Raumfahrt | 24. Juli 2018 | von Clemens Plank

SOFIAs Rekord-Einsatz in Neuseeland

Das deutsche SOFIA%2d und GREAT%2dTeam
Quelle: © DLR
Trotz Schichtbetrieb hat es fast das gesamte deutsche SOFIA- und GREAT-Team in Neuseeland auf’s Bild geschafft

Christchurch, Neuseeland, am 2. Juni 2018, um 11.03 Uhr Ortszeit: Pünktlich landet SOFIA für das 5. Deployment in Down Under. Als Deployment bezeichnen wir bei SOFIA eine zeitlich begrenzte Stationierung des Observatoriums mit regulärem Flugbetrieb außerhalb unserer Heimatbasis in Palmdale, Kalifornien. Nach Neuseeland geht es dabei in den Monaten Juni und Juli. Wir "entfliehen" dabei den kurzen Sommernächten in Kalifornien und können die Vorteile des neuseeländischen Winters nutzen: Neben längeren Winternächten ist dies insbesondere die klare Luft am Himmel über dem Südpazifik. Und dass wir in der südlichen Hemisphäre einen Teil des Himmels sehen können, der von Kalifornien aus unter dem Äquator "versteckt" und somit einfach nicht sichtbar ist. Zum Beispiel das astronomisch sehr interessante Zentrum unserer Milchstraße und die große und kleine Magellansche Wolke.##markend##

Quelle: NASA, ESA, Space Telescope Science Institute
Die Kleine Magellansche Wolke

Nur drei Tage nach unserer Ankunft starteten wir bereits zum ersten Beobachtungsflug mit dem deutschen Wissenschaftsinstrument GREAT. Als Instrument bezeichnet man in der Astronomie den Sensorapparat hinter dem Teleskop, der die eingehenden Strahlen aufzeichnet und verarbeitet. Also vergleichbar mit unserem Gehirn - während das Spiegelteleskop selbst das Auge darstellen würde. SOFIA hat sieben verschiedene Instrumente, wobei immer nur ein Instrument für Beobachtungen am Teleskop installiert ist.

Nach drei weiteren Flügen in der gleichen Woche begann das Deployment perfekt nach Plan. Doch dann zeigte der neuseeländische Winter seine schlechte Seite: Das raue Inselwetter hielt Neuseeland voll im Griff und verhinderte zwei der vier geplanten Flüge in der zweiten Woche. Auch der weitere Wetter-Ausblick drückte die Stimmung. Temperaturen um den Gefrierpunkt, Nebel und Regen hätten weitere SOFIA-Flüge verhindern können.

Anders als befürchtet, wurde die dritte Woche aber ein voller Erfolg: SOFIA flog fünf Mal in Serie und stellte damit einen neuen Rekord auf! Das komplexe Zusammenspiel von Piloten, Wissenschaftlern, Mechanikern, Ingenieuren und vielen weiteren Teams erforderte eine perfekte Planung.

Das ist vor allem in Neuseeland eine besondere Herausforderung, da nur begrenzt Personal vor Ort ist und auch dieses durch die in der Luftfahrt gesetzlichen Ruhezeiten sehr eingeschränkt ist. Vier Flüge pro Woche sind also schon eine große Herausforderung. Doch das hochmotivierte Team hat es kurzfristig geschafft, noch einen zusätzlich Flug in der dritten Deployment-Woche einzuplanen, um einen der beiden zuvor verlorenen Flüge wieder aufzuholen.

Quelle: © DLR
V.r.n.l.: Prof. A. Krabbe (DSI), Dr. S. Kaufmann (MdB), Clemens Plank (DLR) an Bord eines SOFIA-Flugs

Mit diesem Idealismus ging es weiter in eine weitere Prämieren-Woche in Neuseeland. Das deutsche Wissenschaftsinstrument änderte sprichwörtlich übers Wochenende seine Konfiguration von "upGREAT" zu "4GREAT". Das heißt eine weiterentwickelte Variante des Instruments, "frisch aus dem Labor", wurde zum ersten Mal für wissenschaftliche Beobachtungen auf SOFIA eingesetzt. Vier erfolgreiche Flüge in der vierten Woche in Neuseeland beendeten damit die GREAT-Kampagne.

Der Erfolg blieb uns weiterhin treu. Der Wechsel vom deutschen Instrument GREAT zu HAWC+ verlief reibungslos. Und auch das war mit einer Premiere verbunden: HAWC+ ist das neueste US-Instrument für SOFIA und kam zum ersten Mal in Neuseeland zum Einsatz. Dieses Instrument kann Magnetfelder im Universum messen und hat unsere Astronomen auf acht Flügen mehrmals in Entzückung versetzt.

Der letzte Wissenschaftsflug des diesjährigen Neuseeland-Deployments war erneut ein Besonderer: Statt unserer wechselbaren Infrarot-Instrumente (wie GREAT und HAWC+) haben wir die ständig installierte optische Kamera FPI+ verwendet. Auf den Spuren von Cassini-Huygens beobachteten wir den Saturn-Mond Titan. Dieser ist vor einem anderen Stern im Universum vorbeigezogen und hat einen kleinen Schatten auf die Erde geworfen. Dies ist vergleichbar mit einer Sonnenfinsternis im Universum - nur ganz kurz und auf einem sehr kleinen Gebiet mit großen Teleskopen sichtbar.

Nach sieben Wochen harter Arbeit ist das SOFIA-Team voller Freude über den Erfolg des Aufenthalts in Neuseeland und sehnt sich wieder nach der Heimat. Das Flugzeug wird am Rückflug nach Kalifornien dabei sogar zur Zeitmaschine: Nach dem Start am Freitagnachmittag in Christchurch werden wir nach einem 20-stündigen Flug - mit kurzem Tankstopp in Hawaii - am gleichen Tag zur etwa der gleichen Zeit in Kalifornien landen.

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Über den Autor

Clemens Plank studierte Maschineningenieurwesen mit Schwerpunkt Raumfahrttechnik und Nukleartechnik an der TU München. Seine Abschlussarbeit absolvierte er am MIT (Massachusetts Institute of Technology) in den USA wo er sich mit der Computersimulation von Wasserstoffverpuffungen beschäftigte. Seit 2016 arbeitet Plank in Bonn am DLR Raumfahrtmanagement in der Abteilung für Extraterrestrik und ist deutscher Projektingenieur für die fliegende Sternwarte SOFIA. zur Autorenseite

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