8. Dezember 2016

Mars: Flug über Mawrth Vallis

Etwa 600 Kilometer lang und bis zu zwei Kilometer tief: Das ist Mawrth Vallis, ein ausgetrocknetes Ausflusstal auf unserem Nachbarplaneten Mars. Die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene Kamera HRSC (High Resolution Stereo Camera) an Bord der ESA-Raumsonde Mars Express hat das Tal in hochauflösenden Bildern aufgenommen. Aus dem am DLR-Institut für Planetenforschung berechneten digitalen Geländemodell haben Wissenschaftler der Freien Universität Berlin ein Video von einem simulierten Flug entlang des Talverlaufs gerechnet.

Hinweise auf früheres Wasservorkommen

Mawrth Vallis (das Wort Mawrth kommt aus dem Walisischen und bedeutet Mars) gilt als eines der ältesten Täler auf dem Roten Planeten und befindet sich am Übergang zwischen den südlichen Hochlandregionen und den nördlichen Tiefebenen des Mars. Diese Zone wird auch als Dichotomiegrenze bezeichnet. Manchem Leser wird der ungewöhnliche Name des Tals dennoch schon begegnet sein: Denn durch das Mawrth Vallis verlief ein Großteil der insgesamt 3200 Kilometer langen Wegstrecke, die der "Marsianer" Mark Watney im gleichnamigen Science Fiction-Roman von Andy Weir aus dem Jahr 2011 zurückgelegt hatte. Das Buch wurde später von Ridley Scott mit Matt Damon in der Rolle des "Marsianers" verfilmt und kam 2015 in die Kinos.

Das Video beginnt an der Mündung von Mawrth Vallis in die weitläufige Ebene Chryse Planitia. Von dort geht es weiter entlang des gewundenen Talverlaufs bis zur "Quellregion" im vier Milliarden Jahre alten und stark verkraterten Hochland von Arabia Terra, etwas nördlich des Marsäquators.

Im Video sind zahlreiche Einschlagskrater sowie helle und dunkle Ablagerungen zu sehen. Die hellen, geschichteten Ablagerungen zählen zu den größten Vorkommen von Schichtsilikaten auf dem Mars: Diese Tonminerale finden sich an zahlreichen Stellen und sind ein starker Hinweis darauf, dass flüssiges Wasser in dieser Region existierte. Auf der Erde entstehen Tonminerale häufig als Verwitterungsprodukt von Vulkangesteinen, die über längere Zeiträume mit Wasser in Berührung kommen und dadurch umgewandelt werden. Daher wird für den Mars ein analoger Entstehungsprozess für diese Minerale angenommen. Um die Materialunterschiede in den Gesteinen und im Staub und Sand des Marsbodens besser erkennen zu können, wurden die Kontraste in den einzelnen Farbkanälen gesteigert. In Wirklichkeit würde einem Astronauten auf dem Mars die Oberfläche sehr viel monotoner erscheinen.

Mawrth Vallis - eine vergangene, lebensfreundliche Umgebung?

Mawrth Vallis gilt als eines der möglichen Ziele für den zweiten Teil der ESA-Mission ExoMars, bei der der Bohrer des Rovers im Jahr 2020 Gesteinsproben aus bis zu zwei Metern Tiefe untersuchen soll. Das Tal könnte in der Vergangenheit ein lebensfreundlicher Ort gewesen sein. Darauf lässt zum einen die Vielfalt an hydratisierten, also wasserhaltigen, Mineralen schließen, die mit Kameras und Spektrometermessungen verschiedener Marssonden aus der Umlaufbahn identifiziert werden konnten. Zum anderen ist von der Erde bekannt, dass sich diese Tonminerale in vergleichsweise neutralem, also weder saurem noch alkalischem Wasser bilden. Eben solche Umweltbedingungen gelten als besonders lebensfreundlich. Einige Wissenschaftler halten es sogar für möglich, dass Spuren von Leben in den unteren Schichten erhalten geblieben sein könnten. Das ist ein Grund, warum Mawrth Vallis als eventuelle Landestelle und potentielles Gebiet für Bohrungen ausgewählt wurde. Oxia Planum, Aram Dosum und Hypanis Vallis sind die drei weiteren vorgeschlagenen Landeplätze, die momentan für ExoMars noch im Rennen sind.

  • Die High Resolution Stereo Camera (HRSC)

    Die High Resolution Stereo Camera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 51 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Seit 2004 liefert die Kamera hochauflösende Bilder von dem Roten Planeten.

  • Bildverarbeitung

    Das zugrunde liegende Mosaik wurde aus 9 einzelnen Bildstreifen (Orbits) zusammengesetzt (1564, 1337, 2229, 1542, 1326, 1293, 2938, 2196, 3297). Der Bildausschnitt liegt etwa bei 338 Grad bis 346 Grad östlicher Länge und 17 Grad bis 29 Grad nördlicher Breite. Das Farbmosaik wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt. Das resultierende Bild wurde mit Höheninformationen aus den Stereokanälen der HRSC kombiniert, so dass eine dreidimensionale Landschaft entsteht.

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Kontakt

Elke Heinemann

Leitung Digitale Kommunikation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-1852

Prof. Dr. Ralf Jaumann

Freie Universität Berlin
Institut für Geologische Wissenschaften
Planetologie und Fernerkundung
Malteserstr. 74-100, 12249 Berlin

Ulrich Köhler

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin