Sonstiges | 18. September 2013 | von Jan Wörner

Wissenschaft, Wissenschaftsmanagement, Wissenschaftspolitik …

Forschung, Entwicklung und Wissenschaft entscheiden zwar in der Regel keine Wahlen, sind aber doch von großer Relevanz: Die heute gewonnenen Erkenntnisse können morgen zur Sicherung des Standorts und der Gesellschaft dienen. Das gilt in besonderem Maße für Länder, die sich aufgrund geographischer, geologischer und anderer regionaler Gegebenheiten auf die Investition in Köpfe konzentrieren (müssen). Damit kommt der Entwicklung von Forschung, Entwicklung und Wissenschaft eine Bedeutung zu, die im Einzelnen zu "interessanten" Folgerungen führt. Aber Vorsicht, frei nach Max Weber: "Das akademische Leben ist ein wilder Hazard", entzieht sich Wissenschaft der unmittelbaren Planbarkeit!

Die Forschungslandschaft in Deutschland ist gekennzeichnet durch eine Vielfalt von Aktivitäten in Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, öffentlichen und privaten Aktivitäten. Insbesondere bei den durch öffentliche Mittel unterstützten Arbeiten stellt sich immer wieder die Frage der Steuerung. Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und der Blick über den nationalen Tellerrand haben gezeigt, dass einige Prinzipien von besonderer Bedeutung sind:

  • Forschung ist im Detail nicht planbar.
  • Forschung darf sich nicht auf Trends beschränken, sondern muss als Grundlage für zukünftige Entwicklungen verstanden werden.
  • Forschung braucht verlässliche Randbedingungen.
  • Die inhaltliche und organisatorische Vielfalt der Forschungsaktivitäten muss gewährleistet sein.
  • Durch Interaktion der verschiedenen Player ist eine nahtlose Innovationskette von Grundlagenforschung bis zum Markt / zur Gesellschaft / zum Einzelnen sicherzustellen.
  • Entscheidungen müssen möglichst wissenschaftsnah gefällt werden.

Basierend auf diesen grundlegenden Überlegungen kommen den verschiedenen Akteuren unterschiedliche Aufgaben zu:

Wissenschaftspolitik

Selbstverständlich kann die Politik, legitimiert durch die Wahlen, grundsätzliche Vorgaben zur Verwendung der Steuergelder machen. Dabei ist auf die angemessene "Flughöhe" der Vorgaben und die Rückkopplung an den Steuerzahler zu achten. Detailsteuerung und willkürliche Einschränkungen sind hier fehl am Platz.

Wissenschaftsmanagement

Wissenschaftsmanagement muss sich als "Enabler" verstehen, ganz im Sinne von Antoine de Saint-Exupéry: "Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen." Als Vorstandsvorsitzender des DLR bin ich Wissenschaftsmanager und versuche die Balance zwischen Steuerung der Verwendung von Steuergeldern und motivations- und kreativitätsfördernden Freiraum innerhalb der programmorientierten Förderung zu halten: Durch gleichzeitige "Bottom-up"- und "Top-Down"-Aktivitäten bei der Festlegung der Projekte und Vorhaben und eine ganze Reihe von Dialoginitiativen innerhalb und außerhalb des DLR wird die Wissenschaftsnähe und zugleich die Relevanz der Arbeiten sichergestellt. Einfachen, kurzfristig utilitaristisch ausgerichteten Argumenten ist dabei zugunsten langfristiger Perspektiven eine Absage zu erteilen, ohne allerdings die Möglichkeiten der Marktrelevanz außer Acht zu lassen.

Wissenschaft

Last but not least das Zentralthema, die Wissenschaft. Wissenschaft entspringt klugen Köpfen und braucht Unterstützung, sei es durch personelle oder sächliche Ausstattung. Wissenschaft braucht aber auch ein Klima, in dem die klugen Köpfe ihre Ideen verfolgen und umsetzen können. Man kann es bedauern, dass Wissenschaft sich einem Fünfjahresplan oder anderen engen Vorgaben entzieht. Tatsächlich ist aber genau das das Wunder der Wissenschaft, nämlich auf der Grundlage von Kenntnissen und Erfahrungen Neues zu suchen und zu finden. Insbesondere bei der Verwendung von Steuergeldern kann diese Forderung nach Freiraum aber nicht beliebig sein. Es ist aber auch verwerflich, sich Forschungen gegenseitig madig zu machen in der Hoffnung, dann ein größeres Stück vom begrenzten "Förderkuchen" zu erhalten. Vielfalt muss hier die zukunftssichernde Devise sein, das gilt für Forschungsthemen wie für Organisation und Strukturen.

Bild: Laminarflügel im Windkanal (DLR CC-BY 3.0)

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Über den Autor

Im Jan-Wörner-Blog bloggte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich "Jan" Wörner, selbst. Seit dem 1. Juli 2015 ist er Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA. zur Autorenseite