Raumfahrt | 08. Oktober 2021 | von Nicole Schmitz

Perseverance - jetzt wird der Name zum Programm

Quelle: NASA/JPL-Caltech/MSSS
Perseverance-Selfie nach der erfolgreichen Probennahme.

Am 18. Februar 2021 ist der Rover "Perseverance" der NASA-Mission Mars 2020 sicher und wohlbehalten auf dem Mars gelandet. Nun kann die zunächst auf zwei Jahre angelegte Forschungsmission beginnen. Die DLR-Wissenschaftlerin Nicole Schmitz berichtet im DLR-Blog über den Verlauf der Mission und des Kamera-Experiments, an dem sie beteiligt ist. Sie ist im "Mastcam-Z"-Wissenschaftsteam, der Stereokamera auf dem etwa zwei Meter hohen Mast von Perseverance.##markend##

"Beharrlichkeit" war gefragt, mit drei Versuchen zwei erste Gesteinsproben vom Mars einzusammeln

Der 1. Versuch - Donnerstag, 5. August 2021, ca. 19 Uhr, Gdynia, Polen

Nach zirka acht Stunden Fahrt bin ich im Hotel in Gdynia angekommen. Hier möchte ich ein langes Wochenende mit Freunden an der polnischen Ostseeküste verbringen. Doch anstatt wie die anderen direkt zum Meer zu gehen, packe ich im Hotelzimmer erstmal mein Dienst-Handy und Reise-Laptop aus, wähle mich in das Missions-Datenportal ein und von dort aus per VPN in die tägliche "Perseverance Science Discussion"-Telecon. Heute ist ein großer Tag für Perseverance und für die Marsforschung, denn der Rover soll seine erste Gesteinsprobe nehmen - vor allem: Diese Gesteinsprobe wird Bestandteil eines ganzen Pakets der ersten auf einem anderen Planeten gesammelten Proben sein, die in etwa zehn Jahren zur Erde transportiert werden sollen.

Nach ausführlichen tagelangen Diskussionen wurde dafür ein flacher Stein namens "Roubion" ausgewählt. Roubion ist einer von den zahlreichen flachen, verwitterten und polygonal geformten Steinen, die das Team aufgrund der Ähnlichkeit zu Pflastersteinen "Pavers" nennt. Diese Pavers sind charakteristisch für den Teil des Kraterbodens, den der Marsrover Perseverance der NASA-Mission Mars 2020 bisher untersucht hat. Eine Gesteinsprobe aus dieser geologischen Einheit, der CFFR-Einheit (Crater Floor Fractured Rough), wäre ein wichtiges Puzzleteil für die Entschlüsselung der geologischen Geschichte des Jezero-Kraters, denn wahrscheinlich handelt es sich um die ältesten Gesteine im Krater. In den Tagen zuvor hat Perseverance Roubion und sein unmittelbares Umfeld mit seinen wissenschaftlichen Instrumenten bereits ausführlich untersucht und dokumentiert.

In der Telecon gibt es einen Statusbericht. Alles sieht gut aus. Das "Uplink"-Team hat die Kommandos für die Bohrung mit der letzten Übertragung an den Rover geschickt. Der Auftrag an den Rover lautet, einen Bohrkern aus Roubion zu nehmen. Die Stelle, an der der Rover den Bohrer ansetzen soll, ist genau definiert und das Ergebnis von sowohl wissenschaftlichen als auch technischen Abwägungen. Ob es geklappt hat, werden wir aber erst morgen früh wissen, wenn die nächste Datenübertragung von Perseverance auf der Erde eintrifft.

Zufrieden folge ich meinen Freunden doch noch zu einem Abendspaziergang an den Strand.

