3. Juni 2019

Apollo 11 ‚CapCom‘ Charles Duke in Speyer

  • Der 83-Jährige war ‚CapCom‘ (Capsule Communicator) bei Apollo 11
  • Als Apollo-16-Astronaut war er 1972 der zehnte Mann auf dem Mond
  • Ehrengast bei DLR-/DGLR-Mondsymposium im Technik Museum Speyer
  • Schwerpunkt: Raumfahrt

"Die Anspannung im Kontrollraum war so unglaublich, dass bald das Dach weggeflogen wäre!" Der Mann, der die entscheidenden Momente unmittelbar vor und während der ersten Mondlandung am 20. Juli 1969 schilderte, war nicht nur Augenzeuge dieses epochalen Ereignisses, er war der einzige Mensch, der in diesen Augenblicken mit Neil Armstrong und Edwin ‚Buzz‘ Aldrin reden durfte. Eben erst gab er den beiden Astronauten das "go for landing." Innerhalb von elf Minuten sollte die Landefähre zur Mondoberfläche hinabschweben. Charles M. Duke Jr. war vor 50 Jahren der ‚CapCom‘ der ‚Capsule Communicator‘ im Kontrollraum in Houston, der Mann am Boden für den einzigen Gesprächskanal zwischen den Astronauten und Houston. Am Tag vor Christi Himmelfahrt ließ er nun im Technik Museum Speyer aus Anlass des Jubiläums 50 Jahre Mondlandung bei einem von der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) mit Unterstützung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) veranstalteten Symposiums die letzten Sekunden dieses historischen Moments wieder lebendig werden.

Den etwa 250 Zuhörern erging es dabei nur wenig anders als Duke und den mehreren Dutzend Missionsspezialisten im Kontrollraum in Houston. Sie hielten die Luft an, als der ehemalige CapCom erzählte, wie zunächst aus der Mondfähre der berühmte "1201-Alarm" gemeldet wurde, der zum Abbruch des Landemanövers hätte führen müssen, aber von den Technikern am Boden in Sekundenschnelle als Falschmeldung interpretiert und das Kommando zum Fortsetzen des Landevorgangs erteilt wurde.

Treibstoff für nicht einmal mehr eine halbe Minute

Als Duke aber vom Flugleiter auf einem Ohr die besorgniserregenden Meldung erhielt. "Treibstoff noch für 60 Sekunden" und er eine halbe Minute später zum Mond sogar funken musste: "30 seconds!" waren die Nerven aller Beteiligten zum Zerreißen angespannt. Armstrong und Aldrin hatten nach dem 1201-Alarm auf Handsteuerung umgestellt. Beim Blick aus dem kleinen Fenster der Mondfähre ‚Eagle‘ (Adler) erkannte Neil Armstrong, dass sich an der vorgesehenen Landestelle ein Krater mit etlichen großen Felsblöcken befand. Er beschloss, über den ‚West-Krater‘ hinweg zu steuern und auch noch den ‚Little West Crater‘ hinter sich zu lassen, ehe er zum Aufsetzen herunterging. Das kostete Treibstoff.
In den acht Sekunden nach der 30-Sekunden-Warnung tauschten die beiden Astronauten noch drei kurze Informationen aus, ehe Aldrin meldete: "contact light" und drei Sekunden später "engine stop." Schließlich kam nach weiteren 20 Sekunden von Neil Armstrong die erlösende Nachricht: "The Eagle has landed." Vier Worte, die in die Geschichte eingingen. Sofort kommentierte CapCom Charles Duke die Nachricht von der gelungenen Mondlandung mit einem Satz, der in Raumfahrtkreisen ebenso Legende ist: "Roger, Twank … Tranquility. We copy you on the ground. You got a bunch of guys about to turn blue. We're breathing again. Thanks a lot." ("Verstanden, Twank… Tranquility. Ist übertragen zur Bodenstation. Ihr habt hier einen Haufen Leute die schon drohten blau zu werden. Jetzt atmen wir wieder. Vielen Dank!").

Was hätte Neil Armstrong gemacht, wenn …

Und ‚Twank‘? - Mit einem Grinsen erklärte Charles Duke auch das: "Vor der Landung war nie die Rede davon, dass die Landestelle im Westen des Mare Tranquillitatis den Rufnahmen ‚Tranquility Base‘ bekommen würde. Da war ich nicht darauf vorbereitet. Vor allem aber war es die Erleichterung über die Landung, die mir die Buchstaben im Mund verdrehte". Mehr noch als das Begleiten der unmittelbar bevorstehenden Landung machte Duke aber zu schaffen, dass er nach der 30-Sekunden-Ansage möglicherweise nun gleich den Befehl zum Abbruch der Mission an die Astronauten hätte geben müssen. "Wir hatten ja keine visuelle Kontrolle. Aber im Nachhinein sage ich: Ich kannte Neil gut. Er wollte unbedingt, dass ich bei der Landung der CapCom sein sollte und ich bin mir sicher, er hätte das ignoriert, keine Antwort gegeben und sich darüber hinweggesetzt, bis wirklich der vorletzte Tropfen verbraucht gewesen wäre. Er hatte immer alles im Griff!" So professionell und eiskalt die Astronauten am Mond, aber auch der CapCom handelten: Duke ließ die Zuhörer in Speyer spüren, dass dies Momente waren, in denen es möglicherweise von einer Sekunde auf die andere um Leben und Tod gegangen wäre.

