Raumfahrt | 28. Oktober 2011 | von Jan Wörner

40 Jahre Luft- und Raumfahrt-Kooperation mit Brasilien

Am 19. November 1971 unterzeichneten die Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e.V. (DFVLR, heute DLR) mit dem brasilianischen Centro Técnico Aeroespacial einen ersten Kooperationsvertrag. Basis waren die persönlichen Kontakte einiger Ingenieure und der Wille, gemeinsam Forschung zu betreiben. Der Rahmenvertrag zwischen der deutschen und der brasilianischen Regierung über die wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit (WTZ) bildete die politische Grundlage unserer Kooperation. Nun, 40 Jahre nach der Unterzeichnung, trafen sich die Akteure von damals und heute in São José dos Campos, um das Jubiläum zu feiern und gleichzeitig neue Pläne zu schmieden.

Das ursprüngliche WTZ-Abkommen wurde regelmäßig erneuert, ebenfalls wurden seither zahlreiche spezifische Abkommen geschlossen. Inzwischen existieren zwischen DLR und seinen brasilianischen Partnern mehr als 10 Einzelabkommen - und ich bin überzeugt, dass in der Zukunft weitere bilaterale Projekte hinzu kommen werden.

Ein Workshop, der sich an die Jubiläumsfeier anschloss, bildete dafür die Grundlage. Die Kooperation begann vor vierzig Jahren im Bereich der Raumfahrt, aber auch Themen der Luftfahrt- und der Energieforschung wurden und werden behandelt. Die Entwicklung und Nutzung von Höhenforschungsraketen bilden seit jeher das stabile Rückgrat der Kooperation. Auch die bezüglich dieses Forschungsthemas politisch verordnete "Pause" im Zeitraum von 1987 bis 1995, die erst nach Unterzeichnung des MTCR-Abkommens (Missile Technology Control Regime, deutsch: Raketentechnologie-Kontrollregime) von brasilianischer Seite beendet wurde, konnte die Zusammenarbeit nicht in Frage stellen. Interessant ist auch die Tatsache, dass die erste Ölkrise 1973 zu einer intensiven Kooperation im Bereich der Windenergie führte. Die damaligen Forschungsarbeiten, die sich auf Seiten des DLR insbesondere mit Faserverbundtechnologien beschäftigten, führten unter anderem zur Gründung der brasilianischen Firma TECSIS, die aktuell der weltweit zweitgrößte Hersteller von Rotorblättern für Windkraftanlagen ist.

Kooperation in und mit Brasilien. Bild: CC-BY-DLR
Kooperation in und mit Brasilien: (Von inks nach rechts) Brigadero Pantoja, Direktor Instituto de Aeronáutica e Espaço (IAE), Dr. Raupp, Direktor Agência Espacial Brasileira (AEB), Prof. Dr. Felix Huber, Direktor DLR-Raumflugbetrieb, Prof. Dr. Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des DLR, und Brigadero Wander, Vize-Direktor Departamento de Ciência e Tecnologia Aeroespacial (DCTA) bei der Einweihung des Raketenmodells VSB-30.

Die Veranstaltungen waren geprägt von Vertrauen und Freundschaft, basierend auf den langjährigen Beziehungen. Die Balance zwischen formellem Begehen des Jubiläums, dem Singen der Nationalhymnen sowie würdigenden Reden, und dem zugleich informellem, persönlichen Austausch von Erfahrungen und Einschätzungen prägten die Tage in Brasilien. Es zeigt sich einmal mehr, wie hoch das DLR und seine engagierten und kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit geschätzt werden. Damit wird nicht nur das Bild des DLR, sondern auch das Bild Deutschlands positiv verbreitet. Für mich als Vorstandsvorsitzender sind die Veranstaltungen in Brasilien Anlass, den Gastgebern für die umfassende Gastfreundschaft zu danken und den "DLRlern" Anerkennung für ihre Leistungen auszusprechen.

 

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Über den Autor

Im Jan-Wörner-Blog bloggte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich "Jan" Wörner, selbst. Seit dem 1. Juli 2015 ist er Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA. zur Autorenseite