Freitag, 6. August, 11 Uhr, Gdynia

Von meinem Lebensgefährten, der ebenfalls als Wissenschaftler an der Mission beteiligt ist, kommt die in diesem Kontext ausgesprochen freudige Nachricht: „We have a hole!“ Die Daten bestätigen, dass der Kernbohrer, wie kommandiert, ein sieben Zentimeter tiefes Loch gebohrt hat. Die Aufnahmen der Mastcam-Z, der zentralen Kamera auf dem Mast von Perseverance, an der ich wissenschaftlich beteiligt bin, zeigen uns gestochen scharf das Bohrloch, in dem das erbohrte Gestein wie erwartet "fehlt". Es ist umgeben von einem kegelförmigen Häufchen mit feinstem Bohrstaub.

Quelle: NASA/JPL-Caltech/MSSS
Keine Spur vom Bohrkern, weder am noch im Bohrloch. Warum ist der freigelegte Bohrstaub dunkel und nicht rötlich gefärbt? Nahezu die gesamte Marsoberfläche besteht aus Vulkangestein, das viel Eisen und Magnesium enthält und sehr dunkel ist. Der hellere Staub, der weite Teile der Marsoberfläche bedeckt, ist ockerfarben bis rötlich (wie auch hier im Bild zu sehen), weil er durch den Prozess der Oxidation sozusagen verrostet ist: Das ursprünglich dunkle Eisen in dem Staub reagierte mit dem wenigen Sauerstoff der Marsatmosphäre zu Eisenoxid und verfärbte sich dadurch rötlich.

Ich freue mich und bin aufgeregt. In ein paar Stunden, nach der nächsten Datenübertragung zur Erde, werden wir hoffentlich auch Fotos vom Probenbehälter haben, in dem sich die erste Bohrprobe befindet.

Um 18:52 Uhr kommt die nächste Nachricht: „The sample tube is empty“ - Das Probenröhrchen ist leer. Ich schreibe zurück: „Was??“ Ich schicke meine Freunde allein zum Abendessen und wähle mich in die tägliche Telecon ein. Es herrscht Ratlosigkeit. Was war passiert?

Die Telemetriedaten von der Bohrung und eine Aufnahme der "CacheCam" in der "Adaptive Caching Assembly" (ACA), bestätigten, dass der Probenbehälter vom "Corer" in die ACA überführt, der Probenbehälter versiegelt und erfolgreich im Rover verstaut wurde - eigentlich ein großer Erfolg. Aber die Volumenmessung und eine Aufnahme des noch unverschlossenen Probenbehälters unmittelbar nach der Bohrung zeigen, dass der Probenbehälter leer ist. Es dauert ein paar Minuten, bis wir diese Erkenntnis verdaut haben, aber dann gehen alle in den Analyse-Modus über.

Mitte August, Berlin

In den nächsten Tagen wird intensiv nach der Ursache geforscht. Das geplante Rover-Selfie, mit dem der Erfolg gebührend gefeiert werden sollte, wird erstmal verschoben. Wir Wissenschaftler geben neue Aufnahmen der Umgebung von Roubion in Auftrag: Ist der Bohrkern vielleicht aus dem Probenbehälter gefallen? Aber nein - es gibt keine Spur davon. Die NASA-Ingenieure werten derweil die Telemetrie detailliert aus und vergleichen die Messdaten mit den Ergebnissen von Bohrtests auf der Erde. Langsam kristallisiert sich die wahrscheinlichste Ursache heraus: Die Technik des Rovers funktionierte zwar einwandfrei, aber das Gestein war nicht fest genug, sodass es beim Anbohren in Pulver und kleine Materialfragmente auseinanderbrach, also gewissermaßen zerbröselte, weil kein innerer Zusammenhalt mehr da war. Obwohl die NASA-Ingenieure vor der Mission über hundert Bohrkerne in verschiedenen Testgesteinen auf der Erde gewonnen hatten, war ihnen in all diesen Testreihen noch kein Gestein begegnet, das zu bröckelig war, um einen Bohrkern zu gewinnen. Marsgestein vs. Perseverance - 1:0.

