Luftfahrt | 08. November 2019 | von Georg Dietz

Von der Idee bis zum Takeoff – Die Vorbereitung eines HALO-Messfluges

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)

Egal wie viele Messflüge wir schon gemacht haben - kurz vor dem Start versammelt sich das gesamte Team vor dem Hangar und verfolgt gemeinsam den HALO-Takeoff. Bis man an diesen Punkt gelangt, ist allerdings eine tagelange Vorbereitung notwendig. Diese läuft bei der Mission SOUTHTRAC  immer nach einem festen Schema ab, damit ein möglichst reibungsloser und effizienter Ablauf der Flugvorbereitung sichergestellt wird. Die Vorbereitungen jedes Fluges nehmen vier Tage in Anspruch. Da meist jeden zweiten Tag ein Messflug stattfindet, laufen stets mehrere Flugplanungen parallel, was für alle Beteiligten eine komplexe Aufgabe darstellt. An dieser Stelle möchte ich die Chronologie der Abläufe vor einem Messflug vorstellen. ##markend##

Vier Tage vor dem Start

Quelle: DLR

Die Planung eines Messfluges beginnt mit einem meteorologischen Briefing der Wissenschaftler. Wettervorhersagen werden zusammengefasst und bewertet, mögliche Ziele und Flugrouten werden diskutiert. Eine Herausforderung ist, dass die Vorhersagemodelle über diesen Zeitraum recht ungenau sind. Es kann also sein, dass sich die gewünschte Situation später anders darstellt als erwartet.
 
Erscheint ein Flug vielversprechend, so wird anschließend ein Flugplan entworfen und bei unserer Flugplanerin vor Ort - Andrea Hausold -  eingereicht. Sie prüft den Plan auf Machbarkeit und stimmt notwendige Änderungen mit den Wissenschaftlern ab. Abschließend wird der Flugplan bei den Flugsicherungsbehörden aller überflogenen Länder eingereicht. Damit werden die grundlegenden Rahmenbedingungen des Fluges erstmals definiert.

Drei Tage vor dem Start

Nun werden in täglichen Meetings die meteorologischen Vorhersagen entlang der vorgeschlagenen Flugroute überprüft. Ist der Flug immer noch durchführbar? Sind Änderungen an den Wegpunkten oder Flughöhen notwendig? In dieser Phase treten die meisten Diskussionen auf. Aus Sicht der Wissenschaftler ist es wünschenswert den konkreten Flugplan so spät wie möglich festzusetzen, da hier die Vorhersagen genauer werden. Auf der anderen Seite sollten die Flugpläne frühestmöglich bei der Flugsicherung vorgelegt werden, weil diese den Flugplan genehmigen muss. Beiden Ansprüchen gerecht zu werden, ist nicht immer einfach.

Zwei Tage vor dem Start

Die Zeit für Diskussionen ist zwei Tage vor dem Start vorbei, denn jetzt muss der finale Flugplan eingereicht werden. Ab diesem Zeitpunkt sind keine wesentlichen Änderungen mehr möglich. Das Team der DLR Flugexperimente  erstellt nun detaillierte Zeitpläne für den geplanten Flug und beginnt mit der Organisation der notwendigen Logistik. Hierzu gehören beispielsweise die Bestellung des Treibstoffs beim Flughafen, die Koordination mit dem Hangarpersonal und den parallel laufenden Radiosondenaufstiegen sowie die Zusammenstellung und Einweisung der Besatzungsmitglieder, welche bei diesem Flug an Bord sein werden.

Ein Tag vor dem Flug  

Das Wetter wird am Vortag eines Messfluges final überprüft. Hierbei liegt der Fokus auf der Wettervorhersage am Boden. In Argentinien ist es aktuell recht kalt und immer sehr windig. Sollte es in der Nacht Frost geben, müssen für einige Instrumente Vorsichtsmaßnahmen eingeplant werden - zum Beispiel das Ablassen von Kühlwasser, um die Instrumente vor Beschädigungen zu schützen. Herrschen zu starke Seitenwinde, so müssen Start oder Landung unter Umständen etwas verschoben werden.
Nun beginnen auch die ersten Vorbereitungen an den Instrumenten. Einzelne Komponenten werden gewartet, Gasflaschen getauscht oder ausgewechselt. Das GLORIA Instrument, eine Entwicklung des Forschungszentrum Jülich und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), wird bereits jetzt fortlaufend mit flüssigem Stickstoff gekühlt. Andere Instrumente werden für den bevorstehenden Flug kalibriert.

