Raumfahrt | 18. März 2020 | von Alessandra Roy Dörte Mehlert

SOFIA beobachtet den Stern Beteigeuze

Quelle: ESO/M. Montargès et al.
Beteigeuze im Januar und Dezember 2019, aufgenommen mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO).

Die Neugier ist groß, es wurde viel gesagt und geschrieben, aber niemand weiß, was wirklich gerade mit dem Stern Beteigeuze passiert: Seine Leuchtkraft hat in den letzten fünf Monaten drastisch abgenommen. Nun wird spekuliert, dass der Stern bald zu einer Supernova werden könnte - der Himmelskörper also am Ende seiner Lebenszeit explodiert. Ein Team um Miguel Montargès von der KU Leuven in Belgien hat zwei Aufnahmen von Beteigeuze mit dem VLT (Very Large Telescope) der Europäischen Südsternwarte (ESO) vom Januar und Dezember 2019 miteinander verglichen und erstaunliches festgestellt: nicht nur seine Helligkeit, auch seine Form scheint sich verändert zu haben.##markend##

Beteigeuze gehörte bislang zu den zehn hellsten Sternen, die am Winterhimmel über Europa sichtbar sind. Er befindet sich im Sternbild Orion, etwa 700 Lichtjahre von der Erde entfernt. Dieser Stern gehört zur Klasse der Roten Überriesen. Es sind Sterne, die viel größer, massiver und heller sind als die Sonne, aber eine relativ kurze Lebensdauer haben. Rote Überriesen stehen kurz vor dem Ende ihres Lebens, und sie beenden es auf sehr spektakuläre Weise: Sie werden zu Supernovae. Der Stern explodiert und die freigesetzte Energie entspricht in etwa der Energie, die Milliarden normaler Sterne gleichzeitig erzeugen. Wenn dies mit Beteigeuze passiert, wird der Stern so hell wie der Vollmond sein. Wann die Explosion aber tatsächlich stattfinden wird, weiß niemand. Es könnte innerhalb der nächsten 100.000 Jahre passieren - oder aber bereits geschehen sein und konnte aufgrund der gewaltigen Entfernung noch nicht beobachtet werden. Was wir wissen ist, dass Beteigeuze jetzt ein anomales Verhalten zeigt.

Quelle: Bild Beteigeuze: ESA/Herschel/PACS/L. Decin Bild Orion: Akira Fujii
Beteigeuze ist ein Stern im Sternbild Orion, auch "Schulter des Orion" genannt.

Im Februar 2020 war seine Leuchtkraft bereits auf etwas weniger als 40 Prozent ihres durchschnittlichen Wertes gesunken und schaffte es in der Liste der hellsten Sterne am Firmament nicht mal mehr unter die Top 20. Montarges und sein Team gehen trotzdem nicht von dem bevorstehenden Ende von Beteigeuze aus. Sie vermuten vielmehr, dass die beobachteten Phänomene entweder durch außergewöhnliche Aktivitäten im Sterninnern verursacht werden oder auf die Verdunkelung durch Materie zurückzuführen sind, die in unsere Richtung ausgestoßen wird. Diese Materie würde im mittleren und fernen Infraroten zu leuchten beginnen.

Derzeit beobachten die Astronomen Beteigeuze mit verschiedenen Teleskopen, und die fliegende Sternwarte SOFIA (Stratospheric Observatory for Infrared Astronomy) ist eines von ihnen. "Wir werden in der Lage sein, den ansonsten von der Erde unsichtbaren Teil des Infrarotspektrums abzudecken", sagt Heinz Hammes, SOFIA-Projektleiter im DLR Raumfahrtmanagement. "Damit ergänzen wir die anderen Beobachtungen, die in den letzten Monaten gemacht wurden."

SOFIA führt derzeit eine ausgedehnte Beobachtungskampagne durch, um den Grund für die in Beteigeuze beobachteten anomalen Helligkeitsänderungen aufzudecken. Diese Beobachtungen werden die Änderungen der chemischen Zusammensetzung sowie der Helligkeit im Infrarotbereich dieses Sterns aufzeigen. Dies ist nicht das erste Mal, dass SOFIA Beteigeuze beobachtet. Die Astronomen werden daher die Möglichkeit haben, die erhaltenen Daten mit den bereits vorhandenen Daten zu vergleichen. Dieses Mal werden SOFIA-Beobachtungen mit vier Instrumenten durchgeführt. Jedes Instrument deckt einen bestimmten Teil des Infrarotspektrums vom Mittleren- bis zum Fernen Infrarot ab, um auf diese Weise verschiedene Phänomene zu studieren. Sobald die Beobachtungskampagne abgeschlossen ist, werden diese SOFIA-Daten sofort für die Wissenschaftscommunity veröffentlicht und können auch mit Daten anderer Observatorien verglichen werden.

Drei der Instrumente an Bord von SOFIA haben ihre Beobachtungen abgeschlossen und werden derzeit analysiert: das amerikanische Instrument EXES (Echelon-Cross-Echelle Spectrograph), das abbildende Ferninfrarot-Linien-Spektrometer FIFI-LS (Field-Imaging Far- Infrared Line-Spectrometer) der Universität Stuttgart und der GREAT Receiver (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies) vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. "Die Daten sind vielversprechend", berichtet Dr. Christian Fischer, der als Instrument-Ingenieur des Deutschen SOFIA Instituts (DSI) während der FIFI-LS-Beobachtung an Bord von SOFIA war.

Das amerikanische Instrument FORCAST (Faint Object Infrared Camera for the SOFIA Telescope) wird im April zum Einsatz kommen und weitere Daten von Beteigeuze im mittleren Infraroten sammeln.

Wir freuen uns alle auf die SOFIA-Ergebnisse und werden berichten, sobald es Neuigkeiten gibt.

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Über den Autor

Dr.-Ing. Alessandra Roy studierte Astronomie an der Universität von Bologna (Italien). Sie promovierte in Geodäsie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Sie arbeitete fast 16 Jahre lang an der Universität Bonn und am Max-Plank-Institut für Radioastronomie . zur Autorenseite

Über den Autor

Dr. Dörte Mehlert hat an der Universität Hamburg Physik studiert und im Bereich Astronomie zum Thema "Elliptische Galaxien in hoher Umgebungsdichte: Der Coma-Galaxienhaufen" an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) promoviert. zur Autorenseite