Jetzt gilt es, nach vorne zu schauen, und wir konzentrieren uns auf die geeigneten nächsten Schritte. Perseverance hat nur eine begrenzte Anzahl an Probenbehältern für Bohrkerne an Bord - das nächste Mal muss es klappen. Also brauchen wir für die nächste Bohrung ein widerstandsfähigeres Gestein. Ein Kollege fasst zusammen: „Es muss 'Klonk' machen, wenn man mit dem Hammer draufhaut“.

Glücklicherweise liegen entlang unserer geplanten Route nach "South Séítah" ausgedehnte Strecken mit offen daliegendem, anstehenden Felsgestein derselben Art wie in Roubion - die Geologen sprechen hierbei von Felsaufschlüssen. Auf dem etwa 400 Meter langen Bergrücken namens "Artuby" liegt eine kleine Region, die wir "Citadelle" taufen. Dort gibt es Felsaufschlüsse und meterhohe Felsbrocken, von denen einige eine interessante Schichtung aufweisen. Aufnahmen von Satelliten in der Marsumlaufbahn zeigen, dass die Felsbrocken bei Citadelle Teil eines ausgedehnten Aufschlusses auf dem Gipfel und der Rückseite des Bergrückens sind. Solide genug für einen Bohrkern ist das Gestein hoffentlich auch, denn die Brocken stehen selbst nach Äonen der Erosion noch steil aufragend in der Landschaft.

Nach ausführlichen Beratungen und Untersuchungen möglicher Ziele entscheidet sich das Team für einen dunklen Felsen, vermutlich ein Basalt, den wir "Rochette" taufen.

Doch bevor ein Bohrkern aus Rochette entnommen werden kann, wird, wie immer, eine genau festgelegte Reihe an Untersuchungen durchgeführt. Denn die Grundlage für die Auswertung aller mit dem Rover gewonnenen Proben ist ihr geologischer Kontext im Gelände: Wo genau sind die Proben entnommen worden, und in welcher Beziehung stehen die Proben zu dem umliegenden Gestein und den geologischen Einheiten? Um diese Informationen zu gewinnen, wird zuerst die nähere Umgebung des ausgewählten Felsens genauestens fotografisch dokumentiert. Anhand hochauflösender Aufnahmen wird auch die exakte Stelle für die Probenentnahme festgelegt, sowie eine benachbarte Stelle, ein "geologischer Zwilling". Die Idee dabei ist, wertvolle Daten über das Gestein, das wir beproben wollen, zu erhalten, indem wir seinen geologischen Zwilling finden und eine detaillierte Analyse vor Ort durchführen. Auf dem geologischen Zwilling schleift der Rover mit dem "Abrasion Tool" die obersten Gesteins- und Staubschichten ab, um die frische, unverwitterte Oberfläche freizulegen. Diese wird dann mit allen wissenschaftlichen Instrumenten des Rovers (Mastcam-Z, SuperCam, SHERLOC, PIXL und Watson) genauestens untersucht. Neben hochauflösenden Aufnahmen liefern diese Instrumente gemeinsam eine Analyse der mineralogischen und chemischen Zusammensetzung des Gesteins. Nach dem Abschluss dieser Kontext-Messungen bekommt der Rover einen Mars-Tag (Sol) Pause, um seine Batterie für die Ereignisse des nächsten Tages vollständig aufladen zu können.

Der Tag der Probenentnahme beginnt dann damit, dass Perseverance einen Probenbehälter aus der ACA (Adaptive Caching Assembly) entnimmt, ihn erhitzt und dann in den Kernbohrer einführt. Ein Gerät namens Bohrerkarussell transportiert den Behälter und den Bohrer zu dem rotierenden Schlagbohrer am Roboterarm von Perseverance. Dann wird der unberührte geologische Zwilling des Gesteins an der zuvor ausgewählten Stelle angebohrt und der Probenbehälter mit einer Kernprobe von der Größe eines Kreidestücks gefüllt. Mit seinem Roboterarm transportiert Perseverance dann die Bohrer-Probenbehälter-Kombination zurück in das Bohrerkarussell. Das Bohrerkarussel transportiert diese wiederum zurück in die Adaptive Caching Assembly, wo das Volumen der Probe bestimmt, alles fotografiert und am Ende hermetisch versiegelt wird. Den Inhalt des Probenbehälters werden wir dann erst wieder zu sehen bekommen, wenn die Probe auf der Erde in einer Reinraumanlage analysiert wird - mit Instrumenten, die viel zu groß sind, um sie zum Mars zu schicken, aber eben auch viel leistungsfähiger.