Das vollständige Transskript des Funkverkehrs zwischen Apollo 11 und den Bodenstationen in Cape Kennedy - heute Cape Canaveral - bzw. dem Johnson Space Center in Houston kann hier nachgelesen werden. Die NASA hatte es geschafft, in weniger als zehn Jahren nach der Ankündigung des amerikanischen Präsidenten John. F. Kennedy 1961 tatsächlich Menschen auf den Mond zu bringen. Sechs Stunden nach der Landung - in Deutschland war es bereits der 21. Juli - kletterte Neil Armstrong aus der Mondfähre, stieg die Leiter hinab und betrat den Mond, wiederum begleitet mit einem großen Wort, dieses Mal dem "kleinen Schritt für einen Menschen, ein gewaltiger Schritt für die Menschheit." Charlie Duke war da bereits zu Hause, in der Nähe des Space Centers, bei seiner Frau Dorothy, mit der er seit 1963 verheiratet ist (und die ihn - beide bei bester Gesundheit - mit nach Speyer begleitet hatte). "Wir hatten Schichtwechsel und ich habe den Ausstieg mit Dorothy und den beiden Kindern im Fernsehen verfolgt. Da wohnten ja alle Astronauten, und so hieß es eigentlich zwischen 1969 und 1972 unter den Familien immer: ‚bei denen oder jenen ist der Daddy gerade zum Mond unterwegs‘"

Als ‚Rooky‘, als Astronautennovize, wurde Duke, der sich vor der ersten Mondlandung schon bei der Generalprobe mit Apollo 10 als CapCom bewährt und auf sich aufmerksam gemacht hatte, zweieinhalb Jahre später selber zum ‚Moonwalker‘. An der Seite von Kommandant John Young, dem erfahrensten Astronauten, den die NASA je hatte ("ich hatte beim Start einen Puls von 142; John nur 70"), landete der 1935 in Charlotte (North Carolina) geborene Luftwaffenpilot am 21. April 1972 im zentralen Mondhochland. Bei drei ausgedehnten Exkursionen führten Young und Duke zahlreiche Experimente aus. Zum zweiten Male kam dabei ein Mondrover zum Einsatz. Die geologischen Untersuchungen bei Apollo 16 brachten unerwartete, bahnbrechende Erkenntnisse. "Wir wurden in den Wüsten im Südwesten der USA so intensiv auf diese Arbeit vorbereitet, dass wir eigentlich einen Master in Geologie verdient gehabt hätten", erinnert sich Duke.

"Wir werden schon bald wieder auf dem Mond landen"

Bei einer Podiumsdiskussion auf dem Speyerer Symposium gab sich der berühmte Gast aus den USA optimistisch, dass bereits im kommenden Jahrzehnt Menschen wieder zum Mond zurückkehren werden. "Die technischen Voraussetzungen sind jetzt ja viel besser und man könnte ungleich mehr Wissenschaft auf dem Mond bewerkstelligen. Zusammen mit Robotern hätten die Astronauten mehr Aktionsmöglichkeiten und größere Mobilität. Sogar aus den vorhandenen Ressourcen könnten Dinge hergestellt werden. Und man könnte vielleicht tatsächlich vom Mond aus später in Richtung Mars starten: Da oben ist nur ein Sechstel der Schwerkraft der Erde, man braucht nicht so viel Treibstoff!" Szenarien , wie diese Rückkehr zum Mond gestaltet werden könnte, zeigten Redner auf, die hier schon viele sehr ausgereifte Ideen haben wie zum Beispiel Dr. Matthias Maurer, der sich als ESA-Astronaut auf einen ersten Einsatz auf der Internationalen Raumstation und später vielleicht sogar auf dem Mond vorbereitet.

DGLR-Präsident und DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke sagte zur Eröffnung des Symposiums: "Heute setzen wir uns wieder neue Ziele, die scheinbar unmöglich erreichbar sind. Aber wenn wir uns zusammentun, unser Wissen und unsere technischen und wissenschaftlichen Errungenschaften vereinen, dann können wir diese Ziele erreichen." Dr. Walther Pelzer, Mitglied des Vorstands des DLR und dort verantwortlich für das Raumfahrtmanagement, betonte, dass Europa und damit auch Deutschland als internationale Partner bei den ersten, inzwischen konkrete Formen annehmenden Plänen der NASA für Mondmissionen wie dem "Gateway" zur Verfügung stehen sollten. Schließlich liefert Europa mit dem European Service Module (ESM) erstmals eine wichtige Komponente für die neue Orion-Raumkapsel, mit der Astronauten zum Mond werden fliegen können. Vertreter aus Industrie, Astronautik, Raumfahrt- und Planetenforschung zeigten Möglichkeiten auf, wie diese Pläne umgesetzt werden könnten. Sinnbildlich stand beim Speyerer Mondsymposium das Schlusswort von ESA-Generaldirektor Professor Jan-Dietrich Wörner: "Werden wir zum Mond zurückkehren? Nein, wir wollen nicht zurück zum Mond, sondern es sollte heißen vorwärts zum Mond, und von dort weiter!"

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