Raumfahrt | 17. Juni 2014

Halbzeit auf dem Mars

Halbzeit auf dem Mars

Die Zeit rast an einem vorbei - und ich bin nicht die Einzige im Habitat, die diese Erfahrung macht. Die ersten sieben Wochen sind wie im Flug vergangen. Langeweile ist dabei nie aufgekommen. Wir sind alle mit unseren persönlichen Projekten beschäftigt - und wenn dann mal doch ein bisschen Zeit übrig ist, müssen wir uns ja auch noch um das Habitat kümmern.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)

 

Gefriergetrocknetes Gemüse, Fleisch und Käse

Schon im ersten Monat mussten wir so einige Probleme bewältigen: es gab Schwierigkeiten mit der Kommunikation, es war zu wenig Wasser da, das Laufband und das Trainingsfahrrad sind ausgefallen und die Raumanzüge funktionierten nicht richtig. Unser Sonnenkollektor lieferte zu wenig Energie, sodass wir unseren ICE-Generator anschalten und die Abende bei Taschenlampenlicht verbringen mussten. Ja, das Leben auf dem Mars, sogar auf einem Mars, der auf Hawaii liegt, ist alles andere als Urlaub. Wir sind komplett von allen abgeschottet und können uns nur auf uns selbst oder den weit entfernten Mission Support verlassen, wenn etwas schief geht. Auf dem Mars gibt’s leider keinen Kundenservice. Wenn etwas ausfällt und wir es nicht reparieren können, bleiben uns nur zwei Möglichkeiten: Wir müssen entweder eine Alternative mit dem bei uns vorhandenen Material erfinden oder auf eine neue Lieferung mit dem fehlenden Teil warten - und das kann auch schon mal dauern.##markend##

Unser gesamtes Essen für vier Monate haben wir zu Beginn der Mission bekommen - das ist jetzt fast zwei Monate her. Wir lagern sie in dem Container, der gleichzeitig auch unser Arbeitsraum ist. Ende Mai bekamen wir eine neue Lieferung. Es war allerdings nur ein Teil unserer Essensvorräte, denn nicht alles lässt sich für vier Monate bei uns lagern. Das gesamte Essen, das wir hier haben, ist gefriergetrocknet oder haltbar gemacht - es gibt also nur Konserven, Milchpulver, Müsli, getrocknete Früchte und Nüsse.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Die getrockneten Früchte werden vor dem Essen mit Wasser angereichert

Wenn wir uns ein Essen kochen wollen, dann müssen wir auch immer noch die Zeit mit einplanen, die es braucht, um das Essen wieder mit Wasser anzureichern. Bei unserem gefriergetrockneten Gemüse haben wir eine große Auswahl an Spinat, Tomaten, Paprika, grüne Bohnen, Mais, Brokkoli, Blumenkohl und noch einiges mehr. Unser Vorrat aus gefriergetrockneten Früchten besteht aus Blaubeeren, Erdbeeren, Kirschen, Aprikosen, Ananas und Himbeeren. Dazu gibt es noch getrocknete Äpfel, Rosinen, getrocknete Mango und Cranberries sowie Bananenchips. Wir ziehen auch Alfalfasamen, Brokkoli, Radieschen und Bohnen für unseren Salat.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Selbstgebackenes Brot

 

 

An Fleisch haben wir eine große gefriergetrocknete Auswahl von Hühnchen, Rindfleisch, Würstchen, aber auch viel Dosenfleisch und vakuumversiegelte Würstchen. Unser Käse ist ebenfalls gefriergetrocknet. Eier haben wir als Pulver, mit dem wir regelmäßig Omeletts und Rührei machen. Im Habitat haben wir außerdem Geräte um Joghurt und Käse selber zu machen und auch einen Brotbackautomaten. Wir haben bereits alle ausprobiert. Der Joghurt ist uns richtig gut gelungen, der Käse könnte noch besser werden. Das Brot war einfach nur großartig!

 

 

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Den ersten Salat konnten wir nach sechs Wochen im Habitat ernten

Um ab und zu eine Abwechslung zu dem ganzen gefriergetrockneten Essen zu bekommen, haben wir manchmal Salat und Radieschen aus eigener Züchtung. Die gehören übrigens zu meinem Experiment. Ein Teil meiner Aufgabe hier im Habitat ist es nämlich, Pflanzen zu züchten. Ich studiere die Auswirkung von verschiedenen Wellenlängen - rot-blau, weiß und multispektral - auf das Wachstum vom Radieschen und Salat. Dafür nutze ich eine rot-blaue LED-UFO-Lampe und weiße LED-Paneele, die vom Kennedy Space Center zur Verfügung gestellt wurden, sowie eine multispektrale Lampe von Heliospectra. Die EDEN-Initiative von der Abteilung Systemanalyse Raumtransport des DLR-Instituts für Raumfahrtsysteme in Bremen unterstützt das Experiment mit Mitteln für den Gartenbau (Samen, Erde, Planzenkeimlinge), Kameras und Zeitschaltuhr.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Rechts wachsen Salat und Radieschen unter rot-blauem LED-Licht. Links werden sie unter weißem LED-Licht gezüchtet.

Im zweiten Teil meiner Experimente beschäftige ich mich mit den psychologischen Vorteilen, die Pflanzen den Astronauten bieten. Jedes Teammitglied kümmert sich um eine Pflanze im Biomass Production System for Education (BPSe) von ORBITEC, das sich bei uns im Wohnraum befindet. Unter diesen Pflanzen befinden sich Erbsen, Kirschtomaten, Salat, Radieschen, sowie Rutgers Califonia Supreme Tomaten, deren Samen sechs Jahre an Bord des LDEF-Satelliten verbracht haben.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Im Habitat wachsen Microtina-Tomaten (links), Bohnen (mitte) und die Space-Tomate (rechts)

Wir führen auch ein Nachwuchsprojekt zusammen mit dem DLR_School_Lab durch. In diesem Projekt züchten Schüler im Klassenraum Salat in sogenannten Bottle Crops, einem Set bestehend aus einer Flasche, Dünger und Samen, das speziell von INTEGAR (Institut für Technologien im Gartenbau GmbH, Dresden) für diesen Salatanbau entwickelt wurde. Wir haben das gleiche Experiment hier bei uns im Habitat und führen es parallel zu den Schulklassen aus. Jede Woche stellen uns die Schüler über das Wachstum der Pflanzen oder auch über die Mission oder den Mars im Allgemeinen Fragen, die wir dann in einer Videobotschaft beantworten. Mehr zu diesem Projekt ist unter diesem Link zu finden.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Bottle Crops im Habitat: Diese waren zu der Zeit noch nicht bepflanzt.
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