12. März 2015

Die Cydonia-Region: War der Norden des Mars einst von einem Meer bedeckt?

Diese Aufnahmen der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebenen hochauflösenden Stereokamera (HRSC) auf Mars Express zeigen eine Region nahe von Cydonia Mensae auf der nördlichen Halbkugel des Mars. Einige der geologischen Formationen lassen vermuten, dass es hier über einen langen Zeitraum ein stehendes Gewässer, Seen oder sogar ein Meer gegeben hat.

Der zweigeteilte Planet - immer noch ein Rätsel für die Forscher

Eines der auffälligsten Merkmale des Mars ist seine topographische Zweiteilung (sog. Dichotomie) in ein nördliches Gebiet mit Tiefebenen und ein älteres südliches Hochland mit zahlreichen Einschlagskratern. Die Prozesse, die hierzu geführt haben, sind bis heute nicht vollständig geklärt. Eine Theorie geht zum Beispiel davon aus, dass die Nordhalbkugel des Mars vor mehr als vier Milliarden Jahren von einem Planetoiden getroffen wurde, der die gerade erst gefestigte junge Kruste und einen Teil des darunter liegenden Mantels von der Marskugel weggesprengt hatte.

Der Übergang vom Hoch- zum Tiefland erfolgt entlang einer schmalen, geologisch sehr abwechslungsreichen Zone, der "Dichotomiegrenze". Hier hat die Erosion durch Wasserläufe, Wind, Eis und Grundwasser eine markante Landschaft aus zerfurchten Restbergen, tief eingeschnittenen Tälern und kleineren Erhebungen geschaffen. Die Cydonia-Region liegt etwas nördlich von der Dichotomiegrenze im Süden der Acidalia Planitia. Hier findet man viele tafelbergähnliche Strukturen und kleinere Kuppenberge: Reste des erodierten Hochlands, die großflächig über das Gebiet verteilt sind. Einige Planetenforscher vermuten, dass Teile dieser nördlichen Tiefebenen einmal Meeresgrund oder der Grund von Seen waren, die dann im Laufe der Zeit von mehreren hundert Meter dicken Schichten von Lava oder Sedimentablagerungen überdeckt wurden. Diese Schicht wurde später durch Erosion abgetragen. Hierbei spielte wiederum auch Wasser eine Rolle.

Hinweise auf stehende Gewässer

Heute sehen wir in diesem Gebiet sehr viele Beispiele dieser Überreste. Die Berge und Hügel haben abgeflachte Kuppen mit darauf liegenden harten, erosionsbeständigen Schichten. In den meisten Fällen weisen diese Gipfelschichten eine höhere Dichte von Einschlagskratern auf, was beweist, dass sie älter sind als die kraterarmen Ebenen der Umgebung und deshalb einst Teil einer riesigen durchgängigen südlichen Hochlandebene waren. Auch ist denkbar, dass durch einen früheren, gewaltigen Einschlag eines Asteroiden in diese Ebene die darunter liegenden Schichten verdichtet wurden und dadurch der Erosion länger stand hielten.

Die topographische Ansicht (Bild 4) zeigt deutlich den Höhenunterschied zwischen dem südlichen Hochland (links im Bild) und den nördlichen Tiefebenen (rechts). In der Bildmitte befinden sich zwei große, etwa 500 Meter hohe Tafelberge von etwa 20 Kilometern Ausdehnung, also etwa sechsmal so groß wie der berühmte, tausend Meter hohe Tafelberg in Kapstadt. Die beiden Berge bildeten früher einmal ein zusammenhängendes Massiv und werden nun durch ein ovales Tal getrennt. Die Oberfläche der Tafelberge unterscheidet sich sehr von der ihrer Umgebung, was auf ein anderes Material der obersten, den Berg bedeckenden Schicht schließen lässt. Außerdem befindet sich an der südlichen Seite des linken Tafelbergs eine kleine Abflussrinne.

Etwas unterhalb der Bildmitte ist ein 15 Kilometer durchmessender Krater von einer sehr typischen doppellagigen Decke aus Material umgeben, welches sich als Folge des Einschlags gebildet hat. Die innere Decke des Kraterauswurfs wird von der größeren, weiter nach außen reichenden Lage überdeckt. Diese Form ist besonders interessant, da man vermutet, dass diese besondere Art von Auswurfdecken nur bei Einschlägen in wasser- oder eisreiches Material entstehen. Auf diesen HRSC-Bildern sieht es so aus, als ob der Einschlag Teile des vorherigen zusammenhängenden Tafelbergs weggefegt hätte.

Das angebliche Gesicht auf dem Mars

Populär geworden ist die Cydonia-Region durch ein Bild, das die Raumsonde Viking 1 am 25. Juli 1976 bei der Suche nach einer geeigneten Landestelle für ihre Landesonde aufgenommen hat. Es zeigt ein Gebirgsmassiv, das durch eine Reihe von Geländemerkmalen und dem besonderen Schattenwurf zum Zeitpunkt der Aufnahme wie ein mehr als drei Kilometer großes Gesicht aussieht. Allen beteiligten Marsforscher gingen schon damals von einer optischen Täuschung aus. Die HRSC-Kamera hat in Orbit 3253 das angebliche Gesicht aufgenommen, die Bilder wurden im September 2006 veröffentlicht. Auf ihnen ist klar zu erkennen, dass das Gebirgsmassiv unter einem anderen Blickwinkel und anderen Lichtverhältnissen nicht mehr wie ein Gesicht mit Augen und Mund aussieht sondern einen erodierten Tafelberg darstellt, wie er in diesem Gebiet zu Hunderten vorhanden ist.

  • Das HRSC-Experiment

    Die High Resolution Stereo Kamera (HRSC) wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und elf Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.

  • Bildverarbeitung

    Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 19. November 2014 während Orbit 13.816 von Mars Express bei etwa 353 Grad östlicher Länge und 38 Grad nördlicher Breite. Die Bildauflösung beträgt etwa 21 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Farbdraufsicht (Bild 1) wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt; die perspektivische Schrägansicht (Bild 2) wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild (Bild 3), das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Draufsicht (Bild 4) beruht auf einem digitalen Geländemodell der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt.

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Kontakt

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Prof. Dr. Ralf Jaumann

Freie Universität Berlin
Institut für Geologische Wissenschaften
Planetologie und Fernerkundung
Malteserstr. 74-100, 12249 Berlin

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Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin