Raumfahrt | 03. November 2014 | von Jan Wörner

Eine sehr bewegte Zeit...

Philae landet auf dem Kometen
Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Das Landegerät Philae der Mission Rosetta setzt auf dem Kometen auf (Video-Still aus "Mission ins Ungewisse II – Der Kometenlander Philae").

"If everything is under control you are just not (driving) fast enough", dieses Zitat wird vielen zugeschrieben, beispielsweise auch dem Rennfahrer Stirling Moss. Mir dient es in diesen Tagen als kleine Beruhigung in einer durch viele unterschiedliche Themen geprägten und mich sehr beanspruchenden Zeit: Zum einen gilt es, die strategische Ausrichtung des DLR, die im Sommer veröffentlicht wurde, weiterzuentwickeln und vor allem die noch fehlenden Teile, insbesondere die Ausrichtung der verschiedenen fachlichen und strukturellen Bereiche, zu diskutieren und formulieren. Darüber hinaus sind die Konsequenzen auf organisatorischer Ebene, die "Governance", zu betrachten. Parallel zu diesen wichtigen internen Arbeiten benötigen die externen Aktivitäten die volle Aufmerksamkeit und das zugehörige Engagement.##markend##

Zu den externen Aktivitäten gehören im Moment Themen wie die ISS-Mission "Blue Dot" von Alexander Gerst, die bevorstehende Landung von Philae auf dem Kometen 67P, die "endgültige" Landung des Parabelflugzeugs in Köln, aber eben auch Aspekte rund um die ESA. Während die ersten drei Bereiche einfach Freude, Begeisterung und Spannung in angenehmster Weise verbinden, ist das Thema "ESA" durchaus dazu geeignet, schlaflose Nächte zu erzeugen: Die Vorbereitungen zur ESA-Ministerkonferenz laufen leider noch nicht so, dass man sicher sein kann, dass es in Luxemburg zu Beschlüssen kommt, die zufriedenstellend sind. Sowohl bei den Trägerraketen als auch bei der Frage der Zukunft der Internationalen Raumstation treffen sehr unterschiedliche Vorstellungen der verschiedenen ESA-Mitgliedsstaaten, allen voran Deutschland und Frankreich, aufeinander. Es wäre sicherlich nicht vernünftig, das gerne geübte Spiel "Gibst Du mir, gebe ich Dir" als Grundlage für die Verhandlungen zu planen. Raumfahrt eignet sich nicht zum Basarhandel. Vielmehr müssen Lösungen gefunden werden, die die verschiedenen Interessen der Mitgliedsstaaten in bestmöglicher Weise miteinander verbinden und erfüllen. In diesem Sinn haben wir Vorschläge eingebracht. Wir werden in den nächsten Wochen sehen, ob es zu gemeinsam getragenen Lösungen kommt oder ob die letzte Ministerratskonferenz während der Amtszeit des aktuellen Generaldirektors Jean-Jacques Dordain zu einem heftigen Misserfolg der gesamten ESA wird. Damit ist ein weiteres Thema angesprochen: Die Wahl des nächsten Generaldirektors. Ich habe in Abstimmung mit der Bundesregierung meine Unterlagen eingereicht und stelle mich damit dem Wettbewerb. Die Profile der noch in Diskussion befindlichen Kandidaten sind sehr unterschiedlich, die Wahlentscheidung wird daher auch eine Entscheidung über die weitere Entwicklungsperspektive der ESA sein. In einer Zeit, in der sich der Paradigmenwechsel in der Raumfahrt zu mehr Kommerzialisierung nicht verleugnen lässt, ist die Positionierung der Agenturen auf nationaler und europäischer Ebene von besonderer Spannung.

Ich sehe das Verfahren aber auch unter der persönlichen Beurteilung, dass ich derzeit ein Amt bekleiden darf, das es weltweit kein zweites Mal gibt. Ohne ins Detail gehen zu wollen, will ich sagen, dass alles eine Frage der Balance von Verantwortung und persönlicher Befriedigung ist.

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Über den Autor

Im Jan-Wörner-Blog bloggte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich "Jan" Wörner, selbst. Seit dem 1. Juli 2015 ist er Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA. zur Autorenseite