Artikel aus dem DLRmagazin 173: Mission Mars Express: 20 Jahre DLR-Kamera HRSC im Einsatz

Welch Schönheit!

Wenn die Jahreszeiten Bilder auf den Mars malen
Der einsetzende Frühling lässt die eisige Bedeckung der hohen südlichen Breiten sublimieren und zaubert diese fast schon impressionistische Landschaft.
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ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO

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Zwei Jahre nur sollte sie unseren Nachbarplaneten umkreisen: die Raumsonde Mars Express der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Daraus werden im Dezember 20 Jahre. Eines der sieben Experimente auf dem Orbiter ist die vom DLR gemeinsam mit der deutschen Industrie gebaute hochauflösende Stereokamera HRSC. Bis heute ermöglichen die von dem robusten Instrument aufgezeichneten Bilddaten wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse – von den Spuren, die Wasser und Eis zum Teil vor Milliarden Jahren auf dem Mars hinterlassen haben, bis hin zu der Entschlüsselung der rätselhaften Klimageschichte des Planeten und den aktuellen Veränderungen der Marslandschaften durch Wind und Wetter.

Mars – der Rote Planet
Das hier gezeigte Mosaik einer Hemisphäre des Mars zeigt in der Bildmitte das markante, 4.000 Kilometer lange Grabenbruchsystem der Valles Marineris und am linken oberen Bildrand die riesigen Vulkane der Tharsis-Aufwölbung mit dem höchsten Vulkan des Sonnensystems, Olympus Mons. Welch Schönheit, dieser Mars, der wegen seiner oxidierten eisenhaltigen Minerale auch als Roter Planet bezeichnet wird.
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ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO

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Aufnahme des Marsmonds Phobos
Die HRSC nutzt die Vorbeiflüge von Mars Express, um diesen Mond näher zu untersuchen. Die Herkunft der Marsmonde Phobos und Deimos ist allerdings bis heute nicht abschließend geklärt. Die Mission MMX (Martian Moons eXploration), die im September 2024 starten soll, hat die Aufgabe, die beiden Monde näher zu erkunden.
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ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO

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Am 2. Juni 2003, vor 20 Jahren, an einem herrlichen Sommertag, verfolgten gut zweihundert Augenpaare aus Wissenschaft, Technik, Raumfahrtmanagement und Medien in Berlin-Adlershof auf großen Monitoren den Beginn der ersten europäischen Mission zu einem anderen Planeten: Mars Express. Der Start im fernen kasachischen Baikonur verlief perfekt, die Erleichterung war groß, der Jubel dennoch gebremst. Zu präsent war noch die Enttäuschung nach dem Verlust von zwei DLR-Kameraentwicklungen für die russische Mission Mars 96, die im November 1996 wenige Stunden nach dem Start in den Pazifischen Ozean stürzte.

Bei der Ankunft am 25. Dezember 2003 sollte (fast) alles gut gehen, wieder mit einer DLR-Kamera an Bord. Dieses Mal bremste sich der Mars-Express-Orbiter, den alle Beteiligten nur MEX nennen, in eine Umlaufbahn um den äußeren Nachbarplaneten der Erde ein. Das zuvor abgetrennte britische Landemodul Beagle 2 kam zwar auf dem Mars an, sendete jedoch keine Daten. Aber alle sieben Experimente auf dem Orbiter funktionierten einwandfrei. Und, ein kleines technisches Wunder, sie tun es mit kleinen Einschränkungen noch heute, 20 Jahre und 25.000 Orbits später.

Vastitas Borealis
Dieser Klassiker der Mars-Express-Aufnahmen zeigt Wassereis am Boden eines Kraters in der Nähe des Mars-Nordpols. Der Einschlagskrater hat einen Durchmesser von etwa 35 Kilometer und liegt in der nördlichen Tiefebene Vastitas Borealis.
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ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO.

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Die ESA plante für die Mission eigentlich nur mit einem Marsjahr, knapp zwei Erdenjahren. Doch wie der berühmte VW-„Käfer“ ist der MEX unverwüstlich. Und mit ihm das am DLR entwickelte und nach wie vor in der Planetenforschung einmalige Kamerasystem HRSC. Das Akronym steht für „High Resolution Stereo Camera“. Die HRSC hat den Mars in den vergangenen zwei Jahrzehnten global in hoher Auflösung, in Farbe und in 3D erfasst – mit einer aus heutiger Sicht völlig veralteten, aber eben absolut zuverlässigen Technik.

Perspektivische Ansicht des Kraters Rabe
Ein dunkles Dünenfeld bedeckt den Boden des Einschlagskraters Rabe, welcher obendrein von Gruben und Aushöhlungen durchbrochen ist. An den Hängen der Gruben sind in dünnen, dunklen Linien die vulkanischen Aschelagen zu erkennen, aus denen das Dünenmaterial entspringt. In diesem kontrastverstärkten Bild wirken die eigentlich gräulich-schwärzlichen vulkanischen Sande bläulich.
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ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO.

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Das Berliner DLR-Institut für Planetenforschung plant die Aufnahmen der HRSC, betreibt ihren Einsatz und verarbeitet gemeinsam mit der Freien Universität Berlin die mit neun Sensoren gescannten Bilddaten der Marsoberfläche zu hochwertigen Datenprodukten. Diese ermöglichen erstmals auch die Quantifizierung geologischer Prozesse und Formenschätze auf dem Mars. Auch werden die topografischen Daten von der NASA für die Auswahl von Landestellen genutzt – ein für die Wissenschaft und Raumfahrt unvergleichlich wertvoller Datensatz. Darüber hinaus diente Mars Express, wenn erforderlich, für alle Landemissionen der NASA und Chinas als fliegende Funkstation für die Kommunikation mit der Erde. Das wird vorerst auch so bleiben. Die ESA hat die Mission bis Ende 2026 verlängert – mit einem offenen Hintertürchen für eine nochmalige Verlängerung bis Ende 2028. So lange hat nicht einmal jeder „Käfer“ durchgehalten!

Das Gebiet Hydraotes Chaos
Erstmals fotografiert wurde das Gebiet Hydraotes Chaos während des 18. Orbits von Mars Express, wurde im Januar 2004 der Öffentlichkeit präsentiert. Seither wurde das Labyrinth aus über 2.000 Meter hohen Tafelbergen immer wieder von der DLR-Stereokamera erfasst.
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ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO.

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Olympus Mons
Digitales Geländemodell von Olympus Mons, dem höchsten Berg unseres Sonnensystems (Die Farben zeigen von Blau nach Grau ansteigende Höhen an). An seiner Basis hat der Riesenvulkan einen Durchmesser von etwa 600 Kilometer. Neben der blau gefärbten Tiefebene Amazonis Planitia im Westen erhebt sich der Vulkangigant über 22 Kilometer in die Höhe.
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ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO.

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Ein Beitrag von Ulrich Köhler aus dem DLRmagazin 173

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Ulrich Köhler

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
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Julia Heil

Redaktion DLRmagazin
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