralen Steuerrechner verbunden. Das Lageregelungsystem steuert die Sternensensoren über zwei Zustandsmaschinen zeitgenau und fragt zyklisch die Lageinformationen von den Kameras ab. Als Aktuatoren stehen vier Reaktionsräder in einer tetrahischen Anordnung und ein Magentspulensystem mit sechs Magnetspulen zur Verfügung, welche über zwei Bussysteme mit dem zentralen Steuerrechner gekoppelt sind. Die unterste Schicht bestimmt aus den durch die Schicht Estimation Prediction Control berechneten Drehmomenten die notwendige Kommandierung an die Aktuatoren und führt die zeitgenaue Kommandierung und die Ermittlung der Zustanddaten der Aktuatoren durch. Für die Kommunikation mit Sternensensoren und Aktuatoren über zwei Bussysteme stellt die unterste Schicht ein fehlertolerantes Redundanzprotokoll bereit.
Projektstatus
Der Bird-Satellit wurde am 22.10.2001 um 04:53 UTC an Bord einer indischen PSLV-C3 Rakete vom SHAR Centre in Sriharikota zusammen mit dem den ESA-Satelliten Proba und dem indischen Satelliten TES erfolgreich gestartet. Das Lageregelungssystem arbeitet seit dem Start wie vorgesehen ohne größere Zwischenfälle. Bei durch schlechtes Weltraumwetter verursachten Störungen wird der Satellit durch den Safe-Mode des Lageregelungssystem wie vorgesehen mit den Solarpaneelen zur Sonne ausgerichtet um den weiteren Betrieb sicher zu stellen. Der Bird-Satellit befindet sich zur Zeit im normalen Betrieb und wird durch das GSOC in Oberpfaffenhofen und die DLR-Einrichtung Optische Informationssysteme in Berlin betreut. Notwendige Änderungen an der Lageregelungssoftware zur Erhöhung der Lagegenauigkeit werden von der DLR Simulations- und Softwaretechnik unterstützt und das Konfigurationsmanagement für die Lageregelungssoftware durchgeführt.
Projektpartner
DLR Optische Informationssysteme (ehemals: Institut für Weltraumsensorik und Planetenerkundung)
Laufzeit
01.03.2000 - 31.12.2002
Informationen
Bird-Homepage
Veröffentlichungen