Luftfahrt | 18. Januar 2022 | von Tim Stelkens-Kobsch

Projekt SATIE – Mehr Sicherheit für Flughäfen

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Quelle: © whity
Flughäfen sind komplexe und damit vulnerable Areale. Im Projekt SATIE haben sich führende EU-Partnerorganisationen mit dem Ziel zusammengeschlossen, die Widerstandsfähigkeit europäischer Flughäfen gegenüber Cyber- und physikalischen Angriffen zu verbessern.

Welche Auswirkungen kann ein erpresserischer Angriff auf das Gepäckbeförderungssystem eines Flughafens haben? Das wurde kürzlich im Rahmen des europäischen Projekts SATIE, kurz für Security of Air Transport Infrastructures of Europe, am Flughafen Zagreb, einem der Projektpartner, mit großem Aufwand demonstriert. „Angreifer“ führten live und vor Ort zusätzlich Virusangriffe auf das Steuerungssystem des BHS (Baggage Handling System) durch, die die Beteiligten des Flughafens während der Demonstration erkennen und abwehren sollten. Zur Verfügung stand ihnen ein im Projekt entstandenes SATIE Toolkit, das die physikalischen und Cyber-Angriffe – und auch Kombinationen aus beiden – erkennt und Entscheidungsvorschläge zur Klärung der Situation gibt.

Der nachgestellte Angriff auf das Gepäckbeförderungssystem war nur eines von insgesamt fünf Szenarien, um die neuen Werkzeuge des SATIE-Toolkits möglichst realitätsnah zu testen. Jedes Szenario beschreibt Schritt-für-Schritt genau, wie ein bestimmter, komplexer Angriff auf einen Flughafen wahrscheinlich ablaufen würde.##markend##

Quelle: © Flughafen Zagreb
Ein Blick hinter den Kulissen einer Gepäckabfertigung

An den Flughäfen Athen und Mailand Malpensa, die ebenfalls zu den SATIE-Projektpartnern gehören, hat das Team weitere vier Szenarien demonstriert, die ebenfalls im Laufe des Projekts erstellt, simuliert und durchgeführt wurden. Sie befassten sich mit Angriffen auf andere wichtige Bausteine der Flughäfen wie zum Beispiel die Pass- und Grenzübergangskontrollen, die Passagierkontrollen, die Anzeigetafeln (beziehungsweise allgemein das Fluggastinformationssystem), das Zugangskontrollsystem und das Flughafen-Durchsagesystem.

SATIE: Sicherheit der Luftverkehrsinfrastrukturen in Europa

In dem Projekt SATIE entwickelte ein europäisches Team in den letzten Jahren neue Ansätze und Philosophien für spätere „Sicherheitsoperationszentren“ (SOC), die in eine umfassende Sicherheitspolitik für Flughäfen aufgenommen werden sollen. Flughäfen sind große, hochkomplexe und entsprechend vulnerable, das heißt verwundbare, Areale. In ganz unterschiedlichen Bereichen können sie durch „physikalische“ Angriffe und auch „digitale“ Attacken, sogenannte Cyber-Angriffe, gefährdet werden. Die Sicherheit der Menschen, der Infrastruktur und der Abläufe muss gewährleistet sein – in unserer immer weiter digitalisierten Welt mehr denn je.

Angriffe können neben der Gepäckabfertigung, die zu einer empfindlichen Störung der Betriebsabläufe führen, durch kaskadierende und sich verstärkende Effekte (Stichwort: Dominoeffekt) zum Beispiel das gesamte Air Traffic Management gefährden, die physikalische sowie Cyber-Sicherheit der Flugreisenden oder auch die sensible und umfangreiche Datenbasis treffen, auf die ein moderner Flughafen für die reibungslose Abwicklung angewiesen ist.

Quelle: © Airbus CyberSecurity
Die Grafik gibt einen Überblick der verschiedenen Bereiche und Betroffene am Flughafen, die der Gefahr physikalischer oder „virtueller“ Angriffe ausgesetzt sein können

Mehr über das Projekt SATIE

Kritische Infrastrukturen wie Flughäfen sind in der Regel gegen einzelne physische oder Cyber-Bedrohungen geschützt – nicht aber gegen komplexe Angriffe, die beide Kategorien von Bedrohungen kombinieren. Um dies für die Zukunft zu ändern, entwickelten Expertinnen und Experten im Projekt SATIE ein interoperables Toolkit, das sogenannte cyber-physikalische Korrelationen, forensische Untersuchungen und dynamische Folgenabschätzungen auf Flughäfen verbessert. 18 Organisationen aus zehn Ländern arbeiteten an dem europäischen Projekt, koordiniert durch das DLR-Institut für Flugführung. Mit einem gemeinsamen Lagebewusstsein können Flughafensicherheit und Flughafenmanagement effizienter bei der Krisenbewältigung zusammenarbeiten. Notfallverfahren können gleichzeitig über ein Warnsystem eingeleitet werden, um luft- und landseitige Gegenmaßnahmen zu planen, Ersthelfer, Cybersicherheits- und Wartungsteams zu benachrichtigen und eine schnelle Wiederherstellung einer sicheren Lage zu ermöglichen.

SATIE verfolgte einen ganzheitlichen Ansatz zur Vorbeugung, Erkennung, Reaktion und Abschwächung von Bedrohungen in Flughäfen, wobei der Schutz kritischer Systeme, sensibler Daten und Passagiere gewährleistet wird. In eine Simulationsplattform wurden Lösungen integriert, die zentrale Teile der cyber-physischen Systeme auf Flughäfen nachbildet. Ziel ist, die Zusammenarbeit und Effizienz von neuen mit bestehenden Systemen zu verbessern.

Es wurden drei Demonstrationen an verschiedenen europäischen Flughäfen (Zagreb, Mailand Malpensa und Athen) durchgeführt, um die Lösungen unter Betriebsbedingungen zu bewerten. Die Ergebnisse werden an Wissenschaft, Normungsgremien, Sicherheitsexperten und die Luftfahrtbranche weitergegeben. SATIE ist ein kürzlich abgeschlossenes EU-Projekt. Es wurde mit Mitteln aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union gefördert.

Noch mehr gibt es über SATIE in Bild und Ton auf Youtube zu entdecken.

Quelle: © DLR
Beispielhafte Darstellung von einigen, an einem Flughafen vorhandenen Systemen und Services

 

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Über den Autor

Tim Stelkens-Kobsch interessiert sich schon seit seinen Schulzeiten für die Luftfahrt. Diese Begeisterung hat ihn zum Studium der Luft- und Raumfahrt an der Technischen Universität Braunschweig animiert, das er 2001 abgeschlossen hat. Am Institut für Flugführung der TU Braunschweig hat er dann bis 2007 gearbeitet. zur Autorenseite