Der Arbeitsbeginn am Flugtag

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)

Es wird ernst, die Taktung der Aufgaben nimmt deutlich zu. Ein Messflug am Tag ist für viele Mitglieder des SOUTHTRAC-Teams mit einem frühen Aufstehen verbunden, denn die ersten Arbeiten beginnen bereits fünf Stunden vor dem Abflug. Der Hangar wird geöffnet und die Instrumente im Flugzeug mittels einer Ground Power Unit, kurz GPU, mit Strom versorgt. Kurz darauf wird besprochen, welche finalen Arbeiten in den Instrumenten nötig sind;  die Vorbereitungsmaßnahmen beginnen.

Drei Stunden vor Abflug

Drei Stunden vor dem Start findet ein letztes Status-Meeting mit allen wissenschaftlichen Gruppen statt. Hier wird noch einmal der Status aller Instrumente geprüft und ein letzter Blick auf Route und Wettervorhersage geworfen. Das Meeting endet mit der sogenannten "Go/No-go decision": Es fällt die finale Entscheidung, ob der Flug wie geplant durchgeführt werden kann oder kurzfristig abgesagt werden muss.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)

Eine Stunde und 30 Minuten vor Abflug

Da die Messflüge mit circa 8,5 Stunden sehr lang sind und sich die Flugzeugbesatzung an strenge Dienstzeitregelungen halten muss, sind alle Mitglieder der Crew erst eineinhalb Stunden vor dem Start im Hangar. Mit allen Besatzungsmitgliedern wird nun ein letztes Mal der Flugplan durchgegangen, letzte Details werden geklärt. Dazu gehören zum Beispiel Timings für bestimmte Flugabschnitte, die Steig- und Sinkraten zwischen den Punkten des Flugpfades und die genaue Gestaltung der Kurven bei Richtungswechseln. Jetzt ist wirklich das gesamte Team im Hangar aktiv. Das sind im Schnitt 50 bis 60 Personen. Da kann es schon einmal eng im Flugzeug werden.

Eine Stunde und 15 Minuten vor Abflug       

Das Flugzeug wird nun für die letzten Startvorbereitungen aus dem Hangar auf das Vorfeld geschleppt. Hierfür muss kurzzeitig die Stromzufuhr an den Instrumenten unterbrochen werden. Damit die Geräte ihre Betriebstemperatur möglichst konstant halten können, sollte diese Stromunterbrechung so kurz wie möglich gehalten sein. Der Ablauf beim "Aushallen" ist daher sehr genau abgestimmt: Ankündigung der Stromunterbrechung zehn Minuten im Voraus, Ankoppeln des Flugzeugschleppers, Herunterfahren der Instrumente, Ausschalten der Stromzufuhr, Schleppen des Flugzeuges auf das Vorfeld, Starten des Hilfstriebwerkes und erneutes Anschalten der Stromzufuhr – das alles passiert innerhalb von drei Minuten und erfordert ein eingespieltes Team.

Eine Stunde vor Abflug
 
Während im Flugzeug die letzten Vorbereitungen an den Instrumente laufen, fährt außerhalb der Tanklaster vor und beginnt mit dem Betanken des Flugzeuges. Die Piloten beginnen mit den Checks am Flugzeug und fahren alle Flugzeugsysteme hoch.

15 Minuten vor Abflug

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)

Alle, die nicht zur Besatzung gehören, müssen nun das Flugzeug verlassen. Unmittelbar darauf werden die Triebwerke gestartet und die Tür des Flugzeuges geschlossen.

Fünf Minuten vor Abflug

Das Flugzeug löst die Bremsen, die Piloten winken ein letztes Mal dem Bodenteam zu und rollen langsam zu der Startposition am Ende der Startbahn.

Abflug

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)

Die Triebwerke geben Vollgas und HALO beschleunigt auf seine Startgeschwindigkeit. Die Besatzung hebt nun zu ihrem Messflug ab. Die Arbeit ist damit natürlich längst nicht vorbei. Sowohl am Boden, als auch im Hangar wird der Flug die kommenden Stunden konzentriert beobachtet. Nach dem Flug folgt die Nachbereitung und Datenauswertung.
Doch zunächst stehen alle - wie anfangs erwähnt - vor dem Hangar und beobachten gemeinsam den Take-off. Manche machen Fotos, aber fast alle haben ein Grinsen auf dem Gesicht. Es ist immer wieder schön zu erleben, wie alle an einem Strang ziehen und mit welcher Begeisterung das gesamte SOUTHTRAC-Team arbeitet. 

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Über den Autor

Georg Dietz arbeitet seit Januar 2019 als Projektleiter in der Einrichtung Flugexperimente des DLR. Hier ist er für die Kalkulation und Planung von wissenschaftlichen Flugmissionen verantwortlich - insbesondere für das Forschungsflugzeug HALO. zur Autorenseite