Die Kontext-Messungen vor der Bohrung halten auch nochmal neue Erkenntnisse für uns bereit: Ursprünglich hatte das Team Rochette als Basalt interpretiert. Doch hochauflösende Aufnahmen des geologischen Zwillings vor der Entnahme des Bohrkerns zeigen uns Texturen, die darauf hindeuten, dass es sich bei diesem Gestein um feinkörniges Material handelt, das durch einen explosiven Vulkanausbruch (zusammengebackene Vulkanasche) oder möglicherweise durch einen Einschlag entstanden sein könnte. Genau werden wir es aber wohl erst wissen, wenn wir eine Probe auf der Erde haben und sie in den besten Laboren analysieren können. 

Das Datum der Probennahme aus Rochette wird auf den 1. September festgelegt. Nach dem Fehlschlag der ersten Probennahme wird das Team diesmal nach der Entnahme des Bohrkerns noch eine sogenannte "Ground-in-the-Loop"-Sitzung einschieben. Denn vor der Versiegelung des Probenbehälters soll der Rover mit Mastcam-Z zusätzliche Aufnahmen des noch offenen Probenbehälters machen und zur Erde schicken, damit das Team überprüfen und bestätigen kann, dass ein Bohrkern entnommen wurde. Erst danach darf der Roboterarm die Probe in das Innere des Rover transferieren und den Probenbehälter versiegeln.

Der 2. Versuch

Berlin, 2. September, 7 Uhr morgens

Mein Lebensgefährte und ich sitzen mit Kaffee beim Frühstück vor dem Laptop. Die erste Telecon des Tages. Das "Perseverance"-Team - im Kontrollzentrum des JPL im kalifornischen Pasadena ist es 22 Uhr - hat sich zusammengeschaltet und wartet gemeinsam live auf die Daten vom Mars. Alle sind  auf die Fotos, die Mastcam-Z vom zweiten Versuch aufgenommen hat. Die Aufnahmen vom Probenbehälter sollen bestätigen, dass die Probe diesmal sicher im Probenbehälter gelandet ist. Die für die taktische Aufnahmeplanung verantwortliche Kollegin in San Diego erklärt uns nochmal, welche Mastcam-Z Aufnahmen aus welcher Perspektive geplant waren. Gegen 8 Uhr haben wir die ersten Fotos und es sieht gut aus! Alle jubeln, und unser Mastcam-Z Principal Investigator Jim Bell (in Tempe, Arizona) lobt und witzelt: „Outstanding work everyone. Thank you for flying Mastcam-Z Airlines.“

Ein paar Minuten später kommt aber ein weiteres Foto, auf dem der Behälter leer aussieht. Verschiedene Theorien werden diskutiert, und wir beschließen, dass Perseverance weitere Fotos aufnehmen soll, die am nächsten Tag eintreffen. Es stellt sich heraus, dass unter anderem schlechte Lichtverhältnisse zum Zeitpunkt der Aufnahme schuld daran waren, dass die Probe auf dem zweiten Bild nicht zu erkennen war.

Quelle: NASA/JPL-Caltech
"Rochette" nach der ersten Bohrung...
Quelle: NASA/JPL-Caltech
...und nach der zweiten.

Am 5. September, nach gründlicher Analyse aller Daten und Aufnahmen, ist sich das Team sicher. Es hat geklappt! Im Namen von Perseverance postet die NASA auf Twitter: „Ich hab’s!“ und veröffentlicht dazu die beste Mastcam-Z-Aufnahme von der Probe im Probenbehälter.

