Außerhalb des schützenden Erdmagnetfelds ist die Strahlenbelastung für den menschlichen Organismus sehr hoch. Sie stellt für zukünftige Besatzungen von Langzeitmissionen zu Mond und Mars ein erhebliches gesundheitliches Risiko dar. Darum ist es entscheidend, diese Belastung genauer zu bestimmen und Maßnahmen zum Schutz von Astronautinnen und Astronauten zu entwickeln. Das Experiment MARE (Matroshka AstroRad Radiation Experiment) untersucht mittels zweier baugleicher Messpuppen, die mit der ersten Mission Artemis 1 der NASA zum Mond fliegen, die Strahlenbelastung während des gesamten Fluges. Die „Messpuppen-Zwillinge“ sind weiblichen Körpern nachempfunden. Eine von ihnen – Helga – fliegt ungeschützt zum Mond, die andere – Zohar - trägt eine neu entwickelte Strahlenschutzweste. Die Weste deckt den Oberkörper, die Gebärmutter sowie die blutbildenden Organe ab. Im Vergleich der beiden Datensätze lässt sich dann ermitteln, in welchem Ausmaß die Weste eine Astronautin vor schädlicher Strahlenbelastung schützen würde.
Das Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) leitet das Experiment. Hauptprojektpartner sind die israelische Raumfahrtagentur ISA, der israelische Industriepartner StemRad, der die AstroRad-Schutzweste entwickelt hat, sowie Lockheed Martin und die NASA. MARE stellt in seiner Komplexität und in seiner internationalen Zusammenarbeit mit zahlreichen Universitäten und Forschungseinrichtungen aus Europa, Japan und den USA das größte Experiment zur Bestimmung der Strahlenbelastung für Astronautinnen und Astronauten dar, das jemals den erdnahen Orbit verlassen hat. Die während Artemis 1 durchgeführten Messungen werden wertvolle Daten zur Risikobewertung und -minderung für künftige Erkundungsmissionen liefern und eine für den Menschen sichere Erforschung des Weltraums ermöglichen.
Helga und Zohar – zwei Phantom-Astronautinnen messen die Strahlenbelastung auf dem Weg zum Mond
Die beiden Messkörper, sogenannten Phantome, bestehen aus jeweils 38 Scheiben, sind 95 Zentimeter groß und 36 Kilogramm schwer. Zohar wiegt mit der Schutzweste sogar 62 Kilogramm. Im Inneren der beiden befinden sich Organe und Knochen aus Kunststoff unterschiedlicher Dichte. Dort und auf der Oberfläche sind über 6000 passive Strahlungsdetektoren aus kleinen Kristallen sowie 16 aktive Detektoren an den strahlenempfindlichsten Organen des Körpers - Lunge, Magen, Gebärmutter und Knochenmark - eingebaut. Die passiven Strahlungsmessgeräte (Dosimeter) messen kontinuierlich und liefern so einen über die gesamte Missionszeit summierten Wert der Strahlung. Mit dem Auslesen der Kristalle entsteht ein dreidimensionales Abbild des menschlichen Körpers, das zeigt, wie hoch die Strahlenbelastung während eines Mondfluges insgesamt auf Knochen und Organe an unterschiedlichen Stellen ist.
Die aktiven, batteriebetriebenen Detektoren erfassen zusätzlich die aktuelle Strahlenbelastung mit einer zeitlichen Auflösung von 5 Minuten. So können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nachvollziehen, unter welchen Bedingungen und in welchen Phasen der Mission welche Strahlenbelastung auf die Körperteile einwirkt.