Raumfahrt | 28. Februar 2023 | von Dirk Heinen

TRIPLE-IceCraft-Expedition in die Antarktis: Erste Funktionstests der Sonde – Teil 3

Quelle: DLR/RWTH Aachen/Dirk Heinen
Blick von der Neumayer-Station auf unseren Container, die Antennenkuppel (Radome) und das Flugzeug Polar 5

Der siebte Tag unserer Antarktisexpedition zum Test der Schmelzsonde TRIPLE-IceCraft startet für mich und alle Neuankömmlinge in unserem abgesonderten Aufenthaltsbereich: Zusammen mit dem Stationsarzt und -leiter steht der gemeinsame Coronatest an. Alle Neuankömmlinge sind negativ! Die Isolation und das Maske tragen sind vorbei! Abends wird in der gesamten Runde angestoßen, um auch die alte Besatzung der Neumayer III kennenzulernen.##markend##

Wir starten den Arbeitstag mit einem kurzen Fußweg zum Container, in dem sich die Schmelzsonde TRIPLE-IceCraft befindet. Dort angekommen, entfernen wir die Schneeverwehungen des Sturms vom Vortag. Dank der dichten Trennwände unseres Containers konnte kein Schnee ins Innere gelangen. Wir starten mit dem Öffnen der Schmelzsonde, um die wissenschaftlichen Nutzlasten, bestehend aus einem Kameramodul und einer akustischen Vorfelderkundung, einzubauen. Dafür wird das vorderste Modul der Sonde demontiert.

Quelle: TRIPLE-IceCraft, GSI GmbH/RWTH Aachen
Testaufnahme des Kameramoduls: Bei diesem Bild ist der Fokus auf den Außenradius der Schmelzsonde gestellt. Das ermöglicht später Aufnahmen direkt vom Eis im Schmelzkanal. Zu sehen ist ein Teil des AWI-Logos von unserer Polarkleidung.

Das Kameramodul wurde zusammen mit einem Transportlogger in einer Transportbox per Luftfracht mitgebracht. Nachdem wir das Kameramodul aus der Box entnehmen, werden die Daten des Loggers ausgelesen. Aus einer Reihe von Funktionstests der drei Kameras, der zugehörigen Datensysteme und Beleuchtung lässt sich feststellen, dass das Modul trotz einiger starker Erschütterungen und Schocks den Transport unbeschadet überstanden hat. Alles funktioniert, und die Bilder werden in Echtzeit auf unsere Überwachungssoftware übertragen.

Da für den nächsten Tag wieder schlechtes Wetter vorhergesagt wird, wird alles am Ende des Tages komplett verschlossen und verstaut.

Quelle: TRIPLE-IceCraft, GSI GmbH/RWTH Aachen
Aufnahme des Kameramoduls der Sonde zum Test.

Weitere Funktionstests folgen

Die nächsten Tage verlaufen ähnlich wie der vorherige Tag. Wir bereiten das System zur Steuerung und Datenerfassung für die akustische Vorfelderkundung vor und testen auch dieses auf Transportschäden. Das Vorfelderkundungssystem kann Hindernisse vor der Sonde im Eis und den Übergang zwischen Eis und Wasser detektieren. Mit einem kleinen, externen Schallwandler führen wir einen Funktionstest in Luft durch. Dazu richten wir den Schallwandler in einer Entfernung von circa einem Meter auf eine Containerwand. Das System sendet ein Schallsignal aus, der Schall wird an der Containerwand reflektiert und dann wieder vom System detektiert.

Auch die Schmelzsonde TRIPLE-IceCraft wird sehr detailliert unter die Lupe genommen, damit mögliche Probleme nicht erst während des Einsatzes auffallen.

Die Schmelzsonde TRIPLE-IceCraft

TRIPLE-IceCraft besteht aus mehreren Modulen, die miteinander verschraubt sind. Insgesamt ist die Sonde circa vier Meter lang, 20 Zentimeter im Durchmesser und wiegt fast 300 Kilogramm. Das untere und das obere Modul haben jeweils sogenannte Schmelzköpfe, die durch Heizelemente erwärmt werden können, um Eis aufzutauen. Damit erreicht die Sonde eine Geschwindigkeit von mehreren Metern pro Stunde.