Quelle: NASA/JPL-Caltech/ASU/MSSS
Die erste Probe im Probenbehälter.

Das Team tauft den ersten erfolgreich genommenen Bohrkern auf den Namen "Montdenier". Am 8. September nimmt Perseverance erfolgreich noch eine weitere Probe aus Rochette, genannt "Montagnac".

Jetzt ist auch etwas Zeit zum Feiern, und Perseverance darf mit der Kamera "WATSON" auf dem Roverarm das versprochene Selfie schießen. 

Was wollen wir von diesen Gesteinsproben lernen?

Die geologische Entwicklungsgeschichte des Jezero-Kraters ist von vulkanischer Aktivität und Perioden mit anhaltendem Wasser geprägt. Die Analyse der Gesteine, aus denen die Montdenier- und Montagnac-Proben entnommen wurden, können dem Wissenschaftsteam dabei helfen, den zeitlichen Ablauf dieser Geschichte zu erforschen.

Das Gestein, aus dem die ersten Kernproben der Mission stammen, ist wahrscheinlich vulkanischen Ursprungs. Das könnte dem Team helfen, den genauen Zeitpunkt seiner Entstehung zu bestimmen, denn das Vorhandensein von kristallinen Mineralien in vulkanischem Gestein ist für die radiometrische Datierung (radioaktive Geochronologie) besonders hilfreich. Jede Probe kann als Teil eines größeren chronologischen Puzzles dienen. Bringt man sie in die richtige Reihenfolge, können wir daraus eine Zeitleiste mit den wichtigsten Ereignissen in der Geschichte des Jezero-Kraters erstellen. Zu diesen Ereignissen gehören die Entstehung des Kraters, die Bedeckung von zumindest Teilen des Bodens durch vulkanische und/oder magmatische Gesteine, das Auftauchen und Verschwinden des Krater-Sees, die Ablagerung verschiedener Arten von Sedimenten und die Veränderungen des Klimas auf dem Planeten in der Vergangenheit.

Darüber hinaus hat Perseverance in diesen Gesteinen auch Salze entdeckt. Diese Salze könnten sich gebildet haben, als Grundwasser durch das Gestein floss und die ursprünglichen Mineralien veränderte, oder, was wahrscheinlicher ist, als flüssiges Wasser verdampfte und die Salze zurückließ. Die Salzmineralien in den ersten beiden Gesteinskernen könnten auch winzige Bläschen von altem Marswasser eingeschlossen haben. Wenn sie vorhanden sind, könnten sie als mikroskopische Zeitkapseln dienen, die Aufschluss über das frühere Klima des Mars geben. Salzmineralien sind auch auf der Erde dafür bekannt, dass sie Spuren von Leben bewahren können.

Ausblick:

Inzwischen hat der Rover die Region Citadelle verlassen und befindet sich jetzt, Anfang Oktober, in einer Region namens "South Séítah".

Quelle: NASA
Position von Perseverance und Ingenuity während der Konjunktion.

Mit den beiden ersten Gesteinsproben im Gepäck feierte Perseverance am 11. September 2021 seinen 200. Sol auf dem Mars mit einer rekordverdächtigen Fahrt über 175 Meter, immer in nordwestlicher Richtung entlang von "Artuby". Perseverance übernahm für den größten Teil der Fahrt selbst das Steuer und legte 167 Meter mithilfe der Autonavigationsfunktion (kurz: Autonav) zurück. Das ist eine Mobilitätssoftware, die es Perseverance ermöglicht, das Gelände selbst zu kartieren und so Gefahren bei längeren Fahrten selbstständig zu erkennen und diesen auszuweichen.

Nachdem wir noch einige Aufnahmen von Artuby gemacht hatten hatten, bog Perseverance nach rechts (Nordosten) ab und in Richtung der Region Séítah (in der Sprache der Navajo für "amidst the sands", mitten im Sand). Die geschichteten Aufschlüsse von Artuby umreißen den südlichen Rand des Séítah-"Daumens" und stellen möglicherweise eine Grenze zwischen den zwei geologischen Einheiten dar.

