Das Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie (SOFIA) ist ein gemeinsames deutsch-amerikanisches Vorhaben zur Erforschung des Weltalls. Mit dem in eine modifizierte Boeing 747SP integrierten 2,7-Meter-Teleskop werden astronomische Beobachtungen im Infrarot- und Submillimeter-Wellenlängenbereich weitgehend oberhalb der störenden irdischen Lufthülle durchgeführt. Schwerpunkt der wissenschaftlichen Zielsetzung ist die Erforschung der Entwicklung von Milchstraßensystemen sowie die Entstehung und Entwicklung von Sternen und Sonnensystemen aus interstellaren Molekül- und Staubwolken.
Bis Mitte der 90er Jahre haben Astronomen das flugzeuggetragene 91 Zentimeter-Teleskop des Kuiper Airborne Observatory (KAO) der NASA benutzt, um astronomische Daten im Infrarot-Bereich zu erhalten. Dieser Teil des elektromagnetischen Spektrums ist für Bodenobservatorien weitgehend unzugänglich. Ein herausragendes Ergebnis der KAO-Messungen war die Entdeckung der Uranus-Ringe.
Für den teils immer noch unerforschten Infrarot-Bereich haben Wissenschaftler der Vereinigten Staaten von Amerika und aus Deutschland den Bedarf für die Entwicklung eines neuen Infrarotastronomie-Observatoriums als modernen Nachfolger des KAO aufgezeigt: Mit höherer Winkelauflösung, gesteigerter Empfindlichkeit und höherer spektraler Auflösung wird dieses neue flugzeuggetragene Observatorium fundamentale Fragen der galaktischen und extragalaktischen Astronomie und des Ursprungs und der Entwicklung des Sonnensystems beantworten.
Ende 1996 haben sich die amerikanische NASA und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) darauf verständigt, gemeinsam dieses neue Observatorium mit der Bezeichnung SOFIA (Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie) zu entwickeln und zu betreiben. Nach Integration des Teleskops und Abschluss der strukturellen Modifikationen des Flugzeugs begannen im April 2007 die Flugtests des Observatoriums. Seit Anfang 2008 befindet sich SOFIA an seinem endgültigen Standort am NASA Armstrong Flight Research Center, Hangar 703, im kalifornischen Palmdale, einem Standort mit langer Luftfahrthistorie.
Nach Umbauten am Flugzeug wurde das Observatorium mit einem umfangreichen Flugtestprogramm ab Dezember 2009 auf den Betrieb vorbereitet. Im Mai 2010 wurde eine erste astronomische Testmessung, der sogenannte First-Light-Flug durchgeführt. Nach weiteren Testflügen, Modernisierungsmaßnahmen und Probebeobachtungen begann im April 2013 - mit dem einhundertsten Flug - der offizielle Beobachtungsbetrieb der fliegenden Sternwarte.
Von deutscher Seite sind für SOFIA zwei Instrumente entwickelt worden:
- das hochauflösende Heterodyn-Spektrometer GREAT (German Receiver at Terahertz Frequencies) aus einem Konsortium des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn, der Universität zu Köln und der Humboldt Universität zu Berlin
- das abbildende Linienspektrometer FIFI-LS (Far Infrared Field Imaging Line Spectrometer) unter der Leitung des Instituts für Luft- und Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart
Die Finanzierung beider Instrumente erfolgte durch die beteiligten Max-Planck- und Universitäts-Institute, letztere mit Fördermitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Die Plattform für das Infrarot-Teleskop mit einem Spiegel von 2,70 Metern Durchmesser ist ein gebrauchtes Boeing-747SP-Verkehrsflugzeug, das aufgrund seiner kurzen, leistungsfähigen Bauweise bis in die Stratosphäre aufsteigen kann. Die Flughöhe von über dreizehn Kilometern ist notwendig, da unterhalb des Bereichs der absorbierende Wasserdampf in der Troposphäre Beobachtungen im Infrarotbereich behindert. Aus diesem Grund können Bodenteleskope die Infrarotstrahlung von Himmelsobjekten nur in engen Wellenlängenfenstern empfangen. SOFIA wird eine zehnmal höhere Empfindlichkeit und eine dreifach bessere Winkelauflösung haben als das KAO. SOFIA wird für geplante 20 Jahre in Betrieb sein und dabei pro Jahr etwa 160 astronomische Messflüge durchführen. Jeder Flug dauert jeweils etwa sechs bis acht Stunden. SOFIA wird von etwa 50 Wissenschaftlergruppen genutzt, die durch ein jährliches wissenschaftliches Gutachtergremium (Peer Review) ausgewählt werden.
Die häufigen Fluggelegenheiten mit Instrumenten jeweils neuester Technologie ermöglichen eine vielfältige Nutzung durch die Wissenschaftler. Durch den direkten Zugang zum Instrument während des Fluges haben junge Wissenschaftler die Chance, ihre Messungen hautnah mitzuerleben und rasch in wissenschaftliche Veröffentlichungen umzusetzen. Die Flexibilität von SOFIA ermöglicht weltweiten Zugang zu kurzfristig auftauchenden Beobachtungsobjekten (so genannten Targets of Opportunity). Dank der vergleichsweise kurzen Zyklen der Instrumenten-Entwicklung bietet SOFIA darüber hinaus eine ausgezeichnete Testplattform für spätere satellitengetragene Instrumente.
Die Kooperation zwischen der NASA und dem DLR ist in einem beiderseitigen Abkommen vereinbart. Es legt die Verteilung der Arbeitspakete während der Entwicklungs- und der Betriebsphase fest. Deutschland liefert das Teleskop und wird sich mit 20 Prozent am Betrieb beteiligen und dafür pro Jahr etwa 30 Wissenschaftsflüge zugeteilt bekommen. Die NASA hat die gebrauchte Boeing 747 gekauft und für den Einbau des Teleskops entsprechend umgebaut. NASA führt zudem den Betrieb des Observatoriums von einer Heimatbasis in den Vereinigten Staaten von Amerika durch.
NASA und DLR haben Industrieverträge für die Erfüllung ihrer Aufgaben vergeben. Das SOFIA-Teleskop wurde im Auftrag des DLR von den Firmen MT-Mechatronics (früher: MAN) und Kayser-Threde entwickelt, gebaut und mit einem Airbus-Großraumflugzeug Beluga an den Integrationsort Waco in Texas geliefert. Dutzende von weiteren Firmen aus Europa haben im Unterauftrag von MT-Mechatronics/Kayser-Threde an der Entwicklung des Teleskops mitgearbeitet.
Für die Durchführung des deutschen Betriebsbeitrages in den USA hat das DLR im November 2004 einen Vertrag mit der Universität Stuttgart geschlossen, der Anfang 2009 um zunächst weitere vier Jahre verlängert wurde. Die Arbeiten werden von dem an der Universität Stuttgart eingerichteten "Deutschen SOFIA-Institut" (DSI) übernommen. Neben dem deutschen Beitrag zum SOFIA-Betrieb in den USA (Entsendung von etwa 30 Mitarbeitern, Kauf von Flugzeug-Ersatztriebwerken, Teleskop-Ersatzteilen, Treibstoffkosten für das deutsche Flugkontingent) führt das DSI die Koordinierung der wissenschaftlichen Aspekte und die Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit in Deutschland durch. Dazu leistet auch das Land Baden-Württemberg einen finanziellen Beitrag.