Raumfahrt | 24. Oktober 2017 | von Fiona Lenz

Bettruhe-Studie Teil 4: Ab ins Bett – 30 Tage liegen bleiben

Bett mit 6Grad%2dKopfneigung
Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Die Betten der zwölf Probanden sind alle um 6 Grad geneigt, so dass der Kopf der tiefste Punkt des Körpers ist.

Noch eine letzte herzliche Umarmung im Stehen: So verabschieden Studienleiter Edwin Mulder, seine Vertreterin Alexandra Noppe und Studienärztin Freia Paulke ihre Teilnehmer bei der VaPER-Studie (VIIP and Psychological :envihab Research Study) ins Bett. Die Probanden A und B legten sich am Dienstag als erste hin. Seitdem folgten pro Tag  je zwei der insgesamt zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer, bis dann am Sonntag alle im Bett lagen. 30 Tage und Nächte lang.##markend##

Anstatt - wie zu Hause - in einem waagerechten Bett zu liegen, müssen die Teilnehmer der VaPER-Studie allerdings mit einem Bett vorlieb nehmen, das um sechs Grad geneigt ist. Der Kopf liegt dabei auf der tieferen Seite. Durch die strikte Bettruhe und die Kopftieflage werden im Körper die gleichen Effekte hervorgerufen wie bei Astronauten in der Schwerelosigkeit. Die Probanden sind also sozusagen irdische Astronauten, zumindest was die meisten körperlichen Prozesse im Verlauf der Bettruhe angeht. Sowohl bei Astronauten im All als auch bei den Probanden auf der Erde verschieben sich die Flüssigkeiten im Körper verstärkt Richtung Kopf. Und hier liegt auch der Fokus der VaPER-Studie: Die Erforschung der Effekte von Schwerelosigkeit auf die Bewegung und Verteilung von Flüssigkeiten im Gehirn und den Augen.

Zusätzlich zu der Kopftieflage herrscht in der Probandenstation des :envihab eine erhöhte CO2-Atmosphäre, die Luft ist auf 0,5 Prozent Kohlendioxid angereichert. Auch dieser Faktor ist der Situation auf der Internationalen Raumstation ISS nachempfunden: Dort herrscht ebenfalls eine erhöhte Konzentration an Kohlendioxid - und diese steht gemeinsam mit den weiteren körperlichen Auswirkungen der Schwerelosigkeit, wie zum Beispiel dem erhöhten Hirndruck, im Verdacht, eine sogenannte Visusveränderung bei den Astronauten zu verursachen. Diese Veränderung der Sehfähigkeit kommt bei 30 Prozent der Langzeit-Astronauten vor, die bis zu sechs Monate auf der Raumstation bleiben. In bisherigen Bettruhestudien, die unter normaler Atmosphäre durchgeführt wurden, konnten diese strukturellen Veränderungen im Auge nicht beobachtet werden. Daher wird vermutet, dass die Kombination mit erhöhtem CO2 die Ursache dafür sein könnte. Die heutigen neuartigen bildgebenden Verfahren ermöglichen es, dieses Phänomen genauer zu untersuchen. Deshalb gibt es bei der VaPER-Studie jede Menge Augen- und Hirn-Untersuchungen, um dieses so genannte VIIP-Syndrom (Visual Impairment and Intracranial Pressure, also Sehstörungen und Hirndruck), zu untersuchen. Außerdem werden die physiologischen und psychologischen Auswirkungen der 30-tägigen Bettruhe und ihr Verlauf mit wiederkehrenden Experimenten genau untersucht.

Um diese physiologischen Veränderungen auf der Erde simulieren zu können, nutzt man das Modell der Bettruhe in 6°-Kopftieflage. Die Bettruhe und der damit verbundene Bewegungsmangel führen zu der gewünschten Nichtbelastung der unteren Extremitäten. Gemeinsam mit der Flüssigkeitsverschiebung in die oberen Körperareale durch die Kopftieflage können einige physiologische Veränderungen, die im All auftreten, nachgeahmt und untersucht werden.

VaPER (VIIP and Psychological :envihab Research Study)

Für die VaPER-Studie legen sich 12 Probanden im DLR für 30 Tage bei einer Sechs-Grad-Kopftieflage ins Bett. Ihr Körper erfährt dabei ähnliche Veränderungen wie der von Astronauten in Schwerelosigkeit, was sich Wissenschaftler zunutze machen, um jene Veränderungen genauer zu untersuchen. Der Fokus von VaPER (VIIP and Psychological :envihab Research Study) liegt sowohl auf der Untersuchung von physiologischen und psychologischen Auswirkungen als auch auf dem VIIP-Syndrom (Visual Impairment and Intracranial Pressure), das Sehstörungen und erhöhten Hirndruck bei Astronauten in Schwerelosigkeit beschreibt. Die Studie wurde von der amerikanischen Raumfahrtagentur NASA in Auftrag gegeben und wird vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin durchgeführt.

Alle Blogbeiträge der VaPER-Studie

VaPER-Studie Teil 1: Warum legt das DLR Menschen für 30 Tage ins Bett?

VaPER-Studie Teil 2: Von 4.500 Bewerbern auf 12 Probanden – Wie findet man geeignete Teilnehmer?

VaPER-Studie Teil 3: Was ist ein Medical?

VaPER-Studie Teil 5: Kann jeder bei einer Bettruhestudie als Proband mitmachen?

 

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Über den Autor

Fiona Lenz war bis 2019 Mitglied im Cross-Media-Team und seit 2016 für das DLR auf twitter, facebook und Co. unterwegs. Davor studierte sie Online-Journalismus, als Generation „Digital Native“ naheliegend. Dass sich ihr Weg dann in Richtung Forschung und Wissenschaft entwickelt, hätte Fiona zu Beginn ihres Studiums selbst nicht gedacht. Nach einem Praktikum beim DLR wollte sie aber einfach nicht mehr gehen. zur Autorenseite