Raumfahrt | 13. März 2023 | von Hauke Hußmann

GALA auf JUICE Teil 1: Ready for Launch! Bereit zum Start ins Jupitersystem

ESA%2dRaumsonde JUICE im Jupitersystem als künstlerische Darstellung
Quellen: Spacecraft: ESA/ATG medialab; Jupiter: NASA/ESA/J. Nichols (University of Leicester); Ganymede: NASA/JPL; Io: NASA/JPL/University of Arizona; Callisto and Europa: NASA/JPL/DLR
Die ESA-Raumsonde JUICE im Jupitersystem (künstlerische Darstellung)

Im April 2023 wird die ESA-Raumsonde JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer) zum Jupitersystem starten. Das DLR-Institut für Planetenforschung ist mit dem Ganymede Laser Altimeter (GALA) und der Kamera JANUS maßgeblich an der Mission beteiligt. Die Startvorbereitungen laufen zurzeit auf Hochtouren. Mit den erfolgreich abgeschlossenen Tests von GALA auf der Raumsonde blickt das Team auf eine intensive Projektphase zurück und fiebert jetzt dem Start entgegen.

Was ist unser Ziel?

Die Galileischen Monde Jupiters, Io, Europa, Ganymed und Kallisto, umrunden den Jupiter zwischen 42 Stunden (Io) und knapp 17 Tagen auf leicht elliptischen Bahnen. Sie befinden sich vergleichsweise nah an dem Riesenplaneten, sodass während des Umlaufs enorme Gezeitenkräfte durch Jupiter auf die Monde wirken. Insbesondere bei den inneren Monden Io und Europa sind diese Kräfte sehr stark ausgeprägt, aber auch weiter außen bei Ganymed und Kallisto sind sie deutlich messbar. Die Kräfte führen zu einer periodischen Verformung der Oberfläche, die mit geeigneten Instrumenten bestimmt werden kann. Genau das leistet unter anderem das Ganymede Laser Altimeter GALA auf der Raumsonde JUICE für Ganymed, den größten Mond des Sonnensystems.##markend##

Quelle: NASA/JPL
Die Galileischen Monde Jupiters: Io, Europa, Ganymed, Kallisto

Worin liegt nun der große Nutzen einer Messung dieser Gezeitenwirkung? Hierzu müssen wir etwas weiter ausholen. Die Monde Europa, Ganymed und Kallisto enthalten sehr viel Eis, bei dem es sich um das uns allen vertraute Wassereis, also gefrorenes H2O, handelt. Tatsächlich ist Wasser ein sehr häufig vorkommendes Material der Planetenentstehung im äußeren Sonnensystem jenseits des Asteroidengürtels zwischen Mars und Jupiter. Die Temperaturen waren im Jupitersystem bei der Entstehung der Monde vor etwa 4,5 Milliarden Jahren so niedrig (unterhalb des Gefrierpunktes), dass auch H2O bei der Entstehung, der sogenannten Akkretion, als fester Bestandteil in die Monde mit ‚eingebaut‘ werden konnte, ohne vorher zu verdampfen. Tatsächlich enthalten die großen Eismonde Ganymed und Kallisto zusätzlich zu ihrem Gesteinsanteil daher auch etwa 50 Prozent Eis, das sich zum überwiegenden Teil in den äußeren Schichten befindet:

Quelle: NASA/JPL
Innere Struktur Ganymeds. Der blaue äußere Teil besteht aus Eis, das vermutlich im Innern einen flüssigen Ozean bildet.

Modellrechnungen der inneren Struktur und thermalen Entwicklung sagen voraus, dass sich unter den äußeren Eisschichten flüssige globale Ozeane befinden. Jeder dieser Ozeane auf Europa, Ganymed und Kallisto würde nach typischen Modellrechnungen mehr Wasser beinhalten, als alle Meere auf der Erde zusammen. Auch gibt es bereits Hinweise von früheren Messungen, die auf die Ozeane hindeuten. Sie könnten Bereiche im äußeren Sonnensystem darstellen, die günstig für die Entwicklung von Leben sind. Dazu braucht es zwar durchaus mehr als nur Wasser, insbesondere die passende Chemie, aber eine essentielle Voraussetzung wäre damit über lange Zeiten gegeben. Diese Ozeane gilt es nun nachzuweisen und ihre physikalischen Eigenschaften zu bestimmen!

