Flugzeugkonzepte mit grenzschichteinsaugenden Antrieben ermöglichen wahrscheinlich eine deutliche Reduktion des schubspezifischen Verbrauchs bei gleicher Triebwerksgröße und –Masse. Durch das Einsaugen von Fluid mit reduziertem Totaldruck erfährt der Fan auch bei stationären Flugzuständen eine inhomogene und damit der Rotor eine periodisch variierende Zuströmung. Die daraus resultierende Betriebspunktverschiebung führt zu einer Verminderung des Fanwirkungsgrades, die einen Teil der Verbrauchsreduktion aufzehrt. Ein Fandesign für eine solche Konfiguration muss somit auf eine Minimierung dieser destruktiven Interaktionseffekte abzielen.
Abbildung: Fan bei inhomogener Zuströmung (links). Lokale Betriebspunkte am Umfang des Rotors (rechts).
In 1 ist auf der linken Seite eine Fankonfiguration dargestellt, die in einer Anströmung mit variierendem Totaldruck operiert. Aus den variierenden lokalen Betriebspunkten am Umfang resultiert dabei eine globale Betriebspunktverschiebung (Abbildung 2.2-14 rechts). Da die Einströmbedingungen für die einzelnen Passagen des Fanrotors zeitabhängig sind, erfolgt die Modellierung der Strömungsphänomene typischerweise mit einer Vollkranz-uRANS-Simulation. Als Alternative zu diesen sehr aufwendigen Simulationen (>100 kCPUh) wurde der Harmonic-Balance-Ansatz (<5 kCPUh) etabliert. Um Strömungseffekte der einzelnen Passagen bei der Interaktion mit inhomogener Zuströmung detailliert zu untersuchen, wurde zudem ein auf Stromröhren basierendes Postprocessing entwickelt. Basierend auf diesen ersten Studien und deren Ergebnissen ist das Ziel der aktuellen Arbeiten eine Auslegungsstrategie für einlaufstörungstolerante Fans zu entwickeln. Als erster Schritt zur Exploration des Designraums wurde für 12 Fans mit unterschiedlichem Designdruckverhältnis und verschiedenen Meridionalmachzahlen vor dem Rotor die Interaktion mit einer einlaufenden Rumpfgrenzschicht untersucht. Die Fanperformance zeigt im Parameterraum deutliche Trends mit klaren Extremwerten. Dabei verschieben sich Massenstrom und Wirkungsgrad hin zu niedrigeren Werten, während sich das Druckverhältnis für alle Konfigurationen erhöht.
Abbildung: Relative Änderungen des Totaldruckverhältnisses infolge inhomogener Zuströmung im Parameterraum.
Das Design von einlaufstörungstoleranten Fans erfordert eine Simulationsmethode mit kurzer Durchlaufzeit. Als Ansatz für eine solche Methode wurden die Resultate der Vollkranz-uRANS-Simulationen dazu verwendet das Through-Flow-Verfahren ACDC für Simulationen mit Einlaufstörung zu kalibrieren. Der Through-Flow-Ansatz erfordert aufgrund der inhärenten Umfangsmittelung jeweils eine Rechnung für jede Umfangsposition. In der obigen Abbildung sind für zwei Fans, ein Fan mit niedrigem (blau) und ein Fan mit hohem (rot) Designtotaldruckverhältnis, radiale Verteilungen des Totaldruckverhältnisses außerhalb (A - links) und innerhalb (B - rechts) der Totaldruckstörung dargestellt. Der gewählte Ansatz gibt die Performance beider Fans für verschiedene Kenngrößen in guter Übereinstimmung mit der hochwertigen Simulation wieder und erlaubt somit Designstudien mit geringem Rechenaufwand. Weiterführend werden mit diesem Verfahren Studien zum Einfluss verschiedener Designparameter durchgeführt.
Radiale Verteilungen des Totaldruckverhältnisses (Π) außerhalb (A) und innerhalb (B) der Totaldruckstörung für einen Fan mit niedrigem (blau) und einen Fan mit hohem (rot) Designtotaldruckverhältnis.
Die Ergebnisse dieser Fan- und Integrationsstudien fließen in die Bewertung des Gesamtsystems ein. Nur so kann der Einfluss der Einlaufstörung auf den Kreisprozess und damit den Missionskraftstoffverbrauch betrachtet werden. Hierzu wird gemeinsam mit der Abteilung Triebwerk eine Kopplung zwischen GTLab und TRACE verwendet, um das Fankennfeld bei inhomogener Zuströmung zu skalieren.
