Raumfahrt | 04. Januar 2019 | von Kay Lingenauber

BELA - Die Vermessung des Merkurs

Quelle: DLR.
Simulierte BELA-Bodenspuren am Beispiel des Kraters Warhol. Die Punkte geben den Auftreffpunkt einzelne Laser-Schüsse auf dem Boden wider. Im Krater sind die typischen terassenförmigen Strukturen und die Kraterebene mit dem Zentralberg gut zu erkennen. Rechts davon befinden sich sogenannte "Hollows", Vertiefungen, die vermutlich nach Ausgasung flüchtiger Materialien als Hohlräume zurückbleiben. Das Bild zeigt einen Ausschnitt von 145 x 145 km.

BELA, das BepiColombo LaserAltimeter, ist eines von insgesamt elf Instrumenten an Bord des MPO (Mercury Planetary Orbiter) der BepiColombo-Mission zum Merkur. Mit dem Start am 20. Oktober 2018 vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana wurde das Instrument auf seine lange Reise zum Merkur gebracht. BELA wurde vom DLR-Institut für Planetenforschung in Zusammenarbeit mit der Universität Bern, dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung und dem Instituto de Astrofísica de Andalucía entwickelt und gebaut. Die Anfänge von BELA reichen bis in das Jahr 2003 zurück, als die Planetenforscher des DLR mit den genannten Partnern die sogenannte "Phase 0" des Projektes begannen. Das DLR-Institut für Planetenforschung hat dabei die Verantwortung für den Sendeteil (Transmitter) sowie der Hauptelektronik des Instrumentes übernommen.##markend##

BELA dient der Vermessung der Oberfläche des Merkurs. Neben der Form des Planeten und der Topographie können die Ausmaße der Gezeiten vermessen werden, denen der kleine Planet in unmittelbarer Nähe zum enormen Schwerefeld der Sonne ausgesetzt ist und das ihn bei seinem Sonnenumlauf verformt, außerdem können die Rauigkeit beziehungsweise das Rückstrahlverhalten (die Albedo) der Oberfläche bestimmt werden.

BELA gewinnt diese Daten, indem zehn Mal in der Sekunde ein Laserpuls auf die Merkur-Oberfläche geschossen wird, dieser von dort reflektiert wird und wieder von BELA empfangen wird. Aus der Laufzeit des Pulses kann BELA die Entfernung der Raumsonde zur Planetenoberfläche mit einer Genauigkeit von bis zu 10 cm bestimmen – und das bei 1000 km Orbithöhe! Weiterhin werden die empfangenen Pulse zeitlich hochgenau aufgelöst und es können Informationen über die Oberflächenbeschaffenheit gewonnen werden. BELA wird während seiner Missionsdauer ca. 250 Mio Pulse analysieren und aus diesen Messdaten die oben genannten wissenschaftlichen Datensätze erzeugen.

Quelle: DLR.
BELA während der Integration auf der Raumsonde. Links oben die Hauptelektronik (schwarze Box), in der Mitte der Laserelektronik (schwarze Box), rechts etwa auf Höhe der Bildmitte auf der optischen Bank der Transmitter und darunter der Empfänger.

Hier gibt es zudem eine ausführliche Beschreibung von BELA.
Im Jahr 2013 wurden die oben erwähnten Baugruppen bei der Universität Bern mit dem Empfangsteil kombiniert, um dann als komplettes BELA-Instrument im Jahr 2015 an die ESA abgeliefert zu werden.

Quelle: DLR.
Die optische Bank von BELA trägt den Transmitter, d. h. den Laser (oben) und den Empfänger, d. h. das Teleskop (unten). Beide sind durch reflektive Baffles vor der starken Sonneneinstrahlung geschützt.

Nach der Integration von BELA auf den Mercury Planetary Orbiter (MPO, der ESA-Merkurorbiter dieser europäisch-japanischen Mission) sowie umfangreicher Tests wurde der MPO inklusive BELA im Mai 2018 schließlich nach Kourou transportiert, um auf den Start vorbereitet zu werden.
Unter anderem wurden die sogenannten "Red Tag Items" von den Aperturen (Öffnungen der beiden optischen Komponenten) von BELA entfernt. "Red Tag Items" sind Schutzkappen, die das empfindliche Instrument während der Arbeiten am Boden vor Beschädigung und Verunreinigung schützen, aber natürlich vor dem Start entfernt werden müssen. Sonst wäre das Instrument "blind". Dieser Schritt musste sehr sorgfältig durchgeführt werden und wurde entsprechend von den DLR-Planetenforschern begleitet.

Quelle: ESA.
Die beiden Aperturen von BELA. Links die Apertur für den Empfangsteil, von welchem schon die rote Schutzkappe entfernt wurde. Rechts  – noch mit Schutzkappe – der Sendeteil. Aufgrund der starken Sonneneinstrahlung sind beide Aperturen mit sogenannten "reflektiven Baffles" ausgestattet, die einen Großteil der einfallenden Strahlung wieder reflektieren und somit für das Instrument unschädlich machen.

