Raumfahrt | 25. August 2014 | von Jan Wörner

"Rockets are tricky"

Die 30 Galileo%2dSatelliten
Quelle: ESA-P. Carril
Künstlerische Darstellung der 30 Galileo-Satelliten.

Dieses Zitat stammt von Elon Musk, dem Pionier im Bereich der Kommerzialisierung der Raumfahrt und Gründer von SpaceX. Er äußerte es am 23. August 2014 nach einem missglückten Teststart. Raumfahrtgeräte sind aufgrund ihrer komplexen Systeme und der Tatsache, dass die Aufgabe ohne große "Sicherheitsreserven" und relativ wenig Echtzeitkorrekturmöglichkeiten erfüllt werden muss, sehr anspruchsvolle technische Einrichtungen. Zwar wurde die Raketentechnik im Laufe der Zeit kontinuierlich und sehr erfolgreich weiterentwickelt, eine "absolute Sicherheit" kann aber aufgrund oben genannter Aspekte nicht erreicht werden. Das musste auch beim Start der beiden Galileo-Satelliten am 22. August 2014 beobachtet werden.##markend##

Der Start der Raketen vom Typ Sojus erfolgte vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou. Zunächst deuteten alle Messergebnisse auf einen perfekten Missionsverlauf hin: Pünktlich hob die Rakete ab, folgte der vorgegebenen Trajektorie und auch die Stufentrennung verlief perfekt. Erste Probleme wurden erkannt, als sich bei beiden an Bord befindlichen Satelliten die Solarpaneele nicht ordnungsgemäß entfalteten. Dann zeigte eine genauere Analyse, dass die erreichte Umlaufbahn weder in Form und Höhe noch in der Neigung gegenüber dem Erdäquator der Vorgabe entsprach und dass offensichtlich die Oberstufe die geplante Rotation um die Längsachse (den sogenannter Barbeque-Mode, um den Wärmehaushalt auch bei Sonneneinstrahlung günstig zu halten) nicht angeregt hatte. Noch ist es zu früh, um endgültige Aussagen über die Ursachen und Konsequenzen zu machen. Zurückkommend auf das Zitat von Elon Musk ist es mir wichtig, dass jetzt nicht das gern geübte Spiel der gegenseitigen Schuldzuweisung erfolgt, sondern die Klärung der Ursache und die sich daraus ergebenden erforderlichen Maßnahmen für die kommenden Starts im Vordergrund stehen.

Galileo ist ein Flaggschiff der europäischen Raumfahrtaktivitäten, das im Zusammenspiel von Europäischer Kommission, Europäischer Raumfahrtagentur ESA, den nationalen Raumfahrtagenturen und der Raumfahrtindustrie realisiert wird. Wir brauchen dieses System nicht aus europäischem Eitelkeitsdenken, sondern insbesondere aus der Notwendigkeit heraus, durch Unabhängigkeit für eine Reihe von sicherheitskritischen Anwendungen, wie zum Beispiel dem navigationsgeführten Endanflug von Flugzeugen bei der Landung, über die Frage der Redundanz das erforderliche Sicherheitsniveau zu garantieren.

Die Ereignisse vom 22. August sind sicherlich ein herber Rückschlag für das Galileo-Programm, das seit seinem Start vor vielen Jahren immer wieder - bisher jedoch mehr unter administrativen als unter technischen Problemen und Verzögerungen - gelitten hat. Gleichwohl ist die Notwendigkeit unter Fachleuten unbestritten und muss nun die Grundlage für das zielgerichtete Entscheiden und Handeln sein. Die Anforderungen hinsichtlich Bahngenauigkeit sind systembedingt hoch und daher eine besondere Herausforderung. Hier gilt es auch auf der technischen Seite eventuelle Konsequenzen, beispielsweise auch bei der Definition der zukünftigen europäischen Trägerrakete zu definieren, um innerhalb der physikalisch gesetzten engen Grenzen die Echtzeitkorrekturmöglichkeiten zu maximieren.

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Über den Autor

Im Jan-Wörner-Blog bloggte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich "Jan" Wörner, selbst. Seit dem 1. Juli 2015 ist er Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA. zur Autorenseite