Solare Energie kann nicht nur für die Stromerzeugung in Form von konzentrierter Strahlung verwendet werden, sondern auch Wärme für chemische Reaktionen bereitstellen. Im Institut für Solarforschung werden zu diesem Zweck besonders sogenannte Redoxsysteme erforscht. Ziel ist hierbei die chemische Speicherung solarer Wärme und die solare Produktion von Brennstoffen, sogenannten Solar Fuels.
Was sind Redoxsyteme?
Als Redoxsytem bezeichnet man ein Material oder eine chemische Substanz, die zwischen einem reduzierten (sauerstoffarmen) und einem oxidierten (sauerstoffreichen) Zustand wechseln kann. Diese Eigenschaft wird im einfachsten Fall in einem zweistufigen Kreisprozess ausgenutzt, der im folgenden Schema für den Fall der Wasserspaltung mit Metalloxiden (MO) dargestellt wird.
Beim Hochtemperaturschritt, der Reduktion, gibt das Redoxmaterial Sauerstoff (O2) ab. Typischerweise findet die Reaktion bei Temperaturen von 1200 bis 1500°C statt. Es handelt sich dabei um eine endotherme Reaktion – die Reaktion benötigt Wärme, die in Form konzentrierter Solarstrahlung hinzugeführt wird. Beim zweiten Reaktionsschritt, der Oxidation, die typischerweise bei Temperaturen von 600 bis 1000°C abläuft, wird das reduzierte Metalloxid Mred durch Wasserdampf (H2O) oder Kohlenstoffdioxid (CO2) oxidiert – Sauerstoff wird abgegeben und in das Material eingebaut. Als Produkte entstehen die Gase Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO) als sogenannte Solar Fuels, die zum Beispiel in Brennstoffzellen Verwendung finden oder von der chemischen Industrie zu Chemikalien oder flüssigen Brennstoffen weiterverarbeitet werden können. Während der Oxidation wird außerdem ein Teil der Wärme frei, die vorher für die Reduktion benötigt wurde. Man spricht von einer exothermen Reaktion.
Solche Redoxsysteme ermöglichen es also, solare Energie langfristig in einem transportablen Brennstoff zu speichern. Dies ist besonders interessant für die Entkopplung der Verbraucher von der lokalen Verfügbarkeit solarer Energie. Folglich können Solar Fuels mit dieser Technologie in sonnenreichen Regionen produziert und anschließend in sonnenärmere Regionen transportiert werden.
Aktuelle Forschungsarbeiten
Ein Schwerpunkt der aktuellen Forschung betrifft die Entwicklung und Optimierung des Redoxmaterials. Als äußerst aussichtsreicher Kandidat hat sich Ceroxid CeO2 erwiesen, das in großem Umfang Sauerstoff ein- und auslagern kann. Die Eigenschaften lassen sich durch den Einbau von anderen Elementen – dem sogenannten Dotieren - entscheidend verbessern. Die durch das Dotieren hervorgerufenen Veränderungen, wie etwa der Einfluss auf die Sauerstoffaufnahme des Materials, werden im folgenden Foto verdeutlicht.
Ziele der aktuellen Forschung sind neben der Effizienzsteigerung durch eine höhere Aktivität des Materials, auch die Verbesserung von dessen Langzeitstabilität und die Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit. Diese Arbeiten laufen parallel unter dem Dach des CeraStorE® in enger Abstimmung mit den Wissenschaftlern des Institutes für Werkstoffforschung zusammen. Das Thermochemielabor bietet hierfür die nötige Infrastruktur.
Alternativ zur Nutzung von Redoxsystemen auf der Basis von Metalloxiden werden auch Prozesse untersucht, die Schwefelsäure in Schwefeldioxid endotherm spalten. Schwefeldioxid lässt sich zum Beispiel in wässriger Lösung elektrolysieren und so zur solaren Wasserstoffproduktion nutzen, was zu Wirkungsgradvorteilen gegenüber der Elektrolyse von Wasser führt.
Neben der Produktion von Solar Fuels ist in den letzten Jahren auch die Verwendung von Redoxsystemen für die flexible Speicherung von solarer Wärme in den Fokus gerückt. Dabei wird der Oxidationsschritt statt mit Wasserdampf oder Kohlenstoffdioxid einfach mit Luft durchgeführt. Der in der Luft enthaltene Sauerstoff dient dabei als Oxidationsmittel. Während der Oxidation wird Energie in Form von Wärme freigesetzt, die vorher während der endothermen Reduktion im Redoxmaterial gespeichert wurde. In dieser Konfiguration lassen sich Redoxsysteme als Wärmespeichermaterialien in CSP Kraftanlagen nutzen.
In einem sehr aktuellen Ansatz werden Redoxsysteme untersucht und entwickelt, bei denen nicht die Speicherung von Wärme im Mittelpunkt steht, sondern das Entfernen des Sauerstoffs aus der Luft. Übrig bleibt dann nämlich in erster Linie Stickstoff, der zusammen mit regenerativ hergestelltem Wasserstoff zur Ammoniaksynthese benutzt werden kann. Ammoniak wiederum wird in erster Linie zu Dünger weiterverarbeitet. Dieser Ansatz strebt also eine nachhaltige und CO2 neutrale Düngerproduktion aus den Ausgangsstoffen Wasser und Luft an, die mit Hilfe von solarer Energie umgewandelt werden. Diese visionäre Idee wurde 2014 mit dem ersten Platz des Wettbewerbs der Visionen im DLR ausgezeichnet.