Der deutsche Umweltsatellit EnMAP (Environmental Mapping and Analysis Program) ist der erste in Deutschland entwickelte und gebaute Hyperspektralsatellit. Mit seinen beiden Spektrometern analysiert er die von der Erdoberfläche reflektierte Sonnenstrahlung vom sichtbaren Licht bis hin zum kurzwelligen Infrarot in einer bisher nicht verfügbaren spektralen Auflösung. Daraus lassen sich präzise Aussagen über Zustand und Veränderungen der Erdoberfläche ableiten. Dies ermöglicht die Beantwortung aktueller Fragen aus den Bereichen Umwelt und naturnahe Ökosysteme, Land- und Forstwirtschaft, Landnutzung, Wasserwirtschaft und -güte sowie Mineralogie und Geologie in verschiedenen Maßstabsebenen.
Bisher wurde diese Sensorik nur vom Flugzeug aus eingesetzt. Mit EnMAP wird diese Technologie erstmals für eine operationelle Satellitenmission verfügbar. Die neu gewonnenen Daten werden helfen, vielfältige Anwendungen im Bereich Umweltplanung und Ressourcenbewirtschaftung zu entwickeln. Sie können beispielsweise als Entscheidungsgrundlage für die optimale Bewirtschaftung von Ackerflächen dienen und helfen, die Nährstoff- und Wasserversorgung der Pflanzen zu bestimmen sowie Bodeneigenschaften zu quantifizieren.
EnMAP soll am 1. April 2022 vom NASA-Raumflughafen Cape Canaveral in Florida ins All starten. Eine Falcon-9-Rakete des US-Raumfahrtkonzerns SpaceX wird ihn in seinen Zielorbit bringen. Mindestens fünf Jahre lang soll der Hyperspektralsatellit Daten über den Zustand unseres Heimatplaneten erheben.
Unsichtbares sichtbar machen dank Hyperspektralinstrument
EnMAP wird regelmäßig qualitativ hochwertige hyperspektrale Daten zur Verfügung stellen. Herkömmliche multispektrale Sensoren nehmen die von der Erde reflektierte Strahlung in wenigen, spektral sehr breiten Kanälen auf. Aus ihnen lassen sich zuverlässige qualitative Informationen zum Beispiel über die Landbedeckung und deren räumliche Verteilung ableiten. Für quantitative Informationen hingegen, wie die Nährstoffversorgung von Ackerpflanzen, die Wasserqualität von Seen oder die Identifikation von Bodenmineralen werden spektral hochaufgelöste Daten benötigt.
Der Umweltsatellit trägt dafür ein abbildendes Hyperspektralinstrument, das den Spektralbereich von 420 bis 1000 Nanometer in 95 Kanälen und von 900 bis 2450 Nanometern in 135 spektralen Kanälen mit einer hohen Messgenauigkeit und -stabilität der reflektierten Sonnenintensität abdeckt. EnMAP wird die Erde in einer Höhe von rund 650 Kilometern umkreisen. Bei der Datenaufzeichnung erfasst das Hyperspektralinstrument einen 30 Kilometer breiten Streifen der Erdoberfläche, die räumliche Auflösung beträgt dabei 30 Meter mal 30 Meter. Seine Aufnahmekapazität ist darauf ausgelegt, bis zu 1000 Kilometer Streifenlänge pro Orbit und maximal 5000 Kilometer Streifenlänge pro Tag aufzunehmen. Ein untersuchter Zielort innerhalb dieses Streifens kann innerhalb von vier Tagen erneut beobachtet werden, da der Satellit senkrecht zur Flugrichtung um bis zu +/- 30 Grad geschwenkt werden kann. Daher eignet sich EnMAP sehr gut für die Dokumentation räumlich-zeitlicher Veränderungen, wie etwa Erosionsvorgänge oder Vegetationsperioden.
Die spektroskopische Erdbeobachtung liefert Erkenntnisse darüber, wie sich die Ökosysteme von vielen unterschiedlichen Naturräumen ausbreiten und wie sie beschaffen sind: von Küstenzonen und vom Menschen geprägten Kulturlandschaften über Steppen und Wüsten bis hin zu Waldgebieten. Damit können quantitative, diagnostische Informationen über Vegetation, Landnutzung, Gesteinsoberflächen und Gewässer gewonnen werden. Die Daten geben Auskunft über die mineralogische Zusammensetzung der Gesteine, die Schädigung von Pflanzen durch Luftschadstoffe oder den Grad der Bodenverschmutzung.