Raumfahrt | 18. Februar 2022 | von Tom Uhlig

Crew-Konferenz mit Matthias Maurer

Quelle: ESA/NASA/DLR
Die wöchentliche Crew-Konferenz des Kontrollraum-Teams mit Matthias Maurer auf der Raumstation.

Haben Sie schon einmal mit jemandem im Weltraum gesprochen? Naja, wenn Sie diesen Blog hier lesen, dann gehören Sie sicher zu einer der beiden folgenden Kategorien: Entweder Ihre Antwort auf meine Frage ist „ja freilich“, dann... Glückwunsch und kollegiale Grüße, vielleicht kennen wir uns persönlich? Wenn das nicht Ihre Antwort ist, dann wette ich, dass Sie Ihr „Nein“ noch ergänzen mit „... aber es wäre eine der coolsten Sachen, die ich mir vorstellen kann!“##markend##

Ich selber weiß nicht mehr genau, wann bei mir „das erste Mal“ war, aber ich habe bestimmt noch einen Mitschnitt davon irgendwo auf meinem Computer: Auch für uns Columbus-Flugdirektoren ist es etwas Besonderes, normalerweise haben wir ja mit dem EUROCOM unseren Spezialisten für die Kommunikation mit der Crew, der uns das „abnimmt“, wir als COL FLIGHTs erbitten den Call nur von ihm.

Dass es hierfür extra einen Fachmann (oder eine Fachfrau) braucht, liegt daran, dass ein „Crew Call“ durchaus eine hohe Kunst ist: Dass er auf Englisch, über Sprechfunk und daher manchmal nicht „ganz glasklar“ ist, ist kein großes Problem, so kommunizieren wir schließlich alle miteinander im Kontrollraum und mit unseren NASA-Kollegen. Dass aber die ganze Welt mithört, dass man immer die Zeit bis zum nächsten geplanten Abriss der Funkverbindung im Auge haben muss, dass man im Vorfeld genau überlegen muss, welche Information man am besten wie rüberbringt, dass es „oben“ auch genau „wie gemeint“ verstanden wird und dass man möglichst auch auf Rückfragen vorbereitet sein muss – das macht das Ganze dann doch zu einer Wissenschaft für sich.

Besonders schwierig ist es dann, wenn es um heikle Themen geht: Wenn wir Zweifel daran haben, ob der Astronaut etwas genauso gemacht hat, wie wir es gemeint hatten, oder generell, wenn unsere Frage oder unser Kommentar als Kritik, Zurechtweisung, Vorwurf verstanden werden könnte. Oder wenn der eigentliche Inhalt der Konversation – naja – delikat ist: Ich erinnere mich an ein Problem beim Abgeben einer Urinprobe, bei dem wir dann nochmals nachfragen mussten...

Für solche Fälle und für eine etwas ungezwungenere Gesprächsatmosphäre gibt es die wöchentliche Crew-Konferenz, die wir gestern mit Matthias Maurer zusammen hatten: Einer der „Space-to-Ground-Loops“, die wir für die Sprechverbindung mit der Internationalen Raumstation ISS benutzen, wurde kurz vor unserer Konferenz mit Matthias von der NASA „privatized“, also in eine der Konfigurationen gebracht, in der, abhängig von der Konfiguration, nur bestimmte Leute mithören oder -sprechen können.

Für uns wurde der „Space-to-Ground“-Kanal für die Allgemeinheit „unhörbar“ gemacht und in eine herkömmliche Videokonferenzschaltung hineingepatcht, in die unser Team sich dann einwählen konnte. Genauso wurde das Videosignal von der ISS dazugeschaltet.
Es war außerdem die eine Konferenz im Monat, die wir mit „two-way video“ machen – also hatte Matthias auch die Gesichter unseres Teams vor sich.

Daria als „Increment Lead Flight Director“, also verantwortlicher COL FLIGHT für Matthias’ Flug, eröffnete die Besprechung: Für Daria und Matthias die seltene Gelegenheit, auch mal etwas lockerer zu plaudern. Nachdem Matthias diesmal auch das Team sehen konnte, wurde ebenfalls etwas Zeit dafür verwendet, reihum kurz mal „hallo“ zu sagen und ein paar persönliche Worte auszutauschen. Außer Daria nahmen unsererseits auch Planner Alfredo, STRATOS Alberto, die GSOC GCs Claudia, Rodrigo und Federico und Simon als Increment Manager der ESA am Gespräch teil – lauter bekannte Gesichter für Matthias, hatte er doch selbst mehrere Jahre bei uns im Team als EUROCOM mitgearbeitet und war nun „auf der anderen Seite“ gelandet.

Dann ging es zur Sache: Im geschützten Rahmen der Crew-Konferenz sind Fragen an Matthias möglich, die sich seit der letzten Konferenz angesammelt haben und die nicht unbedingt für jedermann gedacht sind. Und auch Matthias konnte kommentieren, Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge vorbringen oder Wünsche äußern, die niemand sonst außer unser Kernteam etwas angehen.

Was genau diskutiert wurde? Tja, das würde mich auch interessieren, aber ich war ja nicht dabei und Daria hüllt sich in Schweigen. Und zurecht, denn wie schon erwähnt: Die Funktion der Crew-Konferenz ist ja gerade, dass das Gesprochene danach nicht in einem Blog wie diesem landet...

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Über den Autor

Als Kind wollte Tom Uhlig Astronaut werden. Beim DLR kam er dabei seinem Traum sehr nahe: Er arbeitete als Columbus-Flugdirektor an der Konsole und leitete sowohl das Col-CC-Trainingsteam als auch Gruppe für den Betrieb von geostationären Satelliten bis Dezember 2016. zur Autorenseite