Die Gezeitenmessung kommt ins Spiel

Die periodische Verformung der Oberfläche ist deutlich ausgeprägter (bis zu sieben Meter bei Ganymed) im Falle eines Ozeans unter der Eisoberfläche. Ohne Ozean wäre die Gezeitenamplitude nur etwa zehn Zentimeter hoch – und damit kaum messbar. Ziel ist es, mit GALA diese periodische Verformung der Oberfläche von mehreren Metern nachzuweisen und im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten Eigenschaften wie zum Beispiel die Dichte oder Ausdehnung des Ozeans und der darüber liegenden Eisschicht zu bestimmen.

Neben dem Nachweis des Ozeans auf Ganymed ist ein weiteres Hauptziel von GALA, die Oberflächentopographie global und lokal zu bestimmen. Dies ist eine typische Aufgabe der Laser-Altimetrie und eine wichtige Grundlage für die Interpretation der geologischen und geophysikalischen Prozesse an der Oberfläche, die auf Ganymed einzigartige Oberflächenformationen hervorgebracht haben.

Quelle: NASA/JPL
Ganymeds komplexe Oberfläche, geprägt durch Tektonik und Einschlagskrater

Ganymed hat in seiner Vergangenheit sehr intensive Entwicklungsphasen durchlaufen, die durch hohe Energieumsätze und Prozesse geprägt waren, die höchstwahrscheinlich ebenfalls durch Gezeitenreibung angetrieben wurden. GALA wird die Oberfläche mit etwa 600 Millionen einzelnen Laserschüssen ‚abscannen‘ und so – insbesondere in Kombination mit Bilddaten der Kamera JANUS, an deren Entwicklung das DLR-Institut für Planetenforschung ebenfalls maßgeblich beteiligt war – ein hochgenaues 3D-Modell der Oberfläche erstellen.

Quelle: HENSOLDT Optronics
Die optische Einheit des Ganymede Laser Altimeters (GALA)

Das Instrument GALA ist, wie alle anderen neun Experimente, längst auf der Raumsonde JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer) integriert am Weltraumbahnhof der ESA in Kourou in Französisch-Guyana. Wir fiebern, wie ganz gewiss alle Teams, dem Start entgegen, dessen Startfenster sich vom 5. bis zum 30. April 2023 öffnen wird. Mit einer Ariane-5-Trägerrakete wird JUICE auf ihre interplanetare Umlaufbahn und acht Jahre dauernde Reise zum Jupiter gebracht. Dabei sind drei Erdvorbeiflüge und sogar ein Vorbeiflug an der Venus notwendig, um die nötige Beschleunigung zum Jupiter zu erhalten. Ich bin als Principal Investigator (PI) für die Entwicklung, den Betrieb und die wissenschaftliche Datenauswertung von GALA verantwortlich. Dieses kann nur durch exzellente Teamarbeit erfolgreich gelingen. GALA wurde in Zusammenarbeit mit Industrie und wissenschaftlichen Instituten aus Deutschland, Japan, der Schweiz und Spanien entwickelt. Mit der Integration und abgeschlossenen Tests sehen die Instrumente nun einem erfolgreichen Start der Raumsonde JUICE im April 2023 entgegen.

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Über den Autor

Dr. Hauke Hußmann ist kommissarischer Leiter der Abteilung Planetengeodäsie am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin. Dort beschäftigt er sich mit den Monden des äußeren Sonnensystems, insbesondere mit dem inneren Aufbau und der Entwicklung der Monde. Nicht zuletzt spielt dabei die Frage nach inneren Ozeanen der Eismonde und deren Charakterisierung durch Messungen auf Raumsonden eine große Rolle. zur Autorenseite

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