Für weiter steigende Nebenstromverhältnisse klassischer Triebwerke wird die isolierte Betrachtungsweise des Fanmoduls zukünftig ebenfalls nicht mehr ausreichend sein. Die aufgrund des wachsenden Außendurchmessers bei Ultrahochbypasstriebwerken zunehmenden Strömungsverluste und Gondelmassen lassen sich nur durch kürzere Gondeln kompensieren. Hierbei ist die zunehmende Querwindempfindlichkeit des Fans durch die kürzere Einlaufstrecke einer der limitierenden Faktoren.
Das Ziel der Arbeiten in diesem Kontext ist die systematische Beschreibung und Klassifizierung von Einlaufstörungen und die Bewertung des Einflusses der Einlaufstörungen auf den Fan. Nachdem mit dieser Methodik aktuelle Fans bewertet worden sind, werden die dabei gewonnen Erkenntnisse auf alternative Integrationsszenarien zukünftiger Hochbypasstriebwerke übertragen und ein effizienter und einlaufstörungstoleranter Ultrahochbypassfan zur Integration in zukünftige Flugzeuge entwickelt.
Als reales Beispiel für eine Einlaufstörung dient dabei die Bildung eines bodeninduzierten Einlaufwirbels beim Beschleunigen eines Flugzeugs während des Starts. Bei diesem Vorgang wird die aerodynamische Grenzschicht des Bodens vom Triebwerk eingesaugt und rollt sich zu einem Wirbel im unteren Bereich des Triebwerkseinlaufs auf. Da eine solche Einlaufstörung an heute existierenden Flugzeugen auftritt, kann sie mit Hilfe moderner Lasermesstechnikverfahren im Detail charakterisiert werden. Gleichzeitig ähnelt sie den zu erwartenden Einlaufstörungen bei integrierten Triebwerken, da in beiden Fällen die Einlaufstörung aus dem Einsaugen einer aerodynamischen Grenzschicht entsteht. Abbildung 1 zeigt die Visualisierung eines solchen Einlaufwirbels. Interagiert ein Triebwerksfan mit einer solchen Einlaufstörung, erfährt jede Fanschaufel beim Durchgang durch den Einlaufwirbel eine transiente Änderung der Zuströmung. Durch aerodynamische Interaktion ergibt sich so auch ein transienter Schubanteil der Schaufel. In Abbildung 2 ist eine solche Schubschwankung für alle Schaufeln des Fans dargestellt (Phasenlage der einzelnen Schaufeln korrigiert).
Die hier gezeigten Ergebnisse wurden im DLR-internen Projekt Samurai am Forschungsflugzeug ATRA, einem Airbus A320 mit integriertem V2500 Triebwerk, erarbeitet. Sie dienen als Referenzergebnisse zur Bewertung der Fanperformance unter einlaufinduziert gestörter Zuströmung für ein Niedrignebenstromtriebwerk mit konventioneller Integration.
Abbildung 1: (links) Bodeninduzierte Einlaufstörung visualisiert durch Wirbelstärkeverteilung in der Einlaufebene und Stromlinien aus der Bodengrenzschicht (Stromlinien eingefärbt mit lokaler Wirbelstärke), (rechts) Zeitabhängiger Schub jeder Einzelschaufel während einer vollen Umdrehung (jeweils phasenkorrigiert); Simulationsergebnisse für ein V2500 Triebwerk installiert am DLR-Forschungsflugzeug ATRA (DLR-Projekt Samurai).
Ausgewählte Publikationen:
Trailovic, A., Schönweitz, D. und Schnell, R.: Simulation and Analysis of the Flow Field Around a Jet Engine Intake, DLR-IB-325-01-13, Januar 2013
Schnell, R., Ebel, P.-B., Becker, R. G. und Schönweitz, D.: Performance Analysis of the Integrated V2527-Engine Fan at Ground Operation, 13th Onera DLR Aerospace Symposium ODAS, Palaiseau, May 2013
Schönweitz, D., Trailovic, A. und Schnell, R.: Vortical Inflow Distortions in a Jet Engine Intake During Take-Off, 62. Deutscher Luft und Raumfahrt Kongress, 10.-12. September 2013, Stuttgart, 2013
Weitere Veröffentlichungen finden Sie in der Veröffentlichungsliste der Abteilung Fan und Verdichter.