Dank der hervorragenden Fernerkundung durch den Ingenuity-Hubschrauber konnten wir bereits vor der Fahrt einen Blick auf Séítah werfen und potenzielle Ziele für Untersuchungen und Probenahmen identifizieren. Insbesondere ein dünn geschichteter Aufschluss namens "Bastide" erregte unsere Aufmerksamkeit. Die dünnen Schichten von Bastide deuten darauf hin, dass es sich um ein Sedimentgestein handelt, das möglicherweise von Wasser abgelagert wurde, als Ergebnis der Aktivität des Jezero-Sees vor mehr als drei Milliarden Jahren. Wir konnten Bastide zum ersten Mal aus der Nähe betrachten, als wir an Sol 204 (15. September 2021) nach einer Reihe von Fahrten an dem Aufschluss ankamen. Seit der Ankunft dort hat Perseverance das Gestein abgeschliffen, um eine frische Oberfläche freizulegen und die Zusammensetzung mit seinen hochentwickelten wissenschaftlichen Instrumenten besser untersuchen zu können.

Einige der wichtigsten wissenschaftlichen Fragen bei der Erforschung von South Séítah sind: In welcher Beziehung stehen diese Gesteine zu denen, die zuvor im "Crater Floored Fractured Rough" erforscht wurden? Repräsentieren sie einen geologisch unterschiedlichen Ursprung und eine andere Zeit in der Geschichte von Jezero? Die Untersuchung von Bastide könnte Antworten auf diese Fragen liefern, und möglicherweise finden wir in dieser Region auch einen Felsen für eine weitere wichtige Probennahme, ein weiteres Puzzle-Stück für die Entschlüsselung der Geschichte des Jezero Kraters.

Zurzeit haben Perseverance (und wir) aber erstmal Pause. Die Erde und der Mars stehen gerade auf der jeweils gegenüberliegenden Seite der Sonne (Konjunktion - genau am 8. Oktober) und die Kommunikation mit dem Rover ist deshalb bis Mitte Oktober unterbrochen. Dem Rover wurde deshalb zuvor eine Reihe von Befehlen übermittelt, sodass er in dieser Zeit wissenschaftliche Aktivitäten durchführen kann, ohne dass das Team jeden Tag überprüfen muss, ob sie erfolgreich waren. So wird Perseverance unter anderem Aufnahmen mit der Mastcam-Z machen, Wettermessungen durchführen, nach vorbeiziehenden Staubteufeln auf dem Planeten Ausschau halten sowie mit dem Mikrofon nach Umweltgeräuschen lauschen.

Diese Zeit der "Funkstille" ist eine gute Gelegenheit für uns, die bisher gesammelten Daten mal in Ruhe zu analysieren und Pläne für die nächsten Etappen der Reise zu machen. Weiter geht's, sobald der Mars wieder hinter der Sonne auftaucht und für uns auf der Erde sichtbar wird, sodass mit den großen 70-Meter-Antennen des Deep-Space Network der NASA der Kontakt zu Perseverance wieder aufgenommen werden kann.

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Über den Autor

Nicole Schmitz ist Planetenforscherin und Ingenieurin am Institut für Planetenforschung des DLR in Berlin, Deutschland. Die Forschungsgruppe konzentriert sich auf die Erforschung der planetaren Geologie mit Hilfe von Daten, die von Kameras, Spektrometern und anderen Instrumenten auf verschiedenen Raumfahrtmissionen gewonnen werden. Schmitz war am Design und der Entwicklung von Instrumenten für planetare Erkundungsmissionen, an der Missionsplanung und -durchführung sowie an wissenschaftlichen Aktivitäten für Mars-, Jupiter-, Mond- und Asteroidenmissionen beteiligt. zur Autorenseite