Energie | 22. November 2010 | von Jan Oliver Löfken

Energie-Frage der Woche: Mit welcher Strategie will die EU die Energieversorgung in Zukunft sichern?

20-20-20. So umreißt die Europäische Union bereits seit Jahren ihre Ziele in der Energie- und Klimapolitik. Bis zum Jahr 2020 sollen 20 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen stammen, die Treibhausgasemissionen um mindestens 20 Prozent reduziert und die Energieeffizienz um 20 Prozent erhöht werden. Alle 27 Mitgliedstaaten sind aufgefordert, die Ziele für ihre Nation zu erreichen. Ergänzend legte nun Energiekommissar Günther Oettinger eine Energiestrategie für die gesamte EU vor. Welche sind die wichtigsten Pläne für die zukünftige Energieversorgung?

"Über die kommenden zehn Jahre sind Investitionen in der Größenordnung von 1000 Milliarden Euro im Bereich Energie nötig", heißt es in dem Strategiepapier. Existierende Kraftwerke und Infrastruktur sollen mit diesen Geldern umgebaut und neue Anlagen sowie Strom- und Gasleitungen gebaut werden. Zudem müssten mehr Anreize zur Steigerung der Energieeffizienz, beispielsweise bei der Wärmedämmung von Häusern und im Verkehr, geschaffen werden. Energieeffizienz selbst müsse ein lukratives Geschäft werden, heißt es.

Mehr Stromleitungen, wie hier am südlichen Zipfel Spaniens mit Blick über die Meerenge von Gibraltar nach Marokko, stehen im Mittelpunkt der neuen Energiestrategie der Europäischen Union. So können Solar- als auch Windstrom aus Spanien besser nach Frankreich und Zentraleuropa gelangen. Bild: Jan Oliver Löfken

Mehr Stromleitungen, wie hier am südlichen Zipfel Spaniens mit Blick über die Meerenge von Gibraltar nach Marokko, stehen im Mittelpunkt der neuen Energiestrategie der Europäischen Union. So können Solar-  und Windstrom aus Spanien besser nach Frankreich und Zentraleuropa gelangen. Bild: Jan Oliver Löfken.

200 Milliarden für Strom- und Gasnetze

Auf das Strategiepapier ließ Oettinger vergangene Woche ein Energie-Infrastrukturpaket mit konkreteren Plänen folgen. Rund 200 Milliarden Euro müssten allein in den Ausbau der Strom- und Gasnetze gesteckt werden. Mit diesen könne erst ein weiteres Ziel, ein funktionierender Energiebinnenmarkt über die gesamte Union, erreicht werden. Diese Kosten könnten laut Oettinger zur einen Hälfte von der Wirtschaft und zur anderen Hälfte durch öffentliche Mittel gedeckt werden. Vorrangig sei dabei ein Offshore-Stromnetz in Nord- und Ostsee, um Windstrom nach Mitteleuropa transportieren zu können. Zudem sei der Ausbau von Leitungen in Südwesteuropa wichtig, um etwa Solarstrom aus Spanien über die Pyrenäen nach Frankreich fließen zu lassen. Neben dem Netzanschluss der baltischen Staaten an Zentraleuropa sei auch der Netzausbau in Südosteuropa dringend voranzutreiben. Neben der Aussicht auf finanzielle Hilfe könnte Brüssel auch unterstützend auf eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren einwirken.

Gas wird ebenfalls eine wichtigere Rolle im europäischen Energiemix der Zukunft einnehmen, daher genießt der Ausbau von Gaspipelines hohe Priorität. Wichtig sei der bessere Anschluss des südlichen Korridors, um Gas direkt vom Kaspischen Meer nach Europa leiten zu können. Dazu sollen Nord-Süd-Verbindungen in Westeuropa helfen, regionale Engpässe bei der Gasversorgung zu vermeiden.

Reaktionen auf Infrastrukturplan

Wie zu erwarten war, sind die Reaktionen auf Energiestrategie und Infrastrukturpaket vielfältig. So begrüßte die Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament den Ausbau der Offshore-Stromnetze, Herbert Reul (CDU), Vorsitzender des Energieausschusses im Europäischen Parlament, warnt dagegen vor steigenden Kosten, die im Endeffekt auf die Verbraucher zukommen könnten. Vertreter der deutschen Energiewirtschaft begrüßten insgesamt den "ganzheitlichen Ansatz für die europäische Energiepolitik".

Welche Punkte letztendlich wirklich umgesetzt werden, ist heute noch nicht absehbar. Aber der Weg zu verbindlichen Gesetzen und Richtlinien wird sich am 4. Februar 2011 klarer abzeichnen, wenn sich die europäischen Staats- und Regierungschefs zum europäischen Energiegipfel treffen werden.

Weitere Informationen:

EU-Energiestrategie
EU- Energieinfrastrukturpaket

Die DLR-Energiefrage der Woche im Wissenschaftsjahr "Die Zukunft der Energie"

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Wissenschaftsjahr 2010 unter das Motto "Die Zukunft der Energie" gestellt. Aus diesem Anlass beantwortet der Wissenschaftsjournalist Jan Oliver Löfken in diesem Jahr jede Woche eine Frage zum Thema Energie in diesem Blog. Haben Sie Fragen, wie unsere Energieversorgung in Zukunft aussehen könnte? Oder wollen Sie wissen, wie beispielsweise ein Wellenkraftwerk funktioniert und wie effizient damit Strom erzeugt werden kann? Dann schicken Sie uns Ihre Fragen. Wissenschaftsjournalist Jan Oliver Löfken recherchiert die Antworten und veröffentlicht sie jede Woche in diesem Blog.   

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Über den Autor

Der Energiejournalist Jan Oliver Löfken schreibt unter anderem für Technologie Review, Wissenschaft aktuell, Tagesspiegel, Berliner Zeitung und das P.M. Magazin. Derzeit diskutiert er im DLR-Energieblog aktuelle Themen rund um die Energiewende. zur Autorenseite