Das BELA-Team am DLR-Institut für Planetenforschung ist für den Betrieb des Instrumentes kurz nach dem Start, während der Reise zum Merkur und natürlich für die Missionszeit im Merkurorbit verantwortlich. Die von der Raumsonde gesendeten BELA-Rohdaten werden beim Europäischen Weltraumkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt empfangen und nach Berlin weitergeleitet. Hier wird das BELA-Team die Daten aufbereiten und analysieren, um die wissenschaftlichen Informationen zu gewinnen. Die während der Reise aufgenommenen Daten sind jedoch noch ohne wissenschaftlichen Wert, denn das Instrument "sieht" während der Reise zum Merkur weder den Sternenhimmel noch die Oberfläche der Planeten Erde, Venus und Merkur, an denen BepiColombo während der Reisephase zum Zweck von Swing-By-Manövern vorbeikommen wird. BELA blickt nämlich auf das Mercury Transfer Modul (MTM), welches den MPO und den japanischen Magnetospheric-Orbiter (MMO) zum Merkur bringt. Die beiden Sonden und das MTM werden sich erst 2025 trennen, wenn die Umlaufbahnen um dem Merkur erreicht wird.

Quelle: ESA.
In der Bildmitte sind die beiden Aperturen von BELA zu sehen, nun komplett ohne rote Schutzkappen, aber temporär mit einer Schutzfolie versehen.

Der Start am 19. Oktober 2018 war turbo-spektakulär – ein Nachtstart an Bord einer Ariane 5 in den klaren Tropenhimmel über Kourou – sensationell! Ein Teil des BELA-Teams war in Kourou vor Ort und begleitete die letzten Checks des Instrumentes kurz vor dem Start. Alle diese letzten Aktivitäten auf der Erde verliefen problemlos.
Am 26. November wurde BELA das erste Mal nach dem Start eingeschaltet. Einige Kollegen aus dem BELA-Team reisten hierfür zum ESOC nach Darmstadt, um von dort die ersten Kommandos an BELA zu schicken und die ersten Telemetriedaten von BELA sofort auszuwerten. Dieses sogenannte "Commissioning" verlief ohne Probleme. Alle Telemetriedaten lagen in den erwarteten Toleranzen. Bei diesem ersten Einschalten wurde noch nicht der Laser des Instrumentes getestet, aber dafür der komplette Empfangsteil. Hierbei konnte wie erwartet das elektrische Rauschen des Detektors und der Empfangsschaltkreise aufgezeichnet werden. Ein planmäßiges Software-Update wurde ebenfalls erfolgreich durchgeführt.

Quelle: DLR.
Ausschnitt aus den BELA-Telemetriedaten. In der ersten Zeile wird das erfolgreiche Starten der BELA Primary Boot Software angezeigt, die beiden weiteren Zeilen enthalten Telemetriedaten.

Nachdem auch dieser wichtige Meilenstein erledigt wurde, fiebern wir nun mit all den anderen WissenschaftlerInnen der elf MPO-Experimente und der fünf MMO-Instrumente während der langen Reise zum Merkur mit.
Erst im Jahr 2025 wird der MPO den Merkurorbit erreichen und BELA seine Arbeit aufnehmen. Warum das so lange dauert? Darauf könnte der Namensgeber der Mission, der italienische Ingenieur und Mathematiker Giuseppe "Bepi" Colombo (1920-1984) die beste Antwort geben: Mit Raumsonden in Richtung der Sonne zu fliegen ist nämlich recht kompliziert, denn die Anziehungskraft unseres Sterns ist so gewaltig, dass man große Mengen Treibstoff mitführen müsste, um am Merkur abbremsen und in eine Umlaufbahn gelangen zu können. Deshalb ist es aus energetischer Sicht günstiger, wenn die Raumsonde immer engere Ellipsen um die Sonne fliegt, die Schwerkraft der Erde und der beiden inneren Planeten bei gezielten Nahvorbeiflügen ("Swing-Bys") zum Abbremsen und Lenken nutzt und dann mit fast der gleichen Geschwindigkeit wie der Merkur selbst die Sonne umrundet. Ist dies geschafft, kann die Sonde viel leichter in eine Umlaufbahn um den Merkur eintreten. Bepi Colombo hatte eine solche Bahn in den 70er-Jahren für die erste Merkurmission berechnet, Mariner 10.
Glücklicherweise ist die Technik der Swing-bys schon bei vielen interplanetaren Missionen erfolgreich durchgeführt worden, so dass wir auf eine pünktliche Ankunft am Merkur im Dezember 2025 hoffen dürfen.

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Über den Autor

Kay Lingenauber hat Luft- und Raumfahrttechnik studiert und arbeitet seit 2005 am DLR-Institut für Planetenforschung im Bereich der Hardware-Entwicklung. Er war an der Konstruktion und Integration des BepiColombo Laser Altimeter (BELA) beteiligt. Als Systemingenieur konzipierte er das Ganymede Laser Altimeter (GALA), das er heute als Projektmanager betreut. zur Autorenseite

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