Luftfahrt | 28. Juni 2018 | von Johann Dauer

Der unbemannte Hubschrauber superARTIS auf humanitärer Mission in der Dominikanischen Republik

Credit: © DLR
Gespräche mit lokalen Stakeholdern wie dem Roten Kreuz und Identifizierung möglicher Missionen für die Simulation humanitärer Einsätze.

Am vergangenen Wochenende reiste ein Team bestehend aus Mitarbeitern von Wings for Aid und dem DLR in die Dominikanische Republik (DR), um unbemannte Luftfahrzeuge (UAS - Unmanned Aircraft System) im Einsatz für humanitäre Hilfeleistung zu testen. Die Auslieferung von Einwegboxen mit 20 Kilogramm Hilfsgütern und deren sicherer Abwurf am Ziel mit dem unbemannten Hubschrauber superARTIS hat das Team wochenlang geplant und soll nun vor Ort getestet werden.##markend##

Am Samstag erreicht das Team Santo Domingo. superARTIS hat Deutschland bereits eine Woche zuvor verlassen und wartet beim Zoll auf uns. Das DLR-Team - Jan Binger, unser Bediener der Bodenstation, Jörg Rößner, unser Sicherheitspilot und ich, Johann Dauer, als Flugversuchsleiter - ist gespannt, wie unser Helikopter zusammen mit den Einwegboxen funktionieren wird. Die Boxen haben Barry Koperberg und sein Team von Wings for Aid für humanitäre Einsätze entwickelt. In Deutschland haben wir bereits Versuche mit den Boxen und superARTIS durchgeführt. Dennoch wird sich in den folgenden Tagen herausstellen, dass die Simulation unter realistischen Bedingungen eine große Herausforderung darstellt.

Nach der Ankunft vervollständigen wir unser Team mit Mitarbeitern unseres Projektpartners vor Ort, dem UN World Food Programme (WFP).

Rückblick: Mai 2018

Barry und ich waren im Mai als Wegbereiter für das Projekt hier in der DR. Wir trafen wichtige Interessensträger, wie die Behörde für zivile Luftfahrt, IDAC, das Rote Kreuz und das Center of Emergency Operations (COE). Wir besuchten außerdem mögliche Standorte für die Simulation des Nothilfeeinsatzes. In dieser Zeit erstellten wir eine umfangreiche To-Do-Liste, deren Abarbeitung ein ambitioniertes Ziel für nur vier Wochen Vorbereitungszeit war. Einen Teil dieser To-Do-Liste übernahm das gewissenhafte Team des WFP.

Credit: © DLR
superARTIS und die Box werden für den Einsatz vorbereitet.

Bei unserer Ankunft ist alles vorbereitet, alle lokalen Interessensträger beteiligt und koordiniert und notwendige Ausrüstung beschafft. Nur zwei Dinge sind noch zu erledigen, bevor wir endlich das tun können, wofür wir gekommen sind - Fliegen. Den Hubschrauber vom Zoll abzuholen und den Treibstoff Jet A1 zu beschaffen, wirkte zuerst einfach. Es stellt sich allerdings schnell heraus, dass uns diese "Kleinigkeiten" mehr als einen Tag unseres engen Zeitplans und einige Nerven kosten.

Am Mittwoch kommen wir endlich in Jimani an, einer kleinen Siedlung in der Nähe der Grenze zu Haiti. Es ist eine lange Fahrt,  die aber die verschiedenen Kooperationspartner von WFP, IDAC und COE schnell zu einem Team zusammenschweißt. Für die Unterstützung von Leonor von der IDAC sind wir besonders dankbar. Sie hilft uns unentwegt mit Übersetzungen und bringt wertvolle Erfahrungen in der Projektbegleitung bei Experimenten mit UAS vor Ort mit. Am Donnerstag können wir schließlich unsere Ausrüstung zum ersten Mal aufbauen und unsere Versuche beginnen. Unser Ziel ist es, den Ort Nuevo Boca de Cachon mit Hilfsgütern zu versorgen, der sechs Kilometer jenseits des Salzsees Enriquillo liegt. In der Vergangenheit trat dieser See über die Ufer und hat Siedlungen von lebensnotwendigen Gütern abgeschnitten. Wie gewohnt starten wir mit den Vortests. Wir sind die ersten, die  Lasten in dieser Größenordnung von einem UAS außerhalb der Sichtweite abwerfen werden. Umso wichtiger ist es uns, die Missionen so sicher wie möglich durchzuführen. Diese Vorbereitung kostet Zeit. Aufgrund der Verzögerung durch den Zoll und die Beschaffung des Treibstoffs haben wir die allerdings nicht, uns bleiben nur zwei Tage.

Credit: DLR (CC-BY 3.0)
Blick auf den Standort unserer Mission. Sechs Kilometer geradeaus und jenseits des Sees liegt das Ziel für die Hilfsgüter.

Zu allem Überfluss schlägt das Wetter abends um. Jedes Mal, wenn wir gerade einen wichtigen Test als Meilenstein ausführen wollen, kommt starker Wind auf und verhinderte den Aufstieg des Hubschraubers. Es ist nicht möglich, die verlorene Zeit aufzuholen. Dementsprechend ist die Stimmung am Freitagabend bei allen Beteiligten angespannt. Ursprünglich sollte am folgenden Tag gepackt und nach Santo Domingo zurückgekehrt werden. Der Wetterbericht sieht für den nächsten Morgen auch nicht gut aus - ein starkes Unwetter zieht auf uns zu. Das Team hält zusammen und beschließt besonders früh aufzustehen und auf einen günstigen Zeitpunkt vor dem Unwetter zu hoffen. Keiner von uns vermag sich mit dem Gedanken anzufreunden, mit unvollendeter Mission heimzufahren. "Mission first", wie Barry immer sagt.

Credit: DLR (CC-BY 3.0)
Erfolgreich ausgelieferte Hilfsgüter.

Wir stehen also sehr früh auf, viel zu früh für viele von uns, und prüfen zunächst den Himmel. Trotz der Dämmerung sieht man schon, wie dunkle Wolken heraufziehen. Wir beeilen uns, bauen alles auf, räumen das Abwurfgebiet und beginnen mit den Missionen. Das Wetter hält, der Hubschrauber macht sich auf den Weg und erreicht plangemäß sein Ziel. Die Mission ist erfüllt: die Boxen mit High Energy Biscuits (HEB) und Progresina, einer Nahrungsergänzung, werden sicher ausgeliefert. Alle Beteiligten sind begeistert von dem erfolgreichen Verlauf der Mission. Kaum dass wir auf dem Weg nach Santo Domingo sind, erreicht uns das Unwetter. Das Team ist sehr stolz und die Anstrengungen der letzten Tage sind vergessen. Wir sind wieder auf Kurs und können es kaum erwarten, in diesem unvorhersehbaren Land noch weitere Testflüge durchzuführen.

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Über den Autor

Johann Dauer ist fasziniert von den Möglichkeiten, die neue Technologien der zivilen unbemannten Luftfahrt mit sich bringen. Seit 2008 forscht er am DLR-Institut für Flugsystemtechnik in Braunschweig an unbemannten Luftfahrzeugen (Unmanned Aircraft Systems, UAS) und deren Anwendungsbereichen. zur Autorenseite

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