23. April 2015

Generationen von Kratern bezeugen die Erosionskraft von Wind und Wasser

Auf unserem Nachbarplaneten Mars ist es in der Hauptsache der Wind, der Geländestrukturen mit seiner Kraft und den mitgeführten Staub- und Sandpartikeln zusetzt und sie im Laufe von Jahrmillionen abträgt. In der Frühzeit des Mars trug dazu auch fließendes Wasser bei, wie auf diesen Aufnahmen der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebenen hochauflösenden Stereokamera (HRSC) auf Mars Express der Region Arabia Terra am Beispiel mehrerer unterschiedlich stark erodierter Krater zu sehen ist.

Das Gebiet befindet sich etwa 250 Kilometer östlich des Mawrth Vallis, einem Tal, an dem zu beiden Seiten und in der weiteren Umgebung vom Spektrometer OMEGA an Bord von Mars Express Tonminerale identifiziert werden konnten, ein typisches Produkt der Verwitterung von basaltischem, vulkanischen Gestein unter der Einwirkung von Wasser. Arabia Terra bildet die Übergangszone zwischen den nördlichen Tiefebenen und dem südlichen Hochland. Das DLR, die Freie Universität Berlin und die Universität Hannover erstellen in einem gemeinsamen Projekt zusammenhängende Bildmosaike auf der Grundlage von HRSC-Bilddaten und haben von Arabia Terra jüngst mit dem Kartenblatt MC-11 (Ost) eine 1800 mal 1300 Quadratkilometer große topographische Bildkarte berechnet. Auch in der weiteren Umgebung finden sich Ablagerungen von Tonmineralen, weshalb die Gegend als bevorzugte Landeregion für zukünftige Rover-Missionen gilt.

Die hier veröffentlichten Bilder zeigen eine Ansammlung gleich mehrerer Krater verschiedenen Alters und unterschiedlicher Verwitterungsstadien. Ein sehr großer, etwa 70 Kilometer durchmessender Einschlagskrater mit einem ziemlich steilen, aufragenden Kraterrand dominiert die linke (südliche) Bildhälfte. Am Kraterboden hat sich ein großes Feld schwarzer Dünen aufgetürmt. Das dunkle Material dieser Dünen stammt vermutlich von der Verwitterung dunklen vulkanischen Gesteins, wie eben Basalt, und wurde vom Wind dorthin verfrachtet.

Eine interessante Region für zukünftige Landemissionen

Im oberen rechten Rand des Kraters (Bilder 1, 2 und 4) sind drei Strukturen zu erkennen, die die Flanke einschneiden und an so genannte "sapping valleys" (engl.) erinnern. Diese entstehen, wenn unter der Geländekante Grundwasser austritt. Die dadurch hervorgerufenen Hohlräume stürzen ein und das erodierte Material wird durch das fließende Wasser entlang des Talverlaufs abtransportiert. Am unteren Ende des größeren Tals befindet sich in dessen Auslauf eine drei Kilometer mal vier Kilometer große, fächerförmige Ablagerung - sie ist nicht leicht zu erkennen und am besten in der farbkodierten topographischen Übersichtskarte zu sehen (Bild 4). Sie erinnert an die Ablagerungen eines Flussdeltas und besteht wahrscheinlich aus erodiertem Material, das mit dem Wasser aus den drei kleinen Tälern transportiert wurde.

Direkt rechts neben dem großen Einschlagskrater befindet sich ein kleinerer, sehr stark verwitterter Krater, dessen Inneres von Ablagerungen angefüllt ist. Trotzdem sind noch einige Überreste des Kraterrandes zu erkennen. Weiter nördlich (rechts in den Bildern 1, 2 und 4) liegt mit etwa 30 Kilometern Durchmesser ein ähnlich großer Einschlagskrater. Dieser ist komplett von Ablagerungen verfüllt und beherbergt eine schwarze Düne. Seine Kraterränder sind fast vollständig verschwunden, nur in der topographischen Bildkarte (Bild 4) ist sein kreisrunder Umriss noch zu erkennen.

Ein Fluss so breit wie der Mississippi

Rechts unterhalb von diesem Krater befindet sich ein Tal, dessen Form sehr große Ähnlichkeit mit verzweigten Flussläufen auf der Erde hat. Nach einem Fluss in Kleinasien werden solche sich durch die Landschaft windenden Täler Mäander genannt. Sein verzweigter, mäandrierender Verlauf erinnert an Flüsse auf der Erde. Der Teil des Tals, der auf diesen Bildern zu erkennen ist, variiert in seiner Breite zwischen eineinhalb und vier Kilometern und ist damit vergleichbar mit dem Mississippi. Der Fluss verläuft 500 Kilometer lang in nördliche Richtung und mündet dort in die Ebene Acidalia Planitia, die zum nördlichen Tiefland des Mars gehört.

Diese Region des "alten" Marshochlands zeigt viele Spuren der bewegten Geschichte des Mars. Man kann daran sehr anschaulich viele unterschiedliche Entwicklungen und Veränderungen der Marsoberfläche, die in der Frühzeit des Planeten stattgefunden haben, nachvollziehen. Flüsse wanden sich durch die Landschaft und müssen zum Teil gewaltige Wassermassen nach Norden transportiert haben. Einschlagskrater wurden von Sedimenten verfüllt, und ihre Kraterränder und Auswurfdecken wurden über die lange Zeit durch die Kraft des Wassers und den anhaltenden Wind abgetragen.

  • Bildverarbeitung

    Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 19. November 2014 während Orbit 13.728 von Mars Express bei 349 Grad östlicher Länge und 25 Grad nördlicher Breite. Die Bildauflösung beträgt etwa 20 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Farbdraufsicht (Bild 1) wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt; die perspektivische Schrägansicht (Bild 3) wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild (Bild 2), das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Draufsicht (Bild 4) beruht auf einem digitalen Geländemodell der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt.

  • Das HRSC-Experiment

    Die High Resolution Stereo Kamera (HRSC) wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und elf Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.

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Institut für Geologische Wissenschaften
Planetologie und Fernerkundung
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Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin