Raumfahrt | 08. Februar 2023 | von Dirk Heinen

TRIPLE-IceCraft-Expedition in die Antarktis: Die Vorbereitungen können beginnen - Teil 2

Quelle: DLR/RWTH Aachen/Dirk Heinen
Unsere Ankunft an der Neumayer-Station III

Tag 3 – 26. Januar 2023

Zum Zeitpunkt unserer Ankunft an der Neumayer-Station III ist es zwar der Uhrzeit nach Vormittag, aber durch die ganze Reise spielt meine innere Uhr verrückt. Ich werde einige Tage benötigen, bis sich mein Zeitgefühl wieder normalisiert hat. In der Zwischenzeit leben wir uns erstmal ein bisschen ein und erholen uns ein wenig von der langen Anreise. Um eine Corona-Ansteckungsgefahr in der Station zu vermeiden, isolieren sich alle zehn Neuankömmlinge: Wir tragen in der Station Maske, nutzen unterschiedliche Aufenthaltsräume, Schlaf- und Badezimmer, und wir essen zu unterschiedlichen Zeiten in der Messe. Zunächst gibt es eine kurze Präsentation vom Stationsleiter über die Station, später noch eine Führung durch die verschiedenen Bereiche und Stockwerke. Im Anschluss beziehen Jan Audehm, Simon Zierke und ich unsere Kabause, einen mobilen Wohncontainer, der auf einem Schlitten direkt neben der Station steht.##markend##

Quelle: DLR/RWTH Aachen/Dirk Heinen
Wir haben die vordere orangenfarbene Kabause bezogen

Unsere Kabause ist nicht mehr die Neuste, bietet aber einen ruhigen Schlafplatz und ausreichend Platz: Jeder von uns hat ein Doppelstockbett. Eine Liegefläche wird zum Schlafen und eine als Ablage verwendet. Fabian Schöttler hat einen Platz in einem Schlafraum in der Station zugeteilt bekommen. Wir nutzen Kabause und Zimmer jedoch nur zum Schlafen, da wir die restliche Zeit entweder in der Station oder draußen bei der Schmelzsonde und unserem Container sind. Dazu gleich mehr.

Jeden Tag vor dem Abendessen findet ein Stations-Briefing für alle Bewohner der Station (circa 40 Personen) statt. Es gibt eine kurze Vorschau auf das Wetter für die nächsten Tage, und es wird informiert und koordiniert, was die nächsten Tage ansteht.

Tag 4 – 27. Januar 2023

Nach dem Frühstück erhalten wir eine Einweisung für unsere Schneemobile. Zunächst wird uns erklärt, wie sie  zu bedienen sind und was wir dabei beachten müssen. Danach geht es in die Praxis, und wir fahren als Gruppe eine kleine Runde. Wir planen unsere Bohrung in der Nähe der Schelfeiskante durchzuführen, die etwa 20 Kilometer von der Station entfernt ist. Während des Bohrvorgangs werden wir im Schichtdienst arbeiten und zwischen der Station und der Bohrstelle mit den Schneemobilen hin- und herpendeln.

Quelle: DLR/RWTH Aachen/Dirk Heinen
Per Schneemobil werden wir täglich zur Bohrstelle pendeln

Nach der Einweisung wird uns der Container gebracht, in dem sich unsere Schmelzsonde TRIPLE-IceCraft befindet. Der Container ist ein Standardtransportcontainer (20-Fuß-ISO-Container) und wurde von uns im August 2022 in Aachen losgeschickt und nach Bremerhaven zum Alfred-Wegener-Institut geliefert. Dort wurde der Container mit weiterer Fracht auf das Forschungsschiff Polarstern geladen. Die Polarstern legte Anfang Januar in der Nähe der Neumayer-Station III an. Seitdem wartet der Container auf uns.

Unser Container ist zweigeteilt und hat auf beiden Kopfseiten Türen. Die Schmelzsonde befindet sich in einer langen Schublade, die an beiden Containerseiten herausgezogen werden kann. Im Container befindet sich zudem alles, was für den Betrieb der Sonde notwendig ist. Von einer Seite hat man Zugang zu dem Generator, der die elektrische Leistung für die Sonde liefert. Auf der zweiten Seite kommt man in den Arbeitsbereich, in dem wir uns während der Bohrungen und für sonstige Arbeiten aufhalten können. Dort steht auch ein Server zur Steuerung der Sonde und zur Speicherung aller Daten, die während der Fahrt erfasst werden. Weitere Komponenten, die beispielsweise zur Kommunikation mit der Sonde oder für die Spannungsversorgung benötigt werden, finden auch hier Platz.

Quelle: DLR/RWTH Aachen/Dirk Heinen
Unser Container wird mit einer Schneeraupe vorgefahren

Der Container befindet sich auf einem Schlitten und wird per Schneeraupe zum Radom, einer Antennenkuppel, gezogen, die zwischen der Neumayer-Station III und der Landebahn liegt. Wir können eine dort befindliche Steckdose nutzen, um unseren Container zu versorgen. Somit können wir auch mit der Arbeit starten ohne den Generator anzuwerfen. Wir beginnen damit, die im Container verstauten Kisten und Traversenelemente auszuräumen und zu kontrollieren, ob alles im Inneren die lange Fahrt gut überstanden hat. Zunächst lesen wir die mitgeschickten Transportlogger aus und führen danach weitere Inspektionen und Tests durch.

Hier ist hohe Gründlichkeit angesagt, da die Sonde sehr komplex ist und, sobald sie sich im Eis befindet, man keine Hand mehr anlegen kann.

Tag 5 – 28. Januar 2023

Wir fahren mit den Vorbereitungen an der Sonde und dem Container fort. Dafür öffnen wir zum Beispiel die Seitenelemente der Schmelzsonde, die um eine Winde angeordnet sind. Dahinter befindet sich das aufgewickelte Schmelzsondenkabel. Es hat die Fahrt gut überstanden und alle Wicklungen liegen weiterhin stramm und geordnet auf der Haspel. Wir synchronisieren alle Uhren in den Systemen. Auf dem Dach vom Container errichten wir einen Kran. Damit können wir die Sonde aus dem Container rausheben und hochziehen. So dient dieser als Startrampe und Haltepunkt der Sonde. Den Aufbau und die Funktionsweise der TRIPLE-IceCraft-Schmelzsonde werde ich in einem späteren Blogbeitrag genauer beschreiben.

Quelle: DLR/RWTH Aachen/Dirk Heinen
Der Kran ist auf dem Container installiert

Heute Abend müssen wir alles sicher verstauen und verschließen, da für den nächsten Tag schlechtes Wetter mit starkem Wind und viel Schneedrift vorhergesagt ist.

Tag 6 – 29. Januar 2023

Das Wetter ist leider wirklich so schlecht geworden wie vorhergesagt: An draußen Arbeiten ist nicht zu denken. Der Weg von der Kabause bis zur Station ist schon bitterkalt und unangenehm durch den starken Wind und die Schneedrift. Über den Tag wird der Wind auch noch stärker. Sogar die Neumayer-Station pendelt ein bisschen mit.

Quelle: DLR/RWTH Aachen/Dirk Heinen
Während wir drinnen im Warmen sitzen, setzt sich Schnee an den Fenstern der Station fest

Passenderweise ist heute Sonntag, und wir nutzen das schlechte Wetter, um den Tag ein bisschen langsamer anzugehen. Wir besprechen die Planung der nächsten Tage und nutzen die Zeit für Diskussionen und die Arbeiten im Team. Wir besprechen auch mit den AWI-Kollegen unsere Logistik und weitere Anforderungen bei der Durchführung. Gegen Abend schwächt der Wind ab und es wird ruhiger.

Zum Glück ist für morgen wieder gutes Wetter angesagt!

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Über den Autor

Dr. Dirk Heinen erforscht Schmelzsonden und Navigationssysteme für diese Sonden. Schmelzsonden werden genutzt, um Gletscher und Eisschelfe zu durchdringen, zu explorieren und darunterliegende subglaziale Seen zu erreichen. Seit 2010 forscht er am III. Physikalischen Institut B der RWTH Aachen. In seiner Promotion arbeitete er an einem akustischen Lokalisierungssytem für die Schmelzsonde EnEx-IceMole, die im Rahmen der Enceladus-Explorer-Initiative "EnEx" der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR in Zusammenarbeit von sechs Hochschulen entwickelt wurde. zur Autorenseite