22. November 2018 | Mission Mars Express

Die Gräben des Nils auf dem Mars

  • Die Region in der Nähe der Nili Fossae, die auf diesen Bildern der HRSC-Kamera zu sehen ist, befindet sich an der Hochland-Tiefland-Grenze des Mars. Sie ist eines der markantesten topographischen Merkmale unseres Nachbarplaneten.
  • Das Gebiet ist insbesondere wegen seiner vielseitigen Mineralogie interessant für die Marsforschung. Hier weisen Tonminerale und Karbonate, die mithilfe unterschiedlicher Instrumente entdeckt wurden, auf frühere Wasservorkommen hin.
  • Schwerpunkt(e): Raumfahrt, Planetenforschung

Diese Bilder der hochauflösenden Stereokamera HRSC, die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betrieben wird, zeigen eine Region in der Nähe der Nili Fossae. Die Nili Fossae, oder "Gräben des Nils", befinden sich an der Hochland-Tiefland-Grenze des Mars. Das ist eine topographische Geländekante zwischen dem südlichen Marshochland und dem nördlichen Marstiefland. Tafelberge, Täler und viele kleine Hügel kennzeichnen die Landschaft, die von der Abtragung durch Wasser geprägt wurde. Das HRSC-Experiment befindet sich an Bord der ESA Mission Mars Express, die seit 2003 den Mars umkreist.

Auf den Bildern ist eine Hügellandschaft zu sehen, die von zahlreichen Furchen durchzogen ist. Dieses Gebiet liegt an der sogenannten Dichotomiegrenze oder auch Hochland-Tiefland-Grenze des Mars. Die ausgeprägte Zweiteilung in ein älteres, von Kratern übersätes Hochland südlich des Äquators und eine Tiefebene im Norden des Planeten ist eines der markantesten topographischen Merkmale unseres Nachbarplaneten. Der Übergang ist meist durch eine steile Geländekante markiert, in deren Vorland sich zahlreiche Insel- oder "Zeugenberge" befinden, die Überreste des Hochlands darstellen und der Erosion länger widerstehen konnten. Entlang der Dichotomiegrenze sind häufig die Spuren der Aktivität von Gletschern und Eis zu beobachten, die eine starke Vereisung in der Vergangenheit aufzeigen.

Der südliche Bereich mit plateauartigen Felsen (links in den Bildern 1, 4, 5) liegt deutlich höher verglichen zu den Gebieten weiter im Norden (rechts), die überwiegend aus kleineren Tafelbergen und Hügeln bestehen. Die dazwischenliegenden Vertiefungen wurden durch Erosionsprozesse in der Marsvergangenheit geschaffen. Wasser und Eis haben über Millionen von Jahren das Gesteinsmaterial hangabwärts in das Flachland transportiert. Besonders deutliche Spuren dieser Fließprozesse sind vor allem in den schmalen Tälern zu finden, in denen linienartige Strukturen auf Materialtransport durch Wasser beziehungsweise Eis hindeuten. Die Erhebungen im sich nördlich anschließenden Flachland sind Zeugen des ehemaligen Geländeniveaus und bestehen vermutlich aus resistenterem Material.

Ein heute noch aktiver Prozess auf der Marsoberfläche ist der Transport von Sand und Staub durch Wind. Sichtbare Spuren davon findet man in den mit dunklem Material gefüllten Vertiefungen. Der dunkle Sand ist vulkanischen Ursprungs und bildet weit ausgedehnte Sand- und Dünenfelder.

Tonminerale und Karbonate weisen auf frühere Wasservorkommen hin

Das Gebiet der Nili Fossae ist insbesondere wegen seiner vielseitigen Mineralogie interessant für die Marsforschung. Im Laufe der geologischen Entwicklung des Planeten wandelten sich die Minerale der ursprünglich hier vorhandenen Gesteine durch den Einfluss von Wasser, das über die Oberfläche floss, aber auch - vermutlich durch vulkanische Wärme erhitzt - durch Spalten und Risse in der Gesteinskruste als 'hydrothermale' Lösungen zirkulierte, immer wieder um.
An mehreren Stellen sind Spuren dieser Mineralumwandlungen durch den Einfluss von Wasser zu finden. Instrumente zur Erkundung der mineralogischen Zusammensetzung des Marsgesteins, wie zum Beispiel das Spektrometer OMEGA an Bord von Mars Express, haben in dieser Region unter anderem Tonminerale entdeckt, in deren Kristallstruktur Wassermoleküle eingebaut sind. Das Vorhandensein dieser wasserhaltigen Minerale erlaubt Rückschlüsse auf die Bildungsbedingungen und das frühere Marsklima.

In Nili Fossae wurden aber auch Karbonate entdeckt, die wir auf der Erde hauptsächlich als Kalksteine (Kalziumkarbonat) oder Dolomit (Kalzium-Magnesiumkarbonat) kennen und das Ergebnis der Sedimentation von Kalkskeletten abgestorbener Kleinstorganismen sind. In Teilen von Nili Fossae entdeckte das Spektrometer CRISM auf dem Mars Reconnaissance Orbiter der NASA das Magnesiumkarbonat Magnesit, das dort wahrscheinlich aus dem im Vulkangestein enthaltenen Mineral Olivin gebildet wurde.

  • Bildverarbeitung
    Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 26. Februar 2018 während Orbit 17.916 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt 18 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 78 Grad östlicher Länge und 28 Grad nördlicher Breite. Die Farbaufsicht wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt, die perspektivische Schrägansicht wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und den Stereokanälen abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Aufsicht beruht auf einem digitalen Geländemodell (DTM) der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt. Der Referenzkörper für das HRSC-DTM ist eine Äquipotentialfläche des Mars (Areoid). Die systematische Prozessierung der Kameradaten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten daraus die hier gezeigten Bildprodukte.
  • Das HRSC-Experiment auf Mars Express
    Die High Resolution Stereo Camera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 51 Co-Investigatoren, die aus 35 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.

Kontakt

Elke Heinemann

Leitung Digitale Kommunikation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-1852

Ulrich Köhler

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin

Prof. Dr. Ralf Jaumann

Freie Universität Berlin
Institut für Geologische Wissenschaften
Planetologie und Fernerkundung
Malteserstr. 74-100, 12249 Berlin

Dr. Daniela Tirsch

Principal Investigator HRSC
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin