Hybridraketentriebwerke stellen eine vielversprechende Alternative zu den im Raumtransport heutzutage primär eingesetzten Feststoff- und Flüssigraketentriebwerken dar. Durch den Einsatz von festen Brennstoffen und flüssigen Oxidatoren vereinen sie die Vorteile beider konventioneller Systeme, wodurch Raumfahrzeuge kostengünstiger und sicherer werden können. Aufgrund des vergleichsweise einfachen Aufbaus, der Möglichkeit der Schubregelung sowie der treibstoffbedingt erhöhten Betriebssicherheit und Umweltverträglichkeit, sind sie unter anderem für den Einsatz als Oberstufentriebwerk in kleinen und mittleren Trägersystemen, in Höhenforschungsraketen, als Triebwerke in Lander-Systemen sowie für den Weltraumtourismus geeignet. Etliche Nachteile, die in der Vergangenheit einen kommerziellen Einsatz dieser Triebwerke verhindert haben, lassen sich heute durch ein besseres Verständnis des Abbrandprozesses sowie durch den Einsatz innovativer Brennstoffzusammensetzungen und moderner Fertigungstechniken beheben. Aufgrund der starken Wechselwirkungen zwischen dem Multiphasenverbrennungsprozess und dem Abbrandverhalten des festen Brennstoffes, stellt die Skalierbarkeit von Laborversuchen auf Triebwerke größerer Schubklassen nach wie vor eine große technologische Herausforderung dar.
Um dieser Problematik zu begegnen, entwickelt und validiert die Abteilung Raumfahrzeuge des Instituts für Aerodynamik und Strömungstechnik die Software AHRES (Advanced Hybrid Rocket Engine Simulation), die den optimierten Entwurf eines kompletten Hybridraketentriebwerks innerhalb von 100 Tagen ermöglicht. Außerdem ermöglicht AHRES zukünftig auch die Analyse und Auslegung von Feststoffraketentriebwerken. Seit 2008 sind in diese Entwicklung Ergebnisse aus mehreren DLR-Projekten und -Vorhaben eingeflossen. Aktuell wird die Entwicklungsarbeit im Rahmen des Querschnittsprojektes SimBaCon fortgesetzt.
Die Validierung der AHRES-Software erfolgt durch vielfältige numerische und experimentelle Analysetechniken. Vergleichsrechnungen werden mittels CFD-Simulationen (Computational Fluid Dynamics) unter Berücksichtigung aller relevanten strömungsmechanischen und verbrennungsdynamischen Prozesse unter Einsatz einer eigens für diesen Zweck entwickelten Variante des DLR-Strömungslösers TAU durchgeführt. Dabei wird auch der lokale Abbrandprozess des festen Brennstoffes als wichtiger Prozessparameter in Feststoff- und Hybridraketentriebwerken simuliert und dessen Einfluss auf den Gesamtprozess berücksichtigt. Darüber hinaus steht auf dem DLR-Versuchsgelände am Standort Trauen ein institutseigener Triebwerksprüfstand zur experimentellen Validierung zur Verfügung. Diese speziell für den hochenergetischen Oxidator Wasserstoffperoxid (H2O2) ausgelegte Anlage ermöglicht Versuche mit Hybridraketentriebwerken von 150 bis 15.000 Newton Schub bei bis zu 60 Sekunden Betriebszeit. Der Einsatz modernster Messtechniken (u.a. Pyrometrie, Hochgeschwindigkeitsbildaufnahmen, Piezodruckmessung, Ultraschallregressionsmesstechnik) sowie verschiedener Versuchstriebwerke (AHRES, ARIEL, VISERION) erlaubt die Analyse aller relevanten Prozessparameter, die für ein tiefgreifendes Verständnis der Abbrandprozesse und somit zur Validierung der AHRES-Software erforderlich sind.