Quelle: TRIPLE-IceCraft, GSI GmbH/RWTH Aachen
Technische Zeichnung TRIPLE-IceCraft

Die größte Herausforderung bei der Konzeption der Sonde ist das Windensystem für das Versorgungskabel. Wenn sich die Sonde durch das Eis schmilzt, verdrängt sie das Schmelzwasser. Das Wasser sammelt sich hinter der Sonde und beginnt wieder zu gefrieren. Nach einiger Zeit friert auch das Versorgungskabel der Sonde fest, über das die Verbindung mit der Eisoberfläche gegeben ist. Um ein Steckenbleiben der Sonde zu vermeiden, wird das Kabel daher im Inneren der Sonde auf einer Spule implementiert. Die Spule fasst mehrere hundert Meter des Versorgungskabels und kann dies aus- und einspulen. Während der Fahrt nach unten wird der untere Schmelzkopf kontinuierlich erwärmt und das Kabel abgespult. Damit nach Abschluss der eigentlichen Explorationsmission die Sonde trotz des hinter ihr zugefrorenen Schmelzkanals wieder geborgen werden kann, hat die Sonde auch auf der Rückseite einen Schmelzkopf, und kann sich so durch motorgetriebene Wiederaufwicklung des Kabels auch vertikal nach oben „zurückschmelzen“.

Im Inneren der Sonde wird das Versorgungskabel mit Hilfe einiger Umlenkrollen über ein Treibrad geführt. Das Treibrad und das Versorgungskabel sind so maufeinander abgestimmt, dass die Lage des Kabels fixiert wird. Das Windensystem kontrolliert durch Drehen und Stoppen des Treibrads die Bewegung der Sonde. Hinter dem Treibrad, tiefer in der Sonde, wird das Kabel über verschiedene Umlenkrollen bis zu einer langen Spule geleitet. Die letzte Umlenkrolle vor der Spule befindet sich auf einer Führung und wird auf dieser hin und her bewegt, sodass bei der Bewegung der Spule das Kabel geordnet ab- und aufgespult wird. So können auch mehrere Lagen auf die Spule gewickelt werden. Verschiedene Kraftsensoren und Drehratensensoren überwachen das Windensystem und ermöglichen die Regelung.

Quelle: DLR/RWTH Aachen/Dirk Heinen
Die Kamera der Schmelzsonde

Das Versorgungskabel verfügt über zwei elektrische Leiter für die Energieversorgung und Kommunikation der Sonde. Zusätzlich hat das Kabel verschiedene Schichten zur elektrischen Isolation, zur mechanischen Beständigkeit und zur Reißfestigkeit, um das Gewicht der Sonde tragen zu können.

Damit die Außenwände der Sonde nicht festfrieren können, sind alle Wände mit Flächenheizungen ausgestattet. Mit Temperatursensoren werden alle Heizelemente, auch die der Schmelzköpfe, überwacht. Eine Temperaturregelung kontrolliert die Werte der Sensoren kontinuierlich, um eine Überhitzung und somit eine Beschädigung oder gar einen Verlust der Sonde zu vermeiden.

Das „Gehirn“ der Schmelzsonde ist ein Mini-Computer, der über eine interne Schnittstelle alle anderen Subsysteme überwacht, steuert und mit der Oberfläche kommuniziert. Um den Zustand der Sonde zu überwachen, befinden sich eine Vielzahl von weiteren Sensoren in der Sonde, zum Beispiel Neigungs-, Beschleunigungs- und Außendrucksensoren. Damit diese Komponenten vor Wasser und den Druck der Wassersäule geschützt sind, liegen sie in tonnenförmigen Druckkörpern. Nur Teile des Windensystems werden mit Schmelzwasser überflutet.

Zwischen dem unteren Schmelzkopfmodul und dem Windensystem können verschiedene wissenschaftliche Nutzlastmodule eingebaut werden. In unserem Test werden wir ein Kameramodul und auch ein akustisches Vorfelderkundungssystem nutzen, ähnlich einem Echolot.

Quelle: DLR/RWTH Aachen/Dirk Heinen
Die TRIPLE-IceCraft-Schmelzsonde auf der Schublade

Auch für die nächsten Tage haben wir viel vor. Wir werden die Nutzlastsysteme und alle Subsysteme der Schmelzsonde integrieren und testen.

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Über den Autor

Dr. Dirk Heinen erforscht Schmelzsonden und Navigationssysteme für diese Sonden. Schmelzsonden werden genutzt, um Gletscher und Eisschelfe zu durchdringen, zu explorieren und darunterliegende subglaziale Seen zu erreichen. Seit 2010 forscht er am III. Physikalischen Institut B der RWTH Aachen. In seiner Promotion arbeitete er an einem akustischen Lokalisierungssytem für die Schmelzsonde EnEx-IceMole, die im Rahmen der Enceladus-Explorer-Initiative "EnEx" der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR in Zusammenarbeit von sechs Hochschulen entwickelt wurde. zur Autorenseite