Im Jahr 2050 werden voraussichtlich annähernd 70 % der Weltbevölkerung in städtischen Agglomerationsräumen leben. Neben dem E-Commerce der Haushalte sowie der Ersetzung von Lagerhaltung in der Industrie und im Einzelhandel ist im Güterverkehr zudem ein Trend hin zu immer flexibleren sowie kleinteiligeren Belieferungen festzustellen. Die Folge ist eine deutliche Zunahme von Fahrten kleiner und mittlerer Lastfahrzeuge mit entsprechenden Umweltbeeinträchtigungen und mit verhältnismäßig hohen Beeinträchtigungen der Verkehrsflüsse. Jedoch stellt eine moderne und nachfragegerechte Versorgung mit Logistikdienstleistungen einen wesentlichen Standortfaktor für die Wirtschaft einer Region dar.
In vielen deutschen Städten finden aktuell Diskussionen über die Effekte von Feinstaub- und Stickoxidemissionen statt. Die bereits häufig implementierten Durchfahrtsreglementierungen wie Feinstaubzonen haben eine hohe Verdrängungswirkung und führen zu selektiven Beeinträchtigungen der lokal ansässigen Wirtschaftsunternehmen und deren Lieferanten. Alternativ hierzu setzen einige Städte im Ausland auf die Erhebung von sogenannten Innenstadt-Mauten zur Verbesserung der Verkehrsflüsse und Reduktion der Emissionen.
Neben diesen beispielhaft genannten planerischen, regulatorischen und preislichen Eingriffen in den Transport- und Verkehrssektor werden zunehmend Moderationsverfahren unter Einbeziehung verschiedener betroffener Gruppen als eine wichtige Option zur Politikgestaltung und zur Verbesserung der Verkehrssituation angesehen.
Sowohl zur Planung und Wirkungsabschätzung der Maßnahmen als auch für die Moderationsverfahren werden Werkzeuge benötigt, die Effekte in der passenden räumlichen, sektoralen und zeitlichen Auflösung darstellen können.
Das im Aufbau befindliche Multiagentenmodell FreightTransportLab bildet verschiedene Akteure im städtischen Güterverkehr und deren Verhalten ab. Es erlaubt, den Versand, Transport und Empfang einzelner Sendungen und die daraus hervorgerufenen Fahrzeugbewegungen abzubilden. Den einzelnen Akteuren können modular verschiedene Verhaltensweisen und Präferenzen zugewiesen werden, die die Verkehrsnachfrage beeinflussen. Dabei spielen vor allem Optimierungsprozesse der Logistik bei gewerblichen Versendern, Empfängern und Transporteuren eine Rolle.
Das Modell baut auf dem Multiagentenmodell MATSim auf und nutzt die Tourenplanungsbibliothek jsprit. Darüber hinaus besteht eine lockere Ankopplung an das Simulationsmodell SUMO.
Mit dem Modell kann fallweise das Verkehrsnachfrageverhalten einzelner Branchen untersucht und die Auswirkungen von Politikmaßnahmen bzw. Innovationen abgebildet werden. Bisher wurden Fragestellungen aus dem Lebensmitteleinzelhandel und der KEP